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Keine Verpflichtung des Bundes zum Abschluss eines Pensionskassen-KollV für dienstzugeteilte Beamte

MARTINACHLESTIL

Der ÖGB als Kl begehrte, den Bund (Bekl) unter Berufung auf § 22a GehG zum Abschluss eines Pensionskassen-KollV für die nach § 17 Abs 1a Poststrukturgesetz (PTSG) den Unternehmen Österreichische Post AG, Österreichische Postbus AG und A1 Telekom Austria AG zugewiesenen Beamten zu verpflichten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, § 22a GehG könne den Bund nicht dazu verpflichten, einen KollV bestimmten Inhalts abzuschließen. Das Berufungsgericht schloss sich dieser Entscheidung an, ein KollV könne nur durch eine freie Willensübereinstimmung der jeweiligen kollektivvertragsfähigen Körperschaften der AG und AN zustande kommen und nicht im Rechtsweg durchgesetzt werden. Der OGH gab der Revision des Kl keine Folge und führte ergänzend aus:

Nach dem Betriebspensionsgesetz (BPG) ist zwischen der Erteilung einer Pensionskassenzusage und der Errichtung bzw dem Beitritt zu einer betrieblichen oder überbetrieblichen Pensionskasse zu unterscheiden. Während § 2 BPG für die Zusage des AG keine Einschränkung auf bestimmte Rechtsgrundlagen vorsieht (daher möglich: einseitige Erklärungen, Einzelvereinbarungen, Normen der kollektiven Rechtsgestaltung), ist für den Beitritt nach § 3 Abs 1 BPG grundsätzlich eine BV erforderlich, in den Fällen des § 3 Abs 1a BPG der Abschluss eines KollV. Abs 1a leg cit gilt dann, wenn 1. ein KollV zum Stichtag 1.1.1997 eine betriebliche Alters-(Hinterbliebenen-)versorgung vorsieht oder 2. eine solche für einen nicht dem II. Teil des ArbVG unterliegenden Betrieb (oder ein Unternehmen) getroffen werden soll. § 3 BPG regelt sohin die Frage, auf welche Weise einer nach § 2 Abs 1 BPG begründeten Verpflichtung zur Einführung eines Pensionskassenmodells entsprochen und ein Pensionskasseneintritt verwirklicht werden kann.

Auf diese Unterscheidung nimmt auch § 22a Abs 1 GehG Bedacht, wenn S 1 eine Verpflichtung des Bundes statuiert, den näher genannten Beamten eine betriebliche Pensionskassenzusage iSd § 2 Z 1 BPG und des § 3 Abs 1 PKG zu erteilen und S 2 zur Umsetzung dieser Verpflichtung („Zu diesem Zweck“) für den Bund die Möglichkeit eröffnet, einen KollV nach Abs 2 iVm § 3 BPG abzuschließen. Diese gesetzliche Grundlage ist für den Abschluss eines KollV durch den Bund erforderlich, weil die Regelungen des BPG grundsätzlich nicht für Beamte gelten (§ 1 Abs 1 BPG) und dem Bund sonst auch keine Kollektivvertragsfähigkeit zukäme (§ 1 Abs 2 Z 3 ArbVG). Die Bestimmung des § 22a Abs 1 S 2 GehG ist sohin dahin zu verstehen, dass sie die gesetzlichen Rahmenbedingungen zum Abschluss des KollV über eine Pensionskassenzusage durch den Bund schafft.

Daraus lässt sich nach dem OGH aber nicht ableiten, dass der Bund zum Abschluss eines KollV auch verpflichtet ist und die Art und Weise zur Erfüllung seiner in S 1 statuierten Verpflichtung, den näher genannten Beamten eine Pensionskassenzusage zu erteilen, nicht wählen könnte.

Der Kl kann sich dafür auch nicht auf § 22a Abs 5 GehG berufen. Abs 5 Z 1 leg cit sieht vor, dass 296 vom jeweiligen Unternehmen auch eine überbetriebliche Pensionskassenzusage erteilt werden kann. Diese vom Gesetzgeber dem Unternehmen eingeräumte Möglichkeit ändert aber nichts an der gem § 22a Abs 5 iVm Abs 1 GehG bestehenden Verpflichtung des Bundes, den gem § 17 Abs 1a PTSG zur Dienstleistung zugewiesenen Beamten eine betriebliche Pensionskassenzusage zu erteilen, sondern tritt lediglich als weitere Alternative hinzu (OGH 25.5.2016, 9 ObA 72/15a).

Die vom Kl in der Revision relevierte Frage, ob die Verpflichtung des Bundes zum Abschluss eines KollV zur Erteilung einer betrieblichen Pensionskassenzusage bei Vorliegen einer überbetrieblichen Pensionskassenzusage des Unternehmens entfällt oder § 22a Abs 5 Z 1 GehG für zugewiesene Beamte auch eine „doppelte“ Pensionskassenzusage ermöglichen würde, kann dem OGH zufolge für den vorliegenden Fall dahingestellt bleiben. Entscheidend ist, dass bereits in 9 ObA 147/17h vom 27.2.2018 ausführlich dargelegt wurde, dass ein KollV nur durch eine freie Willensübereinstimmung der jeweiligen kollektivvertragsfähigen Körperschaften der AG und AN zustande kommt und ein Kontrahierungszwang dem Wesen des KollV und der Kollektivvertragsautonomie widerspricht. Der Kl meint zwar, dass dies hier aufgrund der gesetzlichen Selbstbindung des Bundes nicht zum Tragen kommen könne. Diese Argumentation übergeht allerdings, dass eine Pflicht zum Kollektivvertragsabschluss nicht nur den Bund, sondern auch den ÖGB träfe und daher nicht nur von einer Selbstbindung des Bundes ausgegangen werden kann. Dass der Kl aktuell den Abschluss des KollV anstrebt, ändert daran nichts.

Zusammenfassend bietet § 22a GehG daher keine Rechtsgrundlage für eine Verpflichtung des Bundes, seiner auch gegenüber den nach § 17a PTSG dienstzugeteilten Beamten bestehenden gesetzlichen Pflicht zur Erteilung einer betrieblichen Pensionskassenzusage durch Abschluss des vom Kl begehrten KollV nachzukommen.