177Vereinbarter Änderungsvorbehalt betreffend Ausmaß der Arbeitszeit ist ungültig
Vereinbarter Änderungsvorbehalt betreffend Ausmaß der Arbeitszeit ist ungültig
Die Arbeitsvertragsparteien haben mit schriftlichem Dienstvertrag eine Normalarbeitszeit von 18 Wochenstunden vereinbart. Zudem wurde vereinbart, dass das Ausmaß der Arbeitszeit nach Bedarf durch die bekl AG geändert werden kann.
Konkret heißt es im Vertrag: „Vereinbarungen über die Änderung des Beschäftigungsausmaßes bedürfen der Schriftform. Da der endgültige Bedarf von den im Punkt 3. angeführten Schulen erst nach Beginn eines jeden Schuljahres bekannt gegeben wird, erklärt sich die Dienstnehmerin schon jetzt dazu bereit, eine Änderung des vereinbarten Beschäftigungsausmaßes, um bis zu 5 Stunden pro Woche zuzustimmen.“
Die bekl AG reduzierte die vereinbarte Arbeitszeit in der Folge – unter Berufung auf den Änderungsvorbehalt – auf 17 Wochenstunden.
Der OGH wies die außerordentliche Revision der Bekl mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurück und führte aus, dass gem § 19d Abs 2 Satz 1 und 2 AZG, dessen Anwendung in der außerordentlichen Revision der bekl AG – zutreffend (vgl RS0116255) – nicht mehr in Frage gestellt wird, Ausmaß und Lage der Arbeitszeit und ihre Änderung zwischen den Arbeitsvertragsparteien zu vereinbaren sind, sofern sie nicht durch Normen der kollektiven Rechtsgestaltung festgesetzt werden. Die Änderung des Ausmaßes der regelmäßigen Arbeitszeit bedarf der Schriftform.
Schon nach § 19c Abs 2 AZG idF des Arbeitsrechtlichen Begleitgesetzes (ArbBG), BGBl 1992/833, war die Festlegung von Ausmaß und Lage der Arbeitszeit zu vereinbaren. Nach den Gesetzesmaterialien zum ArbBG ist nicht nur die erstmalige Festsetzung bei Abschluss des Arbeitsvertrags zu vereinbaren, sondern grundsätzlich auch jede spätere Änderung des Ausmaßes und der Lage der Arbeitszeit (ErläutRV 735 BlgNR 18. GP 43 f). Eine schriftliche Vereinbarung zwischen den Streitteilen über die von der Bekl angestrebte Reduktion des Arbeitszeitausmaßes der bei ihr teilzeitbeschäftigten Kl von (im geänderten Dienstvertrag vereinbarten) 18 auf 17 Wochenstunden ist nach den Feststellungen aber nicht zustande gekommen.
Die in der außerordentlichen Revision aufgeworfene Frage, ob die Rsp (OGH 22.12.2004, 8 ObA 116/04y), wonach die Möglichkeit eines Vorbehalts hinsichtlich einer Verringerung der Teilzeitarbeit im Gesetz nicht vorgesehen ist, auf Grundlage der aktuellen Fassung der §§ 19c, 19d AZG noch aufrechterhalten werden kann, kann hier dahingestellt bleiben. Im Allgemeinen ist eine Berechtigung zur einseitigen Änderung eines Vertrags durch den wirtschaftlich typischerweise stärkeren Teil eine ungewöhnliche, in der Regel den anderen, schwächeren Vertragsteil gröblich benachteiligende Vereinbarung und speziell dem Arbeitsvertragsrecht fremd. Für die Zulässigkeit einer solchen Regelung bedarf sie entweder einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung oder eines ausdrücklichen Vorbehalts, dem der DN frei von Willensmängeln zugestimmt hat und der auch seine berechtigten Interessen angemessen wahrt. Keine dieser Voraussetzungen liegt hier vor.
Auf eine gesetzliche Grundlage für den im Dienstvertrag vereinbarten Änderungsvorbehalt stützt sich die Bekl nicht.
Da nach den Feststellungen der tatsächliche Bedarf an Arbeitskräften für die Bekl meist erst im Oktober nach Beginn des jeweiligen Schuljahres feststeht, wollte sich die Bekl mit diesem Änderungsvorbehalt offensichtlich eine Änderung der Hauptleistungen des Dienstvertrags je nach wirtschaftlichem Bedarf sichern. Da dieser Änderungsvorbehalt eine Schwankung von 15 bis 25 Wochenstunden des Beschäftigungsausmaßes der Kl und damit zu einer erheblichen Reduktion des Arbeitsentgelts der Kl führen könnte, kann nicht davon ausgegangen werden, dass mit diesem Änderungsvorbehalt auch die berechtigten Interessen der Kl gewahrt wurden. Worin deren Interesse am Änderungsvorbehalt gelegen sei, ist nicht ersichtlich und wird von der Bekl auch nicht dargelegt. Der Änderungsvorbehalt, der letztlich darauf hinausläuft, dass die Kl während des Arbeitsverhältnisses auf den ihr gem § 19d Abs 2 AZG zwingend eingeräumten Anspruch auf vertragliche Festlegung des Ausmaßes der Arbeitszeit bzw ihrer Änderung in Schriftform verzichtet, ist daher unwirksam.
Auch die in der außerordentlichen Revision bezeichnete Rechtsfrage, ob das Schriftformerfordernis nach § 19d Abs 2 AZG ein Wirksamkeitserfordernis darstellt oder lediglich Beweiszwecken dient, kann dahingestellt bleiben, weil nach den Feststellungen die Kl der Vertragsänderung nicht zugestimmt hat. 375