FeltlGmbHG – Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung

Manz Verlag, Wien 2022, 826 Seiten, gebunden, € 198,–

HELMUTZIEHENSACK (WIEN)

Frisch von der Druckerpresse liegt Christian Feltls GmbH-Gesetz „Kommentar“ vor. Beim Autor handelt es sich um einen Dozenten für wirtschaftsnahes Privatrecht, 618 Unternehmens- und Gesellschaftsrecht, der bereits durch eine größere Anzahl von Veröffentlichungen, vor allem zum Gesellschaftsrecht, in Erscheinung getreten ist (vgl etwa Feltl, Relative Nichtigkeit und Anfechtbarkeit: Wo liegt der Unterschied? AnwBl 2015, 211; ders, Neues zur Satzungswidrigkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen, ecolex 2015, 300; ders, Gestaltung von Betriebsführungsverträgen – Hinweise für die Praxis, SWK 2015, 672; ders, Die englische Limited in der österreichischen Praxis, SWK 2015, 1572; ders, Dogmatische Grundlagen des Organbeschlusses, RdW 2016, 528; ders, Anmerkung zu OGH 26.9.2017, 6 Ob 164/16k – Zur Haftung des Geschäftsführers einer GmbH wegen Insolvenzverschleppung, GesRZ 2017, 402).

Kommentare und Literatur zum Gesellschaftsrecht betreffen naturgemäß in erster Linie diesen Rechtsbereich, sodass sich gleich eingangs die Frage stellt, welcher Mehrwert für die im Arbeitsrecht tätigen JuristInnen besteht. Zum einen geht es darum, dass GmbHs als AG fungieren und es daher der Abklärung bedarf, ob deren Rechtshandlungen rechtswirksam gesetzt wurden, also ob Anstellungsverträge auch rechtsverbindlich zustande gekommen sind, ebenso sonstige rechtsgeschäftliche Vereinbarungen, insb auch, ob ausgesprochene Beendigungen von Dienstverhältnissen auch tatsächlich dem Willen der juristischen Person entsprechen und Wirksamkeit entfalten konnten. Dazu sieht § 18 GmbHG die (unbeschränkte und unbeschränkbare) Vertretung(sbefugnis) durch die GeschäftsführerInnen vor (Anm 2 zu § 18 GmbHG unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien). Statt der gemeinsamen Vertretungsbefugnis mehrerer GeschäftsführerInnen kann auch Alleinvertretung im Gesellschaftsvertrag vorgesehen werden (§ 18 Abs 2 GmbHG) oder die Vertretung der GmbH durch eine/n Geschäftsführer/in und eine/n Prokuristin/en (§ 18 Abs 3 leg cit), während die passive Vertretungsbefugnis stets den einzelnen GeschäftsführerInnen zukommt (§ 18 Abs 4 GmbHG; Anm 3 zu § 18 GmbHG). Verbindliche rechtsgeschäftliche Erklärungen (Abschluss des Dienstvertrages, Änderungen desselben, Erteilung von Ermahnungen, Weisungen, Versetzungsanordnungen, Ausspruch der Kündigung oder Entlassung bzw Vereinbarung der einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses) können auch bereits nach dem (GeschäftsführerInnen-)Bestellungsbeschluss der GesellschafterInnen abgegeben werden, selbst wenn die Vertretungsfunktion (noch) nicht im Firmenbuch eingetragen war oder ist (RIS-Justiz RS0059816, E 5 zu § 18 GmbHG). Da sich der Gesetzgeber für das Modell der Fremdgeschäftsführung entschieden hat (Anm 11 zu § 15 GmbHG), vermittelt die Stellung als bloße/r Gesellschafter/in keine Vertretungsbefugnis für die GmbH (E 6 ff zu § 18 GmbHG). Es besteht sohin keine Vertretungsbefugnis des (reinen) „wirtschaftlichen Eigentümers“ (OGH 28.2.2018, 6 Ob 11/18p; E 7 zu § 18 GmbHG). Insb fallen Weisungen an DN in die Zuständigkeit vertretungsbefugter GeschäftsführerInnen (OGH 21.2.1978, 4 Ob 503/78; E 18 zu § 18 GmbHG). Bei angeordneter Gesamtvertretung der GeschäftsführerInnen besteht auch bei Gefahr in Verzug keine Ausnahme (E 25). Rechtsgeschäftliche Erklärungen werden grundsätzlich erst dann wirksam, wenn sich sämtliche GesamtvertreterInnen an ihnen beteiligen (E 27 zu § 18 GmbHG). Der Ausspruch der Kündigung nur durch eine/n gesamtvertretungsbefugte/n GeschäftsGeschäftsführerIn ist daher unwirksam; vgl OGH 7.11.2002, 8 ObA 209/02x: „Die Unwirksamkeit der ersten Kündigung ergibt sich schon daraus, dass bei kollektivvertretungsbefugten Geschäftsführern einer GesmbH der Wille beider Geschäftsführer nach außen zum Ausdruck kommen muss. Die fehlende Mitwirkung des anderen Geschäftsführers kann nicht durch das Verhalten eines Geschäftsführers ersetzt werden (vgl allg RIS-Justiz RS0020436, RIS-Justiz RS0017976, RIS-Justiz RS0052927 jeweils mwN). Entscheidend ist also, was dem Geschäftspartner gegenüber zum Ausdruck kommt, nicht aber, welche Beschlüsse im Innenverhältnis gefasst wurden (vgl RIS-Justiz RS0009126 mwN). Nun hat aber der zweite Geschäftsführer dem Kläger gegenüber sogar sein Erstaunen über die Kündigung und den Zeitpunkt der Kündigung geäußert. Eine nachträgliche Sanierung dieser Kündigung zum Termin 30.9.2000 (vgl allg zur nachträglichen Sanierung RIS-Justiz RS0059890 mwN) wurde nicht festgestellt und wäre auch unbeachtlich, da die Kündigung im Hinblick auf die vorgesehenen Kündigungsfristen und Kündigungstermine in ihrer Wirksamkeit unmittelbar beurteilt werden muss und nicht zu einem späteren Zeitpunkt, zu dem etwa die Kündigungsfrist gar nicht mehr eingehalten werden könnte (vgl OGH9 ObA 160/89 = SZ 62/110 = RdW 1991, 117 [krit Binder 113 ff]; OGH9 ObA 191/91 = Arb 10.992 =

).“

Weitere Schnittpunkte zum Arbeitsrecht ergeben sich rücksichtlich der GeschäftsführerInnen der GmbH. Liegt Fremdgeschäftsführung vor, bedarf es der Einstufung der vertraglichen Beziehung von GeschäftsführerInnen zur eigenen Gesellschaft. Darin liegt häufig ein (echtes) Dienstverhältnis (VwGH 25.6.1990, 89/15/0158 = ÖStZB 1991, 128; E 46 zu § 15 GmbHG). Unterschieden werden muss zudem der Bestellungsakt einerseits und die dienstvertragliche Grundlage für das Tätigwerden als GeschäftsführerIn andererseits (VwGH 25.6.1990, 89/15/0158), wie Feltls systemisierte Gliederung der Entscheidungen zu § 15 GmbHG (in I. Bestellung und II. Anstellung) zeigt. Als Parteien des Vertragsverhältnisses fungieren die GmbH einerseits und die GeschäftsführerInnen andererseits, nicht hingegen die GesellschafterInnen (RIS-Justiz RS0059354; E 50 zu § 15 GmbHG). Wichtigen und auch zT auf Insolvenz-Ausfallgeld nach dem IESG durchschlagenden Haftungsfragen bei der Vorgründungsgesellschaft und Vorgesellschaft wird bei § 2 GmbHG nachgegangen.

All den beschriebenen Fragen und noch unzähligen weiteren geht das fundiert gearbeitete Werk Feltls nach. Auf mehr als 800 Seiten bietet er einen sehr hilfreichen Überblick über zahlreiche, sich im Zusammenhang mit dem Gesellschaftsrecht stellende Rechtsfragen, zugeordnet zu den einzelnen Paragrafen des GmbH-Gesetzes. Dabei wurde zur bewährten Darstellung gegriffen, zunächst den Gesetzestext anzuführen, sodann mit Literaturhinweisen fortzusetzen, auf welche dann Anmerkungen folgen und schließlich ein Überblick über hierzu ergangene Gerichtsentscheidungen (vorwiegend des OGH, aber auch diverser anderer Gerichte, wie bspw VwGH und Oberlandesgerichte). Die Anmerkungen enthalten eine wertvolle Kurzkommentierung der jeweiligen gesetzlichen Bestimmung. Die kurz gerafften Gerichtsentscheidungen wiederum geben dem Leser bzw der Leserin einen noch besseren Eindruck von der Reichweite und vom Regelungsgehalt 619 der jeweiligen Bestimmung des GmbH-Gesetzes. Da die gebotenen Entscheidungen mit Kurznummern versehen wurden (nämlich E 1, E 2 usw) musste nicht auf Randzahlen zurückgegriffen werden, wobei die Darstellungsform aber dennoch die Zitiermöglichkeit gestattet. Das Stichwortverzeichnis rundet das Werk ab und ermöglicht die (einfache) Ansteuerung und das Auffinden einschlägiger Rsp zu den zu lösenden Rechtsfragen. Dabei erfolgen die Verweise zum einen auf die Gesetzesbestimmung des GmbH-Gesetzes einerseits und die Entscheidungsnummer andererseits.

Für Rechtsfragen im Zusammenhang mit dem GmbHG bietet Feltl mit der vorliegenden großen Gesetzesausgabe mit Anmerkungen und Kommentierungen eine wertvolle Unterstützung und Hilfe, dies nicht nur für Gesellschafts- und Unternehmens-, sondern auch für ArbeitsrechtlerInnen.