129Keine verspätete Entlassung bei erfolgter Suspendierung zur Klärung der Lage
Keine verspätete Entlassung bei erfolgter Suspendierung zur Klärung der Lage
Die bei der Bekl als Kassiererin beschäftigte Kl spielte einer Kundin, die einen Geldschein verloren hatte, wider besseren Wissens vor, diesen nicht gefunden zu haben. Anstatt der Kundin das Geld zurückzugeben, steckte die Kl es in ihre eigene Hosentasche und legte den Schein erst während der Nachschau der Filialleiterin heimlich wieder zurück.
Die Kl wurde noch am Vorfallstag, einem Freitag, dienstfrei gestellt und die Polizei verständigt. Der Vorgesetzte der Kl, der am darauffolgenden Montag durch andere Termine verhindert war, sprach der sich im Krankenstand befindlichen Kl nach einem Gespräch dann erst am Dienstag die Entlassung gegenüber aus.
Die Berufungsinstanz stellte fest, dass das Verhalten der Kl den gerechtfertigten Interessen der Bekl zuwiderlief und zu einem Vertrauensverlust führen musste und die Entlassung der Kl rechtmäßig geschehen war.
Der OGH wies die außerordentliche Revision der Kl zurück. Der OGH führte in seiner Urteilsbegründung aus, dass die Kl mit ihrem Verhalten den Tatbestand der Vertrauensunwürdigkeit erfüllt hatte und die Entlassung von der Bekl auch nicht verspätet ausgesprochen worden war. Dazu stellte der OGH fest, dass der Grundsatz, dass die Entlassung unverzüglich auszusprechen ist, auf dem Gedanken beruht, dass ein AG, der eine Verfehlung seines AN nicht sofort mit Entlassung beantwortet, dessen Weiterbeschäftigung nicht als unzumutbar ansieht und auf die Ausübung des Entlassungsrechts im konkreten Fall verzichtet. Laut OGH kann aber nicht aus jeder Verzögerung auch auf einen solchen Verzicht geschlossen werden. Vorläufige Maßnahmen, wie etwa die bis zur Klärung der tatsächlichen oder rechtlichen Lage vorgenommene Suspendierung eines AN, können die Annahme eines Verzichts des AG auf die Ausübung des Entlassungsrechts verhindern.
Aufgrund der umgehend erfolgten Freistellung der Kl und der übrigen Umstände dieses Einzelfalls war es laut OGH hier ohne weiters vertretbar, dass die suspendierte Kl am Tag des Ausspruchs der Entlassung noch nicht davon ausgehen konnte, dass die Bekl auf ihr Auflösungsrecht verzichten würde. 283