189Feststellungsinteresse auch ohne eingetretenen Schaden bei Verletzung des Konkurrenzverbots gegeben
Feststellungsinteresse auch ohne eingetretenen Schaden bei Verletzung des Konkurrenzverbots gegeben
Die Kl übt das Gewerbe der Arbeitskräfteüberlassung aus. Der Bekl war in deren Filiale St. Pölten von 6.10.2014 bis 30.11.2020 beschäftigt. Die Kl behauptet eine Verletzung des im Arbeitsvertrag vereinbarten Konkurrenzverbots durch den Bekl. Sie stellte ein Unterlassungs- und ein Feststellungsbegehren. Das rechtliche Interesse am Feststellungsbegehren begründete die Kl ua damit, dass ihr durch die konkurrenzierende Tätigkeit des Bekl ein erheblicher Schaden drohe.
Das Erstgericht beurteilte die Konkurrenzklausel infolge einer Interessensabwägung nach § 36 Abs 1 Z 3 AngG als unwirksam und wies die Klagebegehren zur Gänze ab.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Kl teilweise Folge und änderte das Ersturteil ab. Es beurteilte die Konkurrenzklausel nicht zur Gänze, sondern nur teilweise, nämlich hinsichtlich des Bereichs der Arbeitsvermittlung und den zu weit gefassten örtlichen Geltungsbereich als unwirksam. Das Unterlassungsbegehren wies es ab. Durch Tätigkeiten im Geschäftszweig der Arbeitskräfteüberlassung im Großraum St. Pölten habe der Bekl zwar die – soweit wirksam vereinbarte – Konkurrenzklausel verletzt, aber die in der Konkurrenzklausel vereinbarte Jahresfrist sei zum Zeitpunkt der Rechtsmittelentscheidung bereits abgelaufen. Dem Feststellungsbegehren gab es teilweise statt. Das Berufungsgericht stellte fest, dass der Bekl der Kl für sämtliche Schadenersatzansprüche, die ihr aufgrund der Verletzung der Konkurrenzklausel des Arbeitsvertrags vom 15.10.2014 (Tätigkeiten im Geschäftszweig der Gesellschaft der Kl, sohin im Bereich der Arbeitskräfteüberlassung im Großraum St. Pölten) im Zeitraum 1.12.2020 bis 30.11.2021 entstehen, haftet.
In seiner außerordentlichen Revision bekämpft der Bekl den klagsstattgebenden Teil dieser E. Eine erhebliche Rechtsfrage zeigt er darin jedoch nach Ansicht des OGH nicht auf: Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, der Bekl habe gegen die – im eingeschränkten Umfang wirksam vereinbarte – Konkurrenzklausel verstoßen, wodurch die Rechtsposition der Kl bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz wirklich und ernstlich gefährdet gewesen sei, hält sich laut OGH im Rahmen der – nachfolgend festgehaltenen – Rsp.
Das Vorliegen des Feststellungsinteresses ist Voraussetzung für die Begründetheit des Feststellungsanspruchs. Das rechtliche Interesse an der alsbaldigen Feststellung bedarf eines konkreten aktuellen Anlasses, der zur Hintanhaltung einer tatsächlichen und ernstlichen Gefährdung der Rechtslage des Kl eine ehebaldige gerichtliche Entscheidung notwendig macht. Das Feststellungsinteresse muss noch im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz vorhanden sein.
Der OGH hat mehrmals ausgesprochen, dass das Feststellungsurteil für den Kl von „rechtlich-praktischer Bedeutung“ sein muss. Rein theoretische Befürchtungen genügen diesem Erfordernis des § 228 ZPO nicht. Die Rsp bejaht die Zulässigkeit der Feststellung einer Ersatzpflicht für künftige Schäden aus einem bestimmten (zumindest potentiell) schädigenden Ereignis. Eine Schadenersatzpflicht begründet daher ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis iSd § 228 ZPO, wenn es sich dabei um eine bereits gegenwärtige und in allen rechtserzeugenden Tatsachen vollständig konkretisierte Verpflichtung handelt.
Auch im gegenständlichen Fall hat der Bekl rechtswidrig (Verstoß gegen die Konkurrenzklausel), kausal (ohne seine Konkurrenztätigkeit hätte er die Konkurrenzklausel nicht verletzt und würde der Kl kein Schaden drohen) und schuldhaft (die Feststellungen bieten keine Hinweise, dass dem Bekl sein Verhalten nicht vorwerfbar wäre) gegen die Konkurrenzklausel verstoßen und dadurch unter Umständen der Kl einen der Höhe nach derzeit noch nicht feststellbaren Schaden zugefügt. Dass zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz noch kein Schaden festgestellt wurde, nimmt der Kl nicht das rechtliche Interesse an der begehrten Feststellung.
Nach der Rsp ist die Feststellungsklage dann unzulässig, wenn der Kl seinen Anspruch bereits zur Gänze mit Leistungsklage geltend machen kann. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Schaden bereits zur Gänze eingetreten ist und kein weiterer Schaden zu erwarten ist. Die Möglichkeit einer Leistungsklage hindert die Feststellungsklage aber etwa dann nicht, wenn durch den Leistungsanspruch der Feststellungsanspruch nicht erschöpft ist. Dies ist hier schon deshalb der Fall, weil sich das Feststellungsbegehren auf einen – zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung am 10.6.2021 zukünftigen – Zeitraum bis 30.11.2021 bezieht.390