46Gehaltserhöhung und Inflationsanpassungen bei Sonderverträgen von Vertragsbediensteten
Gehaltserhöhung und Inflationsanpassungen bei Sonderverträgen von Vertragsbediensteten
§ 36 VBG und § 79 tir LBedG eröffnen für Vertragsbedienstete die Möglichkeit des Abgehens von Bestimmungen des VBG/tir LBedG, doch ist diese Möglichkeit nur für einen Ausnahmefall gegeben. Diese Gesetzesstelle schafft keineswegs eine Generalklausel dafür, zwingende Entlohnungsvorschriften des VBG/tir LBedG hinfällig zu machen, sondern die Möglichkeit, den Fällen gerecht zu werden, in denen die gesetzlichen Normen den besonderen Umständen des Falls nicht entsprechen können, wobei in erster Linie die Vereinbarung eines besonderen Entgelts in Frage kommt.
Negative Voraussetzung für einen Übertritt in das neue Besoldungssystem nach dem tir LBedG ist, dass der Übertrittserklärung keine Bedingung beigefügt werden darf. Im Optionsausübungs- bzw Gehaltsschemaübertrittsschreiben wurde zwar ausgeführt, dass der VB die Ansicht vertritt, Anspruch auf eine höhere Einstufung als in die vom Bekl zugrunde gelegte Modellstelle TNEX 2 zu haben, der Übertritt wurde aber nicht von einer höheren Einstufung abhängig gemacht. Die Erklärung erfolgte daher ohne Beifügung einer Bedingung. Es wurden in ihr nur die unterschiedlichen Rechtsstandpunkte über die zu erfolgende Einstufung dargestellt.
Von den zwingenden Bestimmungen abweichende Vereinbarungen in Sonderverträgen sind aber auch jeweils im Einzelnen auf ihre Wirksamkeit zu prüfen, wobei es nicht zulässig ist, ohne besondere, durch die konkreten Umstände des Einzelfalls bedingte Gründe zwingende Bestimmungen zum Nachteil des Bediensteten abzudingen. Liegen solche Gründe nicht vor, kann allein das Bestehen eines Sondervertrags kein ausreichendes Argument dafür darstellen, dass dem DN ein ihm vom Gesetz eingeräumtes Recht nicht zukommt.
[1] Der Kl war seit 1.9.2003 bis jedenfalls Ende Oktober 2019 bei der bekl Partei (Bekl) in der Abteilung Bau und Technik beschäftigt. Dem Dienstverhältnis lag zunächst ein mit 1.9.2003 datierter Dienstvertrag nach dem Landes-Vertragsbedienstetengesetz (L-VBG; nunmehr: „Gesetz über das Dienstrecht der Bediensteten des Landes Tirol“ – Landesbedienstetengesetz – LBedG) zugrunde. Mit Nachtrag vom 7.7.2005 wurde der Dienstvertrag „mit Wirkung vom 1.5.2005 in einen Sondervertrag abgeändert“. Darin wurde abweichend vom im ursprünglichen Dienstvertrag vereinbarten Entlohnungsschema für 401 die Dauer der Verwendung als „P*“ ein Sonderentgelt vereinbart, das sich entsprechend dem Ausmaß des Gehalts eines Beamten der Dienstklasse V Gehaltsstufe 2 erhöhen sollte. Weiters sollten mit dem Sondervertrag sämtliche Entgeltansprüche aus dem Dienstverhältnis einschließlich Zulagen und Gebühren iSd §§ 35, 47 und 48 L-VBG abgegolten sein.
[2] Am 26.1.2009 wurde ein neuerlicher „Nachtrag zum Sondervertrag“ vereinbart. Wiederum betraf die Vereinbarung nur das Entgelt und zwar für die Dauer der Ausübung der Funktion als G* in der TILAK – Abteilung Bau und Technik.
[3] Mit „Nachtrag zum Sondervertrag“ vom 26.2.2019 vereinbarten die Parteien eine Altersteilzeit entsprechend einer BV.
[4] Bereits im Juni 2015 hatte der Kl gegenüber dem Geschäftsführer der Tirol Kliniken GmbH den Wunsch nach einer Gehaltserhöhung geäußert. Dieser erwiderte, dass von Seiten der Bekl ein neues Entlohnungsschema geplant sei und auf dieses gewartet werden solle, womit der Kl einverstanden war.
[5] In weiterer Folge wurde dem Kl von der Bekl ein Übertritt in das Entlohnungsschema neu des LBedG mit einer Einstufung in die Modellstufe TNEX 2, Entlohnungsklasse 15, Entlohnungsstufe 12 angeboten. Noch vor dem 31.12.2019 erklärte der Kl, in das Entlohnungsschema neu überzutreten, wobei er richtigerweise in die Modellstelle TNEX 5 einzustufen sei. Mit Schreiben vom 15.5.2019 hielt der Klagsvertreter ausdrücklich fest, dass der Kl jedenfalls ausgehend von der bereits erfolgten Einstufung in die Modellstelle TNEX 2 und einer Aufzahlung gem § 35 LBedG in das Entlohnungsschema neu wechseln wolle, wobei er jedoch die Auffassung vertrete, dass seine Einstufung in die Modellstelle TNEX 5 zu erfolgen habe. Die Bekl hielt an der Einstufung des Kl in TNEX 2 fest und übermittelte ihm den Entwurf eines „Nachtrags zum Dienstvertrag“ in diesem Sinn, der vom Kl jedoch nicht unterfertigt wurde, weil er mit der Einstufung in die Modellstelle TNEX 2 nicht einverstanden war. In dem Entwurf wurde festgehalten, dass das Schreiben des Kl vom 15.5.2019 als Übertrittserklärung gem §§ 81a und 81b LBedG gewertet wird.
[6] Der Kl begehrt 86.236,61 € brutto sA als Differenz zwischen seiner tatsächlichen Entlohnung und einer Entlohnung bei Einstufung in die Modellstelle TNEX 5 für den Zeitraum 1.1.2017 bis 31.10.2019. Er bringt vor, dass er aufgrund der von ihm in dieser Zeit verrichteten Tätigkeit richtigerweise als technischer Experte nach der Modellstelle TNEX 5 einzustufen gewesen wäre. Er habe die erforderliche Erklärung für den Übertritt in das Entlohnungsschema neu des LBedG vor dem 31.12.2019 abgegeben. Die Bekl habe jedoch eine Überstellung nur unter der Bedingung angeboten, dass er mit einer Einstufung in die Modellstelle TNEX 2 einverstanden ist. Ein Wechsel nach §§ 81a und 81b LBedG sei jedoch bedingungsfeindlich. Dem Gesetz lasse sich nicht entnehmen, dass ein Optionsrecht nur den DN zustehe, die im Regelsystem des LBedG entlohnt worden seien. Auch habe der Kl Anspruch auf die generellen Bezugserhöhungen der Landesbediensteten ab 1.1.2006 gehabt. Ihm sei gesagt worden, dass er in das Vergütungssystem neu übertreten könne. Da über die Einreihung keine Einigung erzielt werden konnte, habe er den Nachtrag zum Dienstvertrag nicht unterfertigt. Er sei jedoch bereits mit seiner Erklärung in das Entlohnungsschema neu übergetreten, weshalb nunmehr eine Überprüfung seiner Einreihung zu erfolgen habe. Jedenfalls sei er zumindest nach TNEX 2 zu entlohnen. Auch anderen Mitarbeitern mit Sonderverträgen sei der Übertritt in das Entlohnungsschema neu nicht verwehrt worden. Es liege daher eine betriebliche Übung vor. Zumindest verpflichte der Gleichbehandlungsgrundsatz die Bekl, auch dem Kl diese Möglichkeit einzuräumen.
[7] Hilfsweise brachte der Kl vor, ein Sondervertrag nach § 79 LBedG sei nie abgeschlossen worden. Die TILAK – Tiroler Landeskrankenanstalten GmbH (nunmehr: Tirol Kliniken GmbH) sei nicht zum Abschluss solcher Verträge berechtigt gewesen. Die Unterschrift auf AG-Seite sei von jemandem geleistet worden, der nicht (allein) vertretungsbefugt gewesen sei.
[8] Die Bekl bestreitet und bringt vor, dass zwischen den Parteien ein Sondervertrag gem § 79 LBedG abgeschlossen worden sei. Ihrer nunmehr vertretenen Ansicht nach stehe dieser eine Option nach §§ 81a und 81b LBedG entgegen. Durch einen Sondervertrag solle im Einzelfall eine von den gesetzlichen Regelungen abweichende Entgeltvereinbarung getroffen werden. Dadurch werde das gesetzliche Entgeltsystem „ausgeschaltet“. Eine Änderung des Regelentgeltsystems könne daher einen Sondervertrag nicht berühren. Im Vertragsbedienstetenrecht könne keine vom Gesetz abweichende betriebliche Übung entstehen. Es komme daher nicht darauf an, wie sich die Bekl gegenüber anderen DN verhalten habe. Das Begehren des Kl müsse aber auch daran scheitern, dass er nicht unter die Modellstelle TNEX 5 einzuordnen sei.
[9] Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Sonderverträge mit dem Kl seien wirksam zustande gekommen. Der rechtswirksame Abschluss eines solchen Vertrags stehe aber der Ausübung des Optionsrechts entgegen, weil ein Übertritt nur aus dem Vergütungssystem alt in das Vergütungssystem neu gesetzlich vorgesehen sei, nicht aber aus einem Sondervertrag.
[10] Das Berufungsgericht gab der gegen diese Entscheidung gerichteten Berufung des Kl nicht Folge. Mit der L-VGB-Novelle – Besoldungsreform, sei ein neues Entlohnungssystem geschaffen worden, wobei Vertragsbediensteten, deren Dienstverhältnis zum Bekl vor dem 1.1.2007 begründet worden sei, ein Optionsrecht in das neue System durch schriftliche Erklärung eingeräumt worden sei. Dieses Optionsrecht sei in der Folge auch auf die der Tirol Kliniken GmbH zur Dienstleistung zugewiesenen Bediensteten ausgeweitet worden. Aus dem Wortlaut ergebe sich kein Hinweis darauf, dass Sonderverträge von dieser Optionsmöglichkeit ausgenommen seien. Allerdings werde durch Sonderverträge von den ansonsten zwingenden Regelungen über die Entlohnung des DN abgewichen. 402 . Durch den Sondervertrag habe für den Kl das Entlohnungsschema „alt“ nicht mehr gegolten, was aber implizit Voraussetzung für die Möglichkeit des Übertritts sei. Ein solcher Übertritt sei auch aus systematischen Gründen nicht zulässig. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen für Sonderverträge erforderten eine vertragliche Einigung. Eine einseitige, vom Willen des DG unabhängige Optionserklärung würde das Schriftform- und Bezeichnungsgebot für Sonderverträge aushebeln.
[11] Entgegen der (hilfsweisen) Argumentation des Kl sei ein wirksamer Sondervertrag abgeschlossen worden. § 3 Abs 2 lit a TILAK-Gesetz stehe dem nicht entgegen. Warum der den Nachtrag zum Dienstvertrag auf Seiten des AG Unterzeichnende nicht vertretungsbefugt gewesen sein solle, habe der Kl nicht vorgebracht. Darüber hinaus sei ein allfälliger Mangel durch die nachfolgend abgeschlossenen Nachträge saniert worden. Eine vertragliche Zusage einer nicht im Gesetz vorgesehenen Übertrittsmöglichkeit, wie vom Kl behauptet, wäre unwirksam. Eine betriebliche Übung könne den zwingenden Regelungen des Vertragsbedienstetenrechts nicht entgegenstehen.
[12] Die ordentliche Revision wurde vom Berufungsgericht zur Frage zugelassen, ob auch Vertragsbedienstete, die aufgrund eines Sondervertrags beschäftigt seien, zur Ausübung der Option nach § 81a LBedG berechtigt seien.
[13] Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Kl mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen dahingehend abzuändern, dass dem Klagebegehren stattgegeben wird. In eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
[14] Die Bekl beantragt, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.
[15] Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zulässig und auch berechtigt.
[16] 1. Mit der 6. L-VBG-Novelle – Besoldungsreform, LGBl 96/2006 wurde im Landesbedienstetengesetz LGBl 2/2001 (LBedG, damals noch L-VBG) ein neues Entlohnungssystem eingeführt. Die der TILAK – Tiroler Landeskrankenanstalten GmbH (später Tirol Kliniken GmbH) zur Dienstleistung zugewiesenen Vertragsbediensteten des Landes wurden von dieser Besoldungsreform vorerst nicht erfasst, sondern verblieben im bis dahin geltenden Entlohnungssystem. Mit der 4. LBedG-Novelle, LGBl 188/2014 wurden auch diese Bediensteten mit Wirksamkeit vom 1.1.2015 (Gesundheitsberufe) bzw vom 1.1.2017 (Verwaltungs- und Betriebspersonal) in das neue Entlohnungssystem einbezogen.
[17] Dabei sollte mit der Einführung des neuen Abs 4b in § 81a LBedG Vertragsbediensteten, deren Dienstverhältnis zum Bekl vor dem Inkrafttreten des neuen Entlohnungssystems für die TILAK begründet wurde und die vor diesem Zeitpunkt der TILAK zur Dienstleistung zugewiesen wurden, das Recht eingeräumt werden, mittels Erklärung in das neue Entlohnungssystem zu wechseln (vgl ErläutRV 448/14 Blg TirLandtag 16. GP 1, 4).
[18] Für Vertragsbedienstete, die wie der Kl dem Verwaltungspersonal angehören, sah die Neuregelung des § 81a LBedG vor:
„(4b) Vertragsbedienstete ... b deren Dienstverhältnis zum Land Tirol vor dem 1. Jänner 2017 begründet wurde und die als Angehörige des Verwaltungs- und Betriebspersonals der TILAK – Tiroler Landeskrankenanstalten GmbH vor diesem Zeitpunkt nach den jeweiligen dienstrechtlichen Vorschriften zur Dienstleistung zugewiesen wurden und nach dem 1. Jänner 2017 weiterhin zur Dienstleistung zugewiesen sind, können schriftlich erklären, dass sich ihre Entlohnung nach dem 3. Abschnitt in der Fassung des Gesetzes LGBl Nr 188/2014 bestimmen soll.
Die Erklärung von Vertragsbediensteten (...) nach lit b ist bis zum Ablauf des 31. Dezember 2017 abzugeben. (...)
(5) Die Erklärung nach Abs 1, 2 oder 4b wird mit dem Ersten auf ihre Abgabe zweitfolgenden Monats wirksam. Sie ist unwiderruflich. Die Beifügung einer Bedingung ist, bei sonstiger Rechtsunwirksamkeit der Erklärung, nicht zulässig.“
[19] Mit der Novelle LGBl 79/2016 wurde die Frist zur Abgabe einer solchen Erklärung für Vertragsbedienstete, die Angehörige des Verwaltungs- und Betriebspersonals der (nunmehr) Tirol Kliniken GmbH sind und deren Dienstverhältnis vor dem 1.1.2017 begründet wurde, bis zum Ablauf des 31.12.2019 verlängert. Die übrigen Bestimmungen blieben aufrecht.
[20] 2. Keine dieser Regelungen oder zu diesen Bestimmungen vorliegende Erläuterungen in den Regierungsvorlagen enthalten eine Bezugnahme auf Vertragsbedienstete mit Sonderverträgen. Einzig in den Erläuterungen zu LGBl 79/2016 (ErläutRV 321/16, Blg 16. GP 4) wird im Zusammenhang mit der Regelung der Neufestsetzung des Vorrückungsstichtags darauf hingewiesen, dass die entsprechenden Bestimmungen auf Vertragsbedienstete mit einem Sondervertrag nach § 79 LBedG nicht anwendbar seien, da durch den Abschluss eines Sondervertrags ein „Opt-out“ aus den gesetzlichen Bestimmungen erfolgt sei und es gerade das Wesen des Sondervertrags sei, dass Regelungen getroffen würden, die von den gesetzlichen Mindestbestimmungen abweichen. Im Falle eines Sondervertrags leite sich der Bezug nicht vom Vorrückungsstichtag ab und seien solche Verträge daher auch nicht anzupassen.
[21] Wie bereits das Berufungsgericht richtig ausgeführt hat, lässt sich aus diesen – zu einer anderen Bestimmung derselben Novelle in der Regierungsvorlage enthaltenen – Ausführungen kein Rückschluss auf den Anwendungsumfang des § 81a Abs 4b lit b LBedG ziehen.
[22] 3. Geht man vom Wortlaut des Gesetzes aus, bestehen für einen Übertritt in das neue Besoldungssystem zwei Voraussetzungen. Bei Vertragsbediensteten der Bekl, die – wie der Kl – als Angehörige des Verwaltungspersonals der Tirol Kliniken GmbH zur Dienstleistung zugewiesen wurden, muss das Dienstverhältnis vor dem 1.1.2017 begründet worden sein. Weiters hat der AN nach der zuletzt geltenden Rechtslage bis zum Ablauf des 31.12.2019 eine schriftliche Erklärung abzugeben, dass sich seine Entlohnung nach dem 3. Abschnitt in der Fassung des Gesetzes LGBl 188/2014403 bestimmen soll. Negative Voraussetzung ist weiters, dass der Übertrittserklärung keine Bedingung beigefügt werden darf.
[23] 4. Unstrittig ist das Dienstverhältnis des Kl vor dem 1.1.2017 begründet worden. Er hat weiters vor dem 31.12.2019 eine schriftliche Erklärung abgegeben, in das neue Gehaltsschema wechseln zu wollen. In diesem vom Klagevertreter übermittelten Schreiben wurde zwar ausgeführt, dass der Kl die Ansicht vertritt, Anspruch auf eine höhere Einstufung als in die vom Bekl zugrunde gelegte Modellstelle TNEX 2 zu haben, der Übertritt wurde aber nicht von einer höheren Einstufung abhängig gemacht. Die Erklärung erfolgte daher ohne Beifügung einer Bedingung. Es wurden in ihr nur die unterschiedlichen Rechtsstandpunkte über die zu erfolgende Einstufung dargestellt. Prinzipiell erfüllt daher der Kl die Voraussetzung für eine Einstufung in das neue Gehaltsschema.
[24] 5. Die Vorinstanzen sind jedoch ebenso wie die Bekl davon ausgegangen, dass ein Übertritt für DN mit Sondervertrag ausgeschlossen ist.
[25] 5.1. Dienstrechtsgesetze für öffentlich Bedienstete sind dadurch gekennzeichnet, dass sie für die Dienstverhältnisse zu bestimmten Körperschaften den wesentlichen Inhalt des Dienstvertrags zwingend, also weder durch KollV noch BV noch Einzelvertrag abdingbar, festlegen (RS0050823 [T1]). Die gesetzlichen Rechte und Pflichten von Vertragsbediensteten können daher nur unter den im Gesetz vorgesehenen Rahmenbedingungen geändert werden (RS0029331 [T3]). Die Entlohnung von Vertragsbediensteten hat grundsätzlich nach den jeweils geltenden einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen (8 ObA 43/12z), also nach den jeweils geltenden zwingenden Einstufungsund Entlohnungsvorschriften zu erfolgen (9 ObA 101/14i).
[26] 5.2. § 79 Abs 1 LBedG sieht vor, dass in Ausnahmefällen in Dienstverträgen Regelungen getroffen werden können, die von den Bestimmungen dieses Gesetzes abweichen. Solche Verträge sind als Sonderverträge zu bezeichnen.
[27] 5.3. Nach der Rsp zu § 36 VBG, einer § 79 LBedG vergleichbaren Bestimmung für Vertragsbedienstete des Bundes, eröffnet diese Gesetzesstelle zwar die Möglichkeit des Abgehens von Bestimmungen des VBG, doch ist diese Möglichkeit nur für einen Ausnahmefall gegeben. Diese Gesetzesstelle schafft keineswegs eine Generalklausel dafür, zwingende Entlohnungsvorschriften des Vertragsbedienstetengesetzes hinfällig zu machen, sondern die Möglichkeit, den Fällen gerecht zu werden, in denen die Bestimmungen des VBG den besonderen Umständen des Falls nicht entsprechen können, wobei in erster Linie die Vereinbarung eines besonderen Entgelts in Frage kommt (so schon 4 Ob 88/77). Es sollen nur jene Fälle erfasst sein, die infolge der besonderen Lage im Einzelfall nach den zwingenden Normen des VBG nicht ohne weiteres eingeordnet werden können und daher einer abweichenden Sonderregelung bedürfen (vgl RS0081680 [T10, T13]). Dieser Grundsatz muss nicht nur dafür gelten, ob in einem bestimmten Fall ein Sondervertrag überhaupt zulässig ist, sondern auch dafür, wie weit dieser von den Bestimmungen des VBG abgehen kann. Auch die Abweichung muss durch die Besonderheit des bestimmten Falls begründet sein und wird durch diese begrenzt (RS0081680 [T1]). Das Gesetz bietet keine Handhabe, in einem an und für sich „normalen“ Fall, in dem die Bestimmungen des VBG durchaus entsprechen und die Einstufungs- und Entlohnungsvorschriften dem Fall angemessen sind, einen aufgrund verlangter und erbrachter Dienstleistung den Bediensteten bereits erwachsenen Anspruch auf Einstufung in eine bestimmte Entlohnungsgruppe eines bestimmten Entlohnungsschemas des VBG auf den Umweg der Sonderverträge ganz oder zum Teil zu beseitigen (9 ObA 606/90 mwN). Die Betonung des Ausnahmecharakters im Gesetz sowie der zwingende Charakter der Einstufungsund Entlohnungsvorschriften des VBG verlangen eine strenge Auslegung, weil sonst zum Nachteil des Vertragsbediensteten diese Vorschriften sowie der Grundsatz, dass es für die Einstufung nicht auf die vereinbarte, sondern auf die tatsächlich geleisteten Dienste ankommt, auf dem Umweg über „Sonderverträge“ außer Wirksamkeit gesetzt werden könnten (9 ObA 155/07w mwN).
[28] 6. Mit dem Kl wurden wiederholt Vereinbarungen über ein höheres als im Gesetz vorgesehenes Entgelt getroffen, die als „Sonderverträge“ bezeichnet wurden. Unterstellt man die – vom Kl auch in der Revision noch vorsichtshalber bestrittene – Wirksamkeit dieser Sonderverträge, ist es richtig, wie die Vorinstanzen angenommen haben, dass damit die Anwendbarkeit des Entlohnungsschemas alt, also die vor Inkrafttreten der Besoldungsreform LGBl 96/2006 geltenden Besoldungsregelungen für die Dauer der Ausübung einer bestimmten Leitungsfunktion abbedungen wurden und für den Zeitraum der Ausübung der befristeten höherwertigen Verwendung der zusätzliche Entgeltanspruch gebührte (Ziehensack, VBG [33. Lfg] § 36 Rz 58 und Rz 135).
[29] 6.1. Daraus ist aber für den Standpunkt der Bekl entgegen der Ansicht der Vorinstanzen nichts zu gewinnen. § 81a LBedG stellt nicht darauf ab, ob die Vertragsbediensteten, denen eine Optionsmöglichkeit eingeräumt wird, den Besoldungsvorschriften alt unterliegen, sondern darauf, ob zu einem bestimmten Zeitpunkt ein Vertragsverhältnis zur Bekl bestand. Zwar wurde durch den Abschluss von Sonderverträgen bestimmten Bediensteten wie dem Kl für die Dauer einer höherwertigen Verwendung in einer Leitungsfunktion ein von den generellen Regelungen abweichendes, höheres Entgelt zugestanden, das stellt aber für sich allein keinen sachlichen Grund für den Ausschluss von einer Optionsmöglichkeit in ein neues Gehaltsschema dar. Im Regelfall werden Sonderverträge deshalb geschlossen, weil aufgrund der Art der Tätigkeit, der besonderen Nachfrage oder der üblichen, in privaten Arbeitsverhältnissen zu erzielenden Entgelte eine höhere Entlohnung angemessen erscheint. Bietet das neue Entlohnungsschema demgegenüber keine Anreize, wird es zu keiner Optionserklärung kommen. Hat der Bedienstete jedoch nach dem neuen Schema gegenüber dem Sondervertrag 404 finanzielle Vorteile, könnte ein Ausschluss von der Optionsmöglichkeit zur Folge haben, dass er schlechter gestellt wäre als vergleichbare DN ohne Sondervertrag. Allein der Umstand, dass ein solcher DN aufgrund des Sondervertrags in der Vergangenheit ein höheres Entgelt erzielt hat, rechtfertigt eine solche Schlechterstellung für die Zukunft nicht. Dem Vorbringen der Bekl lassen sich auch keine anderen Gründe entnehmen, die eine Schlechterstellung rechtfertigen könnten.
[30] 6.2. Das bedeutet, dass jedenfalls in Fällen wie dem des Kl, in denen der Sondervertrag für die Dauer einer höherwertigen Verwendung eine vom Gesetz abweichende Entgelthöhe regelt und keine sonstigen Sonderregelungen enthält, die eine Ausnahme rechtfertigen könnten, das Vorliegen des Sondervertrags keine Grundlage für einen Ausschluss von einer Optionsmöglichkeit in ein neues Gehaltsschema bietet.
[31] 7. Richtig ist zwar, wie vom Berufungsgericht ausgeführt, dass ein Sondervertrag nur durch Parteieneinigung zustande kommt und prinzipiell daher auch nur durch (formlose) Parteienvereinbarung abgeändert werden kann (9 ObA 32/01y; Ziehensack, VBG [33. Lfg] § 36 Rz 172). Von den zwingenden Bestimmungen abweichende Vereinbarungen in Sonderverträgen sind aber auch, wie bereits dargelegt, jeweils im einzelnen auf ihre Wirksamkeit zu prüfen, wobei es nicht zulässig ist, ohne besondere, durch die konkreten Umstände des Einzelfalls bedingte Gründe zwingende Bestimmungen zum Nachteil des Bediensteten abzudingen (vgl RS0081680 zu § 36 VBG). Liegen aber solche Gründe nicht vor, kann allein das Bestehen eines Sondervertrags kein ausreichendes Argument dafür darstellen, dass dem DN ein ihm vom Gesetz eingeräumtes Recht nicht zukommt.
[32] 8.1. Auch der Kl hat somit einen gesetzlichen Anspruch in das neue Besoldungsrecht zu optieren. Da er nach den Feststellungen eine entsprechende Erklärung fristgerecht abgegeben hat, steht ihm die Entlohnung nach diesen Bestimmungen zu.
[33] 8.2. Dazu, in welche Modellstufe der Kl einzustufen ist, hat das Erstgericht ausgehend von seiner vom OGH nicht geteilten Rechtsansicht keine Feststellungen getroffen. Daher kann über den geltend gemachten Anspruch derzeit noch nicht abschließend entschieden werden. Vielmehr waren die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen.
[34] Das Erstgericht wird im fortgesetzten Verfahren Feststellungen zur Tätigkeit des Kl zu treffen haben, die die Beurteilung der Einstufung nach dem neuen Gehaltsschema ermöglicht. [...]
In der vorliegenden E hatte sich der OGH damit auseinanderzusetzen, welches rechtliche Schicksal ein abgeschlossener Sondervertrag nach dem VBG nimmt, wenn zwischenzeitig ein neues – gesetzliches – Gehaltsschema geschaffen wird, dessen Anwendbarkeit jedoch von bestimmten Voraussetzungen abhängt, nämlich insb der Abgabe einer Optionserklärung. Dies eröffnet die Notwendigkeit, sich mit Definition und Wesen der sogenannten „Sonderverträge“ im öffentlichen Dienst auseinanderzusetzen.
Beim VBG handelt es sich um eine Kodifikation; es regelt den Vertragsinhalt, wodurch die Notwendigkeit des Ausverhandelns der Anstellungsverträge im Einzelfall entfällt (Ziehensack, VBG § 36 Rz 1). Nur im Wege des Sondervertrags gem § 36 VBG können VBG-Bestimmungen verdrängt werden und auch dann nur, wenn nicht „ius cogens“ vorliegt und sachliche Abweichungsgründe bestehen. Der Grundsatz, dass es für die Einstufung nicht auf die vereinbarte, sondern auf die tatsächlich geleisteten Dienste ankommt, kann auch auf dem Umweg über „Sonderverträge“ nicht außer Wirksamkeit gesetzt werden (OGH 27.11.1979, 4 Ob 115/79 =
[Waas]; OGH 23.6.1981, 4 Ob 58/81; OGH 27.9.2006, 9 ObA 49/06f; OGH 28.5.2015, 9 ObA 122/14b; OGH 23.2.2023, 8 ObA 7/23x [zu § 41 NÖ GVBG]; RS0008975).Ein Sondervertrag nach § 36 VBG liegt nur dann vor, wenn tatsächlich ein vom VBG abweichender Inhalt vereinbart wurde und das Zustandekommen dieses Vertrages durch die Zustimmung des Bundesministeriums für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (BMKoeS, früher BKA bzw BM für Finanzen [BMF] bzw während eines Zeitraumes sogar sowohl des BMF als auch des BKA; vgl OGH 31.8.1994, 8 ObA 223/94 = SZ 67/141; OGH 11.4.2001, 9 ObA 251/00b; OGH 28.5.2015, 9 ObA 122/14b; RS0029314) auch erst ermöglicht worden ist. Die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen für den Abschluss von Sonderverträgen stellen Schutzvorschriften zu Gunsten des öffentlich-rechtlichen DG dar (OGH 23.2.2023, 8 ObA 7/23x). Diese Schutzfunktion des § 36 VBG zugunsten des DG kann nicht ohne Weiteres dadurch umgangen werden, dass ein lediglich in Aussicht gestellter Sondervertrag ohne Genehmigung durch einen inhaltsgleichen schadenersatzrechtlichen Anspruch ersetzt wird (OGH 27.2.2019, 9 ObA 109/18x). Bei Sonderverträgen ist nicht nur der ausdrückliche Abschluss und die Bezeichnung als Sondervertrag Voraussetzung, sondern auch die Schriftlichkeit („Dienstverträge sind als Sonderverträge zu bezeichnen“) indiziert (OGH 24.2.2021, 9 ObA 119/20w; OGH 3.5.2021, 8 ObA 24/21v; OGH 28.7.2021, 9 ObA 24/21a; OGH 23.2.2023, 8 ObA 7/23x; RS0115297).
In Reaktion auf die Rsp (OGH 13.11.1962, 4 Ob 115/62; OGH 8.10.1963, 4 Ob 101/63; RS0081691), wonach eine generelle Genehmigung bestimmter Sonderregelungen durch das BKA (nunmehr BMKoeS) nicht die Genehmigung des einzelnen Dienstvertrages ersetzte und einer Gesetzesänderung gleichkäme, erfolgte die entsprechende Novellierung: Gem § 36 Abs 2 VBG kann der/die Bundesminister/in für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport bei Bedarf verbindliche Richtlinien für die einheitliche Gestaltung bestimmter Arten von Sonderverträgen festlegen und hierfür auch 405 generelle (Abschluss-)Genehmigungen erteilen. Dies geschah auch, etwa durch Schaffung des ADV-Sondervertragsschemas zur erleichterten Rekrutierung von EDV-Sonderfachkräften und Abdeckung des dahingehenden Personalbedarfs des Bundes, der mit den gewöhnlichen Entlohnungsschemata nicht (mehr) befriedigt werden konnte.
Negative Voraussetzung für einen Übertritt in das neue Besoldungssystem stellt es nach dem tir LBedG dar, dass der Übertrittserklärung keine Bedingung beigefügt werden darf. Diese Hürde musste durch den VB/S („Vertragsbediensteten mit Sondervertrag“) genommen werden, wobei sich die Situation durchaus schwierig erwiesen hatte: Es bestanden nämlich Differenzen zwischen der DG- und DN-Seite. Während die Personalstelle von einer niedrigeren Entlohnungsstufe („TNEX 2“) ausging, erachtete der DN eine höhere („TNEX 5“) für rechtlich zustehend. In dieser Situation wäre es für den VB riskant gewesen, das neue Vertragspapier mit der aus seiner Sicht unrichtigen Einstufung („TNEX 5“) zu unterfertigen bzw im Zuge der Ausübung des Optionsrechtes (Optierung in das neue Gehaltsschema) diesen Punkt nicht anzusprechen. Andernfalls wäre wohl vom DG bzw dessen Rechtsvertretung damit argumentiert worden, dass „völlig freiwillig und ohne Zwang rechtsgeschäftlich die entsprechende Einstufungsvereinbarung“
zustande gekommen sein würde. Um dies zu vermeiden, hatte sich der DN dazu entschlossen, den neuen Vertrag (noch) nicht zu unterfertigen (um die Unterwerfung unter die „Fehleinstufung“ zu vermeiden) und seinen abweichenden Rechtsstandpunkt über die „richtige“ Einstufung (nämlich in „TNEX 5“) schriftlich gegenüber dem AG zu kommunizieren, und zwar iVm der ausgeübten Optionserklärung.
Nun wäre zwar denkbar gewesen, diesen abweichenden Rechtsstandpunkt auch davor und/oder danach schriftlich zu deponieren, um eine Festhaltung im Schreiben an den DG betreffend die Optionserklärung in das neue Gehaltsschema zu vermeiden, doch wurde diesbezüglich offenbar befürchtet, dass dann aus einer derartigen („nackten“) Überleitungserklärung von der Personalstelle unzutreffende rechtliche Schlüsse über eine Zustimmung des VB zur unzutreffenden Einstufung abgeleitet werden könnten und sich diese Argumentation im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht mehr widerlegen lassen würde. Damit wurde aber die Problematik eröffnet, dass darin eine Bedingung für die Optionsausübung erblickt werden mag. In zahlreichen Überleitungsbestimmungen wird für Überleitungserklärungen in neue Gehaltsschemata nämlich idR die Negativ-Voraussetzung bestimmt, dass diese unter keinen Bedingungen ausgesprochen werden dürfen. Andernfalls wären nämlich Rechts- und Bestandsicherheit gefährdet und unnötige Streitigkeiten über das Ob und Wie der Anwendbarkeit neuer Gehaltsschemata auf Alt-DN nicht ausgeschlossen bzw hintangehalten.
Diesbezüglich gelangte allerdings der OGH zu einer ebenso „salomonischen“ wie überzeugenden Lösung: Im Optionsausübungs- bzw Gehaltsschemaübertrittsschreiben wurde zwar ausgeführt, dass der VB die Ansicht vertritt, Anspruch auf eine höhere Einstufung als in die vom Bekl zugrunde gelegte Modellstelle TNEX 2 zu haben, der Übertritt wurde aber nicht von einer höheren Einstufung abhängig gemacht. Die Erklärung erfolgte daher ohne Beifügung einer Bedingung. Es wurden in ihr nur die unterschiedlichen Rechtsstandpunkte über die zu erfolgende Einstufung dargestellt. Daher konnte also die Überleitung in das neue Gehaltsschema nicht an der wegen einer angeblichen Bedingungsbeifügung unwirksamen Optionserklärung scheitern. Letztere erwies sich als sehr wohl wirksam, die Vorgangsweise der Rechtsvertretung des AN als lege artis und in höchstem Ausmaß erfolgreich und zweckmäßig.
Der OGH betonte, dass der Landesgesetzgeber den Sachverhalt jedenfalls nicht explizit geregelt hatte, welche Rechtsfolgen eintreten sollen, wenn es sich um VB handelt, welche nicht aus dem gewöhnlichen VBG-Gehaltsschema, sondern aus dem Status eines abgeschlossenen Sondervertrages das erwähnte Optionsrecht ausüben wollen. Hier bieten sich zwei Lösungen an, welche eine diametrale Gegensätzlichkeit aufweisen: Der eine Ansatz, der von den beiden Unterinstanzen gewählt worden ist, allerdings vom OGH verworfen worden war, besteht darin, in der gesetzlichen Regelung ein „beredtes Schweigen“ des Gesetzgebers zu erkennen und bei Sonderverträgen die Ausübung des Optionsrechtes zu verwehren. Dann bleibt alles beim alten Regelungsregime des Sondervertrages.
Der von der Klagsseite verfolgte Ansatz, den der OGH auch für berechtigt erachtet, besteht demgegenüber darin, auch InhaberInnen von Sonderverträgen die Optionsmöglichkeit nicht zu verwehren. Das Höchstgericht arbeitete heraus, dass jeweils unterschiedliche Gründe für den Abschluss von Sonderverträgen bestehen. Zumeist geht es darum, dass andernfalls Dienst- und Arbeitsleistungen von SpezialistInnen für den öffentlichen Dienst zu den angebotenen „Normaltarifen“ (nämlich den Gehaltsansätzen nach dem VBG des Bundes bzw jenem der Länder, Städte und Gemeinden) nicht zugekauft werden könnten, da eben ein höherer Markt- bzw Verkehrswert besteht. Ähnlich wie bei Regulierungsversuchen am Strompreismarkt muss zur Kenntnis genommen werden, dass der nationale Gesetzgeber ebenso wie die Regelungsbemühungen der EU die Marktgesetze nicht aushebeln können. Wenn nämlich AnbieterInnen anderswo höhere Preise erzielen können, werden sie versuchen, eben dies zu tun und nicht zu geringeren, rechtlich regulierten Preisen ihre Energie- oder sonstigen Leistungen bzw Produkte anzubieten.
Wenn bei Sonderverträgen nun eine Abweichungsnotwendigkeit gesehen wurde, insb was die Honorierung der Dienstleistungen der VB betrifft, darf nicht durch die Schaffung eines neuen Gehalts- 406 schemas ohne Übergangsbestimmungen einseitig in dieses besonders ausverhandelte Entgeltverhältnis eingegriffen werden. Dies ergibt sich aus dem (arbeitsrechtlichen) Gleichheitsgebot: Diese zunächst gerade für DG des öffentlichen Rechts entwickelte Gleichbehandlungspflicht schränkt zwar das Ermessen des DG grundsätzlich nicht ein, verwehrt ihm aber insb, die von ihm selbst zugrundegelegten Kriterien im Einzelfall willkürlich und ohne sachlichen Grund zu verlassen und einzelnen DN das vorzuenthalten, was er den anderen zubilligt (OGH 19.12.1990, 9 ObA 236/90 = SZ 63/228 zur Vordienstzeitenanrechnung; allgemein auch zu anderen Aspekten RS0060204). Der betriebliche Gleichbehandlungsgrundsatz gilt auch für VB (OGH 2.3.2007, 9 ObA 21/06p). Einem derartigen einseitigen Eingriff käme es aber gleich, wenn zwar für die Vergangenheit das Regime des Sondervertrages Anerkennung findet, für die Zukunft aber den InhaberInnen von Sonderverträgen die dynamische Weiterentwicklung ihrer Bezüge verwehrt wird.
In der E arbeitete der OGH heraus, dass Sonderverträge eine Vertrags- und Abwicklungsform darstellen, welche den besonderen Bedürfnissen des Einzelfalles gerecht werden soll. Für gewöhnlich kann mit den gesetzlichen Bestimmungen des VBG des Bundes bzw der Bundesländer, Städte und Gemeinden das Auslangen gefunden werden. In besonderen Konstellationen bedarf es jedoch verschiedener Abweichungen. Um hier eine Ausdünnung der öffentlichen Kassen zu verhindern, gibt es etwa im Bereich des Bundes besondere Vorschriften hinsichtlich des Zustandekommens. Gleichzeitig bietet aber auch das Institut des Sondervertrages nicht die Möglichkeit, in diesem Wege zum Nachteil von VB von den gesetzlichen Bestimmungen abweichen zu können. Letztere dienen nämlich dem beiderseitigen Schutz, den Bediensteten nämlich vor der Benachteiligung gegenüber anderen und als Quasi-KollV im öffentlichen Dienst (in der benachbarten BRD etwa besteht für den öffentlichen Dienst ein eigener Tarifvertrag, nämlich der Tarifvertrag öffentlicher Dienst [TVöD], sohin also ein KollV), hinsichtlich der Gebietskörperschaft wiederum vor der Gefahr des Missbrauches durch Selbstbedienung bzw zu hohe Ausschüttungen.
Sonderverträge werden regelmäßig befristet abgeschlossen. Oft geht es nämlich nur um die Deckung eines vorübergehenden Bedarfes. Die öffentlichen Kassen sollen davor geschützt werden, dass teure SpezialistInnen zu einer zu langwährenden Budgetbelastung werden. Damit in Widerspruch stehen jedoch Gepflogenheiten, wonach bei bestimmten Dienstverwendungen sogar eigene Gehaltsschemata geschaffen wurden, wie etwa im Bereich des Bundes bei den EDV-SpezialistInnen. Hier besteht das eigene ADV-Sondervertragsschema. Dieses lässt erkennen, dass in der Praxis Sonderverträge auch auf längere Zeit, ja sogar geplanterweise bis zum Übertritt in den Ruhestand der SpezialistInnen, ausgelegt worden sind. In einer derartigen Situation wäre es nicht angemessen, sondern sogar unfair, bei Schaffung neuer Entlohnungsbestimmungen, wie etwa im vorliegenden Fall durch die Regelung neuer Gehaltsschemata, den InhaberInnen von Sonderverträgen ein Optionsrecht zu verwehren, welches den übrigen Bediensteten sehr wohl freigestellt wurde.
§ 36 VBG gestattet es keineswegs, zwingende Einstufungsvorschriften und Entlohnungsvorschriften des VBG hinfällig zu machen (OGH 28.5.2015, 9 ObA 122/14b; OGH 25.10.2019, 8 ObA 51/19m; OGH 19.12.2022, 9 ObA 112/22v; RS0081680). In einem an und für sich normalen Fall, in welchem die Bestimmungen des VBG durchaus entsprechend und die Einstufungs- und Entlohnungsvorschriften dem Fall angemessen sind, darf nicht ein auf Grund verlangter und erbrachter Dienstverrichtungen dem Bediensteten bereits erwachsener Anspruch auf Einstufung in eine bestimmte Entlohnungsgruppe eines bestimmten Entlohnungsschemas des VBG auf dem Umweg über zusätzliche „Sonderverträge“ ganz oder zum Teil beseitigt werden (RS0081680). Diese Gerechtigkeits- und Billigkeitserwägungen wurden auch in der vorliegenden E mitbedacht. Der OGH setzte damit seine Judikatur(linie) fort, wonach der „Gleichbehandlungsgrundsatz“ auch bei Sondervereinbarungen nach § 36 VBG angewendet werden kann und muss: Wenn die Republik Österreich alle DN gleicher Kategorie gleich behandelt, einen einzelnen aber ohne sachlichen Grund von dieser Behandlung ausnimmt und ein solches Verhalten gegen die guten Sitten verstößt, gibt dies dem einzelnen DN den Anspruch auf einen gleicherweise erhöhten Lohn wie bei den anderen DN (OGH 29.11.2013, 8 ObA 36/13x; OGH 29.10.2014, 9 ObA 89/14z; OGH 27.11.2014, 9 ObA 101/14i; OGH 28.5.2015, 9 ObA 122/14b; RS0031488).
Wenngleich für Sonderverträge besondere Regeln gelten, erscheint es begrüßenswert, dass der OGH in der vorliegenden Rechtssache das Bild des größeren Ganzen im Auge behalten und nicht formal reduziert InhaberInnen von Sonderverträgen von der Optionsmöglichkeit ausgeschlossen hatte. Die überzeugenderen Gründe sprechen nämlich tatsächlich dafür, dass es andernfalls zu einer Benachteiligung der InhaberInnen von Sonderverträgen gekommen wäre. Insoweit erkannte der OGH daher einen Korrekturbedarf und hat diesen entsprechend und überaus überzeugend zur Darstellung gebracht. 407