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Unterschiedliche Rechtsansicht des Arbeitgebers stellt noch kein Mobbing/Bossing dar

ANDREASWELLENZOHN
§ 88 Abs 2 NÖ Landes- BedienstetenG; § 2 NÖ Vater-KarenzurlaubsG 2000, NÖ GlBG, NÖ Antidiskriminierungsgesetz; § 1 Abs 2 VKG

Das Dienstverhältnis des Kl unterlag den Bestimmungen des NÖ Landes-Bedienstetengesetzes. In Bezug auf die Ausgestaltung einer allfälligen Elternteilzeitbeschäftigung des Kl vertraten die Parteien unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich der anzuwendenden Rechtsgrundlage. In Frage kamen das VKG oder das NÖ Vater-KarenzurlaubsG 2000. Mit Schreiben vom 26.11.2018 wurde das Dienstverhältnis des Kl mit der Begründung von wiederholtem unentschuldigtem Fernbleiben vom Dienst gem § 88 Abs 2 NÖ Landes-BedienstetenG zum 28.2.2019 gekündigt. Die Vorinstanzen erachteten die Kündigung in einem vorausgehenden Verfahren für rechtswirksam. Der OGH wies die dagegen erhobene außerordentliche Revision zurück.

Mit einer weiteren Klage machte der Kl Ansprüche aufgrund Diskriminierung und Mobbing seitens seiner Vorgesetzten geltend.

Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab. Der OGH wies die dagegen erhobene außerordentliche Revision des Kl mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurück und führte aus:

Die Beurteilung, ob Auseinandersetzungen zwischen Mitarbeitern am Arbeitsplatz ein „Mobbing“ zugrunde liegt, das den DG aufgrund seiner Fürsorgepflicht zu Gegenmaßnahmen verpflichtet, hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab. Ebenso hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, ob Auseinandersetzungen zwischen Vorgesetzten und Untergebenen als „Bossing“ zu qualifizieren sind. Eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts, das das Vorliegen von Mobbing/Bossing verneinte, vermag der Kl nicht aufzuzeigen.

Wenn der Kl davon ausgeht, dass er herabwürdigend behandelt worden sei, lässt sich aus den Feststellungen nicht ableiten. Dass die in einem emotional geführten Gespräch einmalige unangemessene verbale Äußerung der unmittelbaren Vorgesetzten, die nicht als leitende Angestellte einzustufen ist, von den Vorinstanzen nicht als systematisches, prozesshaftes Geschehen beurteilt wurde, ist nicht zu beanstanden.

Soweit der Kl die Nichtgewährung der von ihm beanspruchten Teilzeitvereinbarung als Mobbing/Bossing qualifiziert, übergeht er, dass allein der Umstand, dass der AG eine andere Rechtsansicht über einzelne aus dem Arbeitsverhältnis resultierende Ansprüche hat als der AN, noch kein Bossing darstellt. Nach den Feststellungen war man von Seiten der Bekl trotz unterschiedlicher Rechtsauffassung ohnehin bemüht, in Gesprächen einen für alle annehmbaren Kompromiss zu finden. Dass dabei eine einseitig vom Kl vorgenommene Reduktion seiner Arbeitszeit nicht akzeptiert wurde, stellt keinen Grund dar, das Verhalten des AG als „Bossing“ zu qualifizieren.

Wenn daher die Vorinstanzen Schadenersatzansprüche aus Verletzung der Fürsorgepflicht und „Bossing“ verneint haben, hält sich diese Beurteilung ausgehend vom festgestellten Sachverhalt im Rahmen des gesetzlich eingeräumten Ermessensspielraums.

In der Revision wird nicht bestritten, dass der Kl mangels Vorliegens der dafür normierten Voraussetzungen 27 keinen Rechtsanspruch auf Teilzeitbeschäftigung nach dem NÖ Vater-KarenzurlaubsG 2000 hat. Auch bringt der Kl nicht vor, in den Anwendungsbereich des VKG zu fallen. Er behauptet jedoch eine geschlechtliche Diskriminierung, weil er schlechter gestellt sei als Frauen, auf die das MSchG anzuwenden sei.

Bereits im Vorverfahren (OGH 28.9.2021, 9 ObA 77/21w) wurde darauf hingewiesen, dass die Differenzierung, dass beim Land beschäftigte Mütter unter Umständen eine Elternteilzeit nach dem MSchG in Anspruch nehmen können, in den unterschiedlichen – auch kompetenzrechtlich bedingten (Art 21 Abs 2 B-VG) – Geltungsbereichen der Normen angelegt ist (siehe § 1 Abs 2 MSchG; § 1 Abs 2 VKG; § 2 NÖ VKUG 2000). Ausführungen dazu, warum das Dienstverhältnis des Kl – wäre er eine Frau – in den Schutzbereich des MSchG fallen würde, enthält die Revision nicht.

Darüber hinaus stützte der Kl seine Ansprüche aus Diskriminierung, soweit sie nicht aus „Bossing“ abgeleitet werden, auf das NÖ GlBG und das NÖ Antidiskriminierungsgesetz. Die Vorinstanzen sind davon ausgegangen, dass solche Ansprüche jedenfalls verjährt wären. Mit der Frage einer Verjährung von Ansprüchen nach dem NÖ GlBG setzt sich die Revision nicht näher auseinander, weshalb darauf nicht weiter einzugehen ist. Hinsichtlich des NÖ Antidiskriminierungsgesetzes macht der Kl nur geltend, dass die Vorinstanzen zu Unrecht nicht von einer dreijährigen Verjährungsfrist ausgegangen seien. Allerdings zeigt die Revision nicht auf, aufgrund welcher Umstände selbst bei Zugrundelegung dieser Frist, die Klage als fristgerecht erhoben anzusehen wäre, vielmehr wird nur pauschal auf die getroffenen Feststellungen verwiesen. Nach diesen ist aber der Kl bereits mehr als drei Jahre vor Klagseinbringung von einer Diskriminierung als Mann und Vater durch die Bekl ausgegangen. Wodurch und für welchen Zeitraum es zu einer Unterbrechung oder Verlängerung der Frist gekommen wäre, lässt sich der Revision nicht entnehmen und auch aus den Feststellungen nicht ohne weiteres ableiten.

Insgesamt gelingt es dem Kl nicht, das Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen. Die außerordentliche Revision des Kl war daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen.