183SWÖ-Kollektivvertrag – Einstufung eines Nachtbetreuers für Flüchtlinge
SWÖ-Kollektivvertrag – Einstufung eines Nachtbetreuers für Flüchtlinge
Der Kl wurde bei der Bekl, einer Betreuungseinrichtung für männliche unbegleitete mündige minderjährige Fremde, nach seinem Dienstvertrag als „Nachtbetreuer/Portier“ aufgenommen. Mit seiner Klage begehrte er die Einstufung in die Verwendungsgruppe 7 (ua „Fachkraft für Flüchtlingsbetreuung“) des KollV der Sozialwirtschaft Österreich („SWÖ-KollV“). Seitens der Bekl war er in die Verwendungsgruppe 2 (ua „Portierinnen“) eingestuft worden. Mangels kollektivvertraglicher Umschreibung des Berufsbildes Portier berief sich die Bekl auf das im KollV im Bewachungsgewerbe umschriebene Berufsbild der „Verwendungsgruppe A im Wachdienst“. Dass der Kl mit den anwesenden Personen im Bedarfsfall kommuniziere und ihnen allgemeine Hilfestellung leiste sowie die Sicherheit gewährleiste, sei nach Ansicht der Bekl der Arbeit und Kommunikation mit Menschen in der Sozialwirtschaft geschuldet. Die höheren Anforderungen seien von den Kollektivvertragsparteien bei der Festsetzung der Mindestentgelte in der Verwendungsgruppe 2 berücksichtigt worden. Die Leistungen des Kl gehörten laut Bekl zum entsprechenden Berufsbild eines Portiers.
Die Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren statt, der OGH wies die außerordentliche Revision der Bekl zurück. Er führte aus, dass aus den umfassenden Feststellungen des Erstgerichts hervorgeht, dass die Bekl nach dem mit der Republik Österreich (BMI) geschlossenen Betreuungsvertrag 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, eine ausreichend hohe Anzahl von geschulten und ausgebildeten Betreuern einzusetzen hat. Die Jugendlichen wissen, dass das Büro der Sozialbetreuer rund um die Uhr besetzt ist und sie sich jederzeit an einen Mitarbeiter wenden können. Der Kl ist einer von zwei Nachtbetreuern. Er hat – ebenso wie die den Tagdienst versehenden und in die Verwendungsgruppe 7 eingestuften Mitarbeiter – den Lehrgang „Interkulturelle Kompetenzen und Diversität“ absolviert und versieht den Nachtdienst jeweils allein. Hervorzuheben ist zusammengefasst, dass er Ansprechpartner für Jugendliche, ua auch für verschiedene medizinische Probleme, ist, bei Streitereien oder Raufhandel deeskalierend einzugreifen versucht und auch differenzierte Berichts-, Dokumentations- und Verständigungspflichten hat. Die Standeskontrolle kurz vor 22 Uhr erfolgt gemeinsam durch Mitarbeiter des Tages- und des Nachtdienstes. Mag auch die Nachtbetreuung von Flüchtlingen nicht die gleiche Intensität an Aktivitäten wie am Tag haben, könnte danach selbst dann nicht von einer überwiegenden Tätigkeit des Kl als Portier ausgegangen werden, wenn man den Begriff in dem von der Bekl dargelegten Sinn versteht.
Die konkrete Einstufung in eine Kollektivvertragsgruppe als solche, die anhand der konkreten Tätigkeit zu erfolgen hat, kann stets nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden. Sie stellt damit – soweit es nicht um eine allgemeine Auslegungsfrage hinsichtlich des KollV geht – regelmäßig keine Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar. Das ist nach den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen auch hier nicht der Fall, zumal der KollV speziell für den Bereich der Flüchtlingsbetreuung – und anders als etwa in den von der Bekl vergleichsweise angesprochenen Bereichen – keine weiteren Differenzierungen nach Verwendungsgruppen kennt. 383