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Keine Änderung einer einzelvertraglichen Pensionskassenzusage durch nachträgliche Kollektivvertragsänderung

MARTINACHLESTIL

Der 1956 geborene Kl war von 27.9.1977 bis 31.5.2007 bei der Bekl zuletzt als Flugkapitän beschäftigt. Eine größere Anzahl von Flugkapitänen, ua der Kl, sollten zur vorzeitigen einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses bewogen werden. Da sie jedoch noch nicht die Voraussetzungen für eine leistungsorientierte Betriebspension erfüllten, wurde bezüglich der Pensionskassenzusage eine eigene Vereinbarung getroffen, die auch der Kl am 6.12.2006 unterzeichnete.

Gemäß dieser Vereinbarung sichert die Bekl dem Kl nach Ablauf von 60 Monaten ab dem Austrittstag eine Firmenpension gem Zusatz-KollV 2, VII Pkt I zu. Er sollte anstelle der Pensionsleistung gem Zusatz-KollV 2, VII Pkt II eine Leistungspension aus der Pensionskasse in Höhe von 60 % der Bemessungsgrundlage (Grundgehalt + Flugzulage zum Austrittstag) erhalten.

Am 2.2.2007 wurde ein Anhang zum KollV für das Bordpersonal der Bekl (OS-KollV 2004) unterzeichnet, der rückwirkend mit 14.12.2006 in Kraft trat und für namentlich aufgezählte Kapitäne, mit denen die Arbeitsverhältnisse unternehmensseitig initiiert einvernehmlich aufgelöst werden, ua den Kl, folgende Sonderregelung enthielt: „Ab Vollendung des 55. Lebensjahres und frühestens 60 Monate nach dem Austrittstag finden die Regelung des Zusatz-KollV II Pkt VII („Firmenpension Piloten § 15“) und somit auch des Kollektivvertragsanhangs VII („Pensionskasse Piloten“) Anwendung. …“

Das Dienstverhältnis des Kl endete idF durch einvernehmliche Auflösung.

Der am 26.6.2020 abgeschlossene Zusatz-KollV für das Bordpersonal sieht in Pkt 18.3. im Ergebnis vor, dass der für ehemalige Piloten bestehende Anspruch auf (Gesamt-)Pensionsleistung für die Dauer vom 1.1.2021 bis 31.12.2025 um 15 % gesenkt wird.

Der Kl begehrte die Feststellung, dass ihm aufgrund der Auflösungsvereinbarung eine leistungsorientierte294 Betriebspension einer Pensionskasse in Höhe von 60 % der Bemessungsgrundlage zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Unternehmen der Bekl zusteht, die durch den Zusatz-KollV 2020 nachträglich nicht rechtswirksam gekürzt werden konnte. Die Vorinstanzen gaben dem Feststellungsbegehren des Kl statt.

In der außerordentlichen Revision vertritt die Bekl nun ua die Ansicht, dass die Erwähnung von 60 % der Bemessungsgrundlage in der Vereinbarung lediglich ein Zitat aus dem anzuwendenden Zusatz-KollV darstelle, nicht aber die Vereinbarung einer bestimmten Pensionshöhe. Zudem sieht sie einen Widerspruch in der Begründung des Berufungsgerichts, weil es den Anhang zum OS-KollV 2004 vom 2.2.2007 als arbeitsrechtliche Grundlage für die Pensionskassenzusage iSd Betriebspensionsgesetz (BPG) erachtet, jedoch angenommen habe, dass dies nichts am einzelvertraglichen Anspruch des Kl auf die Leistungspension iHv 60 % ändere.

Der OGH folgt den Vorinstanzen. Gegen die Ansicht der Bekl hinsichtlich einer nachträglichen Änderungsmöglichkeit spricht der klare Wortlaut der Vereinbarung, wonach eine „Leistungspension aus der Pensionskasse in Höhe von 60 % der Bemessungsgrundlage“ zusteht. Auch ein Widerspruch in der Begründung des Berufungsgerichts liegt laut OGH nicht vor:

Nach § 3 Abs 1 BPG bedarf die Errichtung einer betrieblichen Pensionskasse oder der Beitritt zu einer betrieblichen oder überbetrieblichen Pensionskasse (mit hier nicht relevanten Ausnahmen) zur Rechtswirksamkeit des Abschlusses einer BV oder in den Fällen des Abs 1a eines KollV. Dieser Rechtsformzwang schließt aber nicht aus, dass Leistungszusagen des AG nach § 2 Z 1 BPG nicht nur auf Normen der kollektiven Rechtsgestaltung, sondern auch auf einseitigen Erklärungen oder Einzelvereinbarungen beruhen können. § 2 BPG regelt insofern die Frage, welche Rechtssatzform den AG zur Erteilung einer Pensionskassenzusage verpflichten kann, wozu – wie hier – auch eine einzelvertragliche Abrede in Frage kommt. Hingegen regelt § 3 BPG die Frage, auf welche Weise einer solchen Verpflichtung zur Einführung eines Pensionskassenmodells entsprochen und ein Pensionskasseneintritt verwirklicht werden kann. Dass Pensionskassenzusagen nur im Wege einer dem § 3 leg cit entsprechenden Grundlagenvereinbarung realisierbar sind, ändert daher nichts daran, dass sie auch auf einer anderen Rechtsgrundlage iSd § 2 Z 1 BPG beruhen können.

Soweit die Bekl auf die Möglichkeit der nachträglichen Abänderung des KollV verweist (§ 2 Abs 2 Z 3 ArbVG), ist ein durch Individualvereinbarung begründeter Anspruch der kollektivvertraglichen Änderung entzogen.

Die außerordentliche Revision der Bekl war daher mangels einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen.