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Straftatbestand der Falschmeldung geht in jenem der Nichtmeldung auf – daher keine Doppelbestrafung

KRISZTINAJUHASZ

Bei der Kontrolle einer Baustelle der HS GmbH durch Organe des Finanzamtes wurden insgesamt 3 DN angetroffen, die mit Abbrucharbeiten beschäftigt und nicht vor Arbeitsantritt zur SV angemeldet worden waren. Es bestand zudem beim DN F der Verdacht einer Falschmeldung, weil nach Kontrollbeginn eine ELDA-(elektronische Datenaustausch-)Meldung erfolgte, allerdings mit Beschäftigung ab 13.11.2020, obwohl der DN F bereits seit 2.11.2020 gearbeitet hatte. Mit Straferkenntnissen bestrafte die Bezirkshauptmannschaft (im Folgenden: belangte Behörde) die zur Vertretung nach außen Berufenen der HS GmbH gem § 111 iVm § 33 Abs 1 ASVG, weil sie es zu verantworten hätten, die auf der Baustelle beschäftigten DN beim zuständigen Krankenversicherungsträger vor Arbeitsantritt anzumelden. Es wurde daher jeweils eine Geldstrafe verhängt. Diese Straferkenntnisse wurden rechtskräftig.

Mit weiteren Bescheiden vom selben Tag stellte die belangte Behörde die Verwaltungsstrafverfahren im Hinblick auf den Vorwurf der Falschmeldung des DN F ein. In der Begründung führte sie aus, dass es strafbar sei, wenn ein DN beschäftigt werde, ohne ihn vor Arbeitsantritt gem § 33 Abs 1 ASVG zur SV gemeldet zu haben, sowie wenn eine verspätete Meldung einen falschen Inhalt habe. Im Fall einer verspäteten Meldung, die aufgrund einer Beschäftigungskontrolle erfolgt sei und in welcher nicht der korrekte Beschäftigungsbeginn gemeldet werde, sei aber der Unrechtsgehalt bereits im Vorwurf einer Beschäftigung ohne Anmeldung bzw einer verspäteten Anmeldung mit umfasst. Gegen diese Einstellungsbescheide erhob das Amt für Betrugsbekämpfung Beschwerden.

Das BVwG verband die Beschwerdeverfahren zur gemeinsamen Entscheidung, gab den Beschwerden mit dem angefochtenen Erkenntnis Folge und änderte die Bescheide der belangten Behörde ab. Gleichzeitig erklärte das Verwaltungsgericht die Revision für zulässig, weil noch keine Judikatur zur Frage vorliege, ob eine Bestrafung wegen der Nichtanmeldung eines DN zur Pflichtversicherung (§ 111 Abs 1 Z 1 erster Fall ASVG) den Tatbestand einer falschen Anmeldung zur Pflichtversicherung (§ 111 Abs 1 Z 1 zweiter Fall leg cit) konsumiere.

Die ordentlichen Revisionen waren zulässig und berechtigt.

Strafbar ist nach § 111 Abs 1 Z 1 ASVG sowohl das Nicht-Erstatten einer gebotenen Anmeldung oder Anzeige (erster Fall) als auch das Erstatten einer falschen Anmeldung oder Anzeige (zweiter Fall) und das nicht rechtzeitige Erstatten einer Anmeldung oder Anzeige (dritter Fall).

Der VwGH hat bereits festgehalten, dass es im Falle einer Scheinkonkurrenz – also wenn der gesamte 41Unrechtsgehalt eines Delikts von jenem eines anderen, ebenfalls verwirklichten in jeder Beziehung mit umfasst ist – unzulässig ist, dem Täter ein und denselben Unwert mehrmals zuzurechnen. Der Begriff „Scheinkonkurrenz“ bringt zum Ausdruck, dass in Wahrheit keine Konkurrenz von Strafbestimmungen vorliegt, sondern eben nur eine Bestimmung, nach der bestraft werden kann. Zu den Fällen der Scheinkonkurrenz zählen die Subsidiarität, die Spezialität und die Konsumtion. Konsumtion liegt vor, wenn die wertabwägende Auslegung der formal erfüllten zwei Tatbestände zeigt, dass durch die Unterstellung der Tat(en) unter den einen der deliktische Gesamtunwert des zu beurteilenden Sachverhalts bereits für sich allein abgegolten ist.

Eine meldepflichtige Person, die einen DN an einem erst nach dem tatsächlichen Arbeitsantritt gelegenen Tag zur Pflichtversicherung anmeldet, verwirklicht nach § 111 Abs 1 Z 1 ASVG formal sowohl den Tatbestand der „nicht rechtzeitigen“ Anmeldung (dritter Fall) als auch der „falschen“ Anmeldung (zweiter Fall). Beschränkt sich in einer solchen Situation der Vorwurf der „falschen“ Anmeldung ausschließlich darauf, dass der in der nachgeholten Anmeldung angegebene Zeitpunkt des Arbeitsantritts nicht dem Tag des tatsächlichen Arbeitsantritts, sondern dem Tag der Betretung entspricht, wohnt diesem Vorwurf kein Unrechtsgehalt inne, der über jenen der bis zum Tag der Betretung unterlassenen Anmeldung hinausgeht. In einem solchen Fall ergibt sich aus den konkreten Umständen des Tatgeschehens ein Zurücktreten des Tatbestands nach § 111 Abs 1 Z 1 ASVG (zweiter Fall) gegenüber dem Tatbestand des dritten Falles. Erfolgte bereits eine Bestrafung wegen der nicht erfolgten Anmeldung, verbleibt für eine Bestrafung dafür, dass der Meldepflichtige die nachgeholte Anmeldung nicht zum Tag des tatsächlichen Arbeitsantritts, sondern zum Tag der Betretung erstattet hat, kein Raum.

Das Erkenntnis wurde daher wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.