150Schlüssigkeit eines Sachverständigengutachtens nicht durch den OGH überprüfbar
Schlüssigkeit eines Sachverständigengutachtens nicht durch den OGH überprüfbar
Die Kl erlitt am 30.9.2019 einen Arbeitsunfall, als er bei Reparaturarbeiten aus dem hinteren Teil eines Servicewagens sprang und sich dabei Verletzungen des rechten Ellenbogens und rechten Kniegelenks zuzog. Zudem hat der Unfall nach den Feststellungen das rechte Kreuzband „zum schleichenden Zusammenhangstrennen initiiert“.
Das Erstgericht kam zum Ergebnis, dass der Arbeitsunfall nicht die wesentliche Ursache für den zugezogenen Kreuzbandriss gewesen sein konnte, da der Unfallmechanismus ungeeignet war, ein festes oder auch ein altersmäßig verändertes Kreuzband zum Reißen zu bringen. Auf dieser Grundlage erkannte das Erstgericht dem Kl eine Versehrtenrente für die Zeit von 22.10.2019 bis 30.4.2020 zu und wies das Mehrbegehren ab. Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts.
In seiner außerordentlichen Revision machte der Kl zum einen (erneut) Mängel des Verfahrens erster Instanz geltend. Seiner Rechtsrüge legte er zum anderen zugrunde, dass der unfallchirurgische Sachverständige die Kausalität des Unfalls für die Kreuzbandoperation nicht bezweifelt habe. Darauf aufbauend sei auszuschließen, dass die Minderung seiner Erwerbsfähigkeit tatsächlich nur bis 30.4.2020 vorgelegen habe, weil er erst am 30.6.2020 am Kreuzband operiert worden (und bis dahin arbeitsunfähig gewesen) sei. Dem Sachverständigen sei daher ein Verstoß gegen zwingende Denkgesetze unterlaufen.
Der OGH wies die Revision mangels einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung gem § 502 ZPO zurück.
Dazu stellt der OGH Folgendes klar:
Vom Berufungsgericht verneinte Mängel des Verfahrens erster Instanz können nach stRsp – auch in Sozialrechtssachen – in dritter Instanz nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden. Zwar teilte der OGH die Ansicht des Kl, dass sich (auch) das Berufungsgericht nicht ausreichend mit den (gerügten) Widersprüchen zwischen dem Anstaltsgutachten und dem im Verfahren erstatteten Sachverständigengutachten auseinandergesetzt habe. Die Beurteilung, ob ein weiteres Sachverständigengutachten eingeholt werden muss oder ob ein Sachverständigengutachten erschöpfend ist und die getroffenen Feststellungen stützt, fällt jedoch ebenso wie die Frage, ob noch weitere Beweisaufnahmen wie etwa 308 die Einvernahme der Parteien vorzunehmen gewesen wären, in den Bereich der Beweiswürdigung, welche nicht mehr durch den OGH überprüfbar ist.
Hinsichtlich der Rechtsrüge weist der OGH darauf hin, dass der Kl in seiner Argumentation die Grundsätze der Zurechnung eines Unfallschadens zur gesetzlichen UV außer Acht lässt: Der Sprung aus dem Wagen sei zwar für den Kreuzbandriss kausal gewesen. Für die begehrte Rente wäre aber zusätzlich erforderlich, dass die Auswirkungen des Unfalls auch rechtlich eine wesentliche (Teil-)Ursache des eingetretenen Leidenszustands sind. Wesentlich ist eine Bedingung nicht, wenn die Schädigung durch ein alltäglich vorkommendes Ereignis zu annähernd gleicher Zeit und in annähernd demselben Ausmaß ausgelöst werden hätte können. Wirkt daher neben der Ursache aus dem Schutzbereich der gesetzlichen UV auch eine Vorerkrankung (Vorschädigung) am Eintritt des Gesundheitsschadens mit, wird der Schaden nur dann der UV zugerechnet, wenn er ohne den Umstand aus der Gefahrensphäre der UV erheblich später oder erheblich geringer eingetreten wäre. Das trifft hier aber nicht zu, da die auf den Ausführungen des Sachverständigen beruhenden Feststellungen zum Ausdruck bringen, dass beim Kl eine so leicht ansprechbare Veranlagung vorlag, dass der Riss des rechten Kreuzbandes auch durch jedes andere alltägliche Ereignis ausgelöst werden hätte können, die Einwirkung also bloß Gelegenheitsursache war. Der Riss des rechten Kreuzbandes fällt demnach nicht in den Schutzbereich der gesetzlichen UV.