184Wiederholung der Verständigung des Behindertenausschusses über Beendigung ist bei neuerlicher Dienstverhinderung nicht erforderlich
Wiederholung der Verständigung des Behindertenausschusses über Beendigung ist bei neuerlicher Dienstverhinderung nicht erforderlich
Der Kl war bei der Bekl seit März 2010 als Vertragsbediensteter beschäftigt. Er ist begünstigter Behinderter iSd § 2 BEinstG. Ab dem 13.5.2019 war er durchgehend im Krankenstand. Mit Schreiben vom 30.1.2020 teilte die Bekl dem Kl mit, dass sein Dienstverhältnis gem § 24 Abs 9 VBG 1948 nach einjährigem Krankenstand, sohin mit Ablauf des 12.5.2020, enden werde. Ein inhaltsgleiches Schreiben erging am selben Tag an den Behindertenausschuss.
Am 1.4.2020 trat der Kl seinen Dienst wieder an. Diesen Umstand und dass das Dienstverhältnis des Kl daher nicht mit Ablauf des 12.5.2020 ende, teilte die Bekl dem Behindertenausschuss am 17.4.2020 auf dessen Anfrage mit, dies unter nochmaligem Hinweis auf die Anrechnung weiterer innerhalb von sechs Monaten nach Wiederantritt eintretender Dienstverhinderungen und auf die Beendigung nach insgesamt einjähriger Krankenstandsdauer.
Vom 20.7. bis 11.9.2020 war der Kl neuerlich im Krankenstand. Mit Schreiben vom 2.9.2020 teilte ihm die Bekl die Beendigung seines Dienstverhältnisses mit Ablauf des 31.8.2020 gem § 24 Abs 9 VBG mit. Den Behindertenausschuss informierte die Bekl davon am 9.12.2020.
Der Kl begehrt die Feststellung, dass sein Dienstverhältnis über den 31.8.2020 hinaus aufrecht sei. Nach seiner Wiedererkrankung am 20.7.2020 habe die Bekl entgegen § 24 Abs 9 VBG 1948 und § 8a BEinstG verabsäumt, ihn und den Behindertenausschuss neuerlich von der möglichen Beendigung des Dienstverhältnisses zu verständigen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung.
Die auf den Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte ordentliche Revision war laut OGH aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.
Gem § 24 Abs 9 VBG 1948 endet dann, wenn Dienstverhinderungen wegen Unfall oder Krankheit ein Jahr gedauert haben, das Dienstverhältnis des Vertragsbediensteten mit Ablauf dieser Frist, es sei denn, dass vorher seine Fortsetzung vereinbart wurde. Bei der Berechnung der einjährigen Frist gilt eine Dienstverhinderung, die innerhalb von sechs Monaten nach Wiederantritt des Dienstes eintritt, als Fortsetzung der früheren Dienstverhinderung. Der DG hat den Vertragsbediensteten spätestens drei Monate vor Ablauf der Frist nachweislich vom bevorstehenden Ende des Dienstverhältnisses gem Satz 1 zu verständigen. Erfolgt die nachweisliche Verständigung später, so endet das Dienstverhältnis drei Monate nach dieser Verständigung, sofern der Vertragsbedienstete bis dahin den Dienst nicht wieder angetreten hat und vor Ablauf dieser Frist auch keine Verlängerung des Dienstverhältnisses vereinbart worden ist.
Nach § 8a BEinstG ist, soweit in dienstrechtlichen Vorschriften für Bedienstete einer Gebietskörperschaft die Beendigung des Dienstverhältnisses wegen langer Dienstverhinderung infolge Krankheit kraft Gesetzes vorgesehen ist, im Falle eines begünstigten Behinderten der Behindertenausschuss spätestens drei Monate vor Ablauf dieser Frist von Amts wegen zu verständigen. Der Behindertenausschuss hat zur Zweckmäßigkeit einer Vereinbarung über die Fortsetzung des Dienstverhältnisses Stellung zu nehmen. Die Beendigung des Dienstverhältnisses wird – ungeachtet der dienstrechtlichen Vorschriften – frühestens drei Monate nach Einlangen der Verständigung beim Behindertenausschuss wirksam.
Im Fall des Kl sind die zeitlichen Voraussetzungen des § 24 Abs 9 VBG 1948 unstrittig erfüllt und wurde eine Verständigung nach § 8a BEinstG von der Bekl länger als drei Monate vor dem Ablauf der Jahresfrist durchgeführt.
Nach den Gesetzesmaterialien zu § 8a BEinstG idgF blieb vor der Einführung der Dreimonatsfrist die Verständigungspflicht des Behindertenausschusses in der Praxis in vielen Fällen unbeachtet, sodass Dienstverhältnisse endeten, ohne dass dem Behindertenausschuss Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt worden war. Um dem entgegenzuwirken, sei die Nicht- oder verspätete Befassung des Behindertenausschusses mit dem Hinausschieben des Endigungstermins sanktioniert worden.
Der Zweck dieser Regelung besteht darin, ein gesetzeskonformes Verhalten des AG zu erreichen, sodass dem Behindertenausschuss eine Stellungnahme zur Zweckmäßigkeit einer Fortsetzungsvereinbarung tatsächlich ermöglicht wird. Er ist zur Stellungnahme aber nicht verpflichtet. Der DG ist an eine positive Empfehlung des Behindertenausschusses auch nicht gebunden.
Der Gesetzeswortlaut und der beschriebene Regelungszweck erfordern, wie die Vorinstanzen bereits ausgeführt haben, keine Wiederholung der bereits erfolgten Verständigung des Behindertenausschusses für den Fall, dass die sie auslösende Dienstverhinderung dann doch kein ganzes Jahr gedauert hat, aber die Beendigung des Dienstverhältnisses aufgrund einer Zusammenrechnung mit nachfolgenden Krankenständen gem § 24 Abs 9 VBG 1948 eintritt. Da zum Zeitpunkt der mindestens drei Mo384nate vor dem frühesten Enddatum liegenden Verständigung regelmäßig noch nicht sicher feststeht, ob es überhaupt zu einer einjährigen Dienstverhinderung kommen wird und wenn ja, ob diese durchgehend sein oder durch Zusammenrechnung erreicht wird, hat der Behindertenausschuss ohnehin bei seiner Stellungnahme bereits diese Varianten mit zu berücksichtigen.
Der Rechtsstandpunkt des Revisionswerbers hätte, wie die Revisionsbeantwortung zutreffend aufzeigt, die Konsequenz, dass eine neuerliche Verständigung nach § 24 Abs 9 VBG 1948 im Fall einer zusammenzurechnenden weiteren Dienstverhinderung praktisch nie innerhalb von drei Monaten vor dem nächsten voraussichtlichen Enddatum möglich wäre und sich dieses Enddatum dadurch weiter hinausschieben würde. Eine solche Regelungsabsicht kann dem Gesetzgeber nicht zugesonnen werden, weil der Gesetzeszweck bereits mit der ersten Verständigung erfüllt wurde und für eine praktisch unausweichliche Verlängerung des Dienstverhältnisses trotz gesetzeskonformen Verhaltens des DG eine sachliche Begründung fehlen würde.