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Anspruch auf Aufwandersatz für Arbeiten im Homeoffice

GREGORKALTSCHMID

Grundsätzlich hat der AG die für die Erbringung der Arbeitsleistung erforderlichen Arbeitsmittel bereitzustellen. Stellt der AN selbst Betriebsmittel zur Verfügung, hat er für diesen Aufwand gem § 1014 ABGB einen (Aufwand-)Ersatzanspruch gegen den AG. Für diesen Anspruch ist charakteristisch, dass eine Leistung des AG nicht für die Bereitstellung der Arbeitskraft, sondern zur Abdeckung eines mit der Arbeitsleistung zusammenhängenden finanziellen Aufwands des AN erbracht wird.

Aufwandersatz ist kein Entgelt und daher bei der Entgeltfortzahlungspflicht im Krankheitsfall nicht zu berücksichtigen.

Sachverhalt

Die Kl ist seit 2006 als Angestellte bei der Bekl beschäftigt. Seit dem 16.3.2020 arbeitete die Kl über Anweisung der Bekl von zu Hause aus, dies zunächst vorübergehend für die Zeit des „Lockdowns“. Aufgrund konzernweiter Vorgaben musste die Bekl den Standort in W* schließen. In einer online durchgeführten Besprechung im April 2020 wurde sämtlichen AN mitgeteilt, dass sie von nun an dauerhaft im Homeoffice arbeiten müssen. Die Bekl stellte der Kl für die Tätigkeit im Homeoffice einen Laptop, ein Firmenhandy und einen Bürosessel zur Verfügung. Die Kl arbeitete vom 16.3.2020 bis 15.8.2021 7 durchgehend im Homeoffice, sie erhielt dafür bisher keinen Aufwandersatz. Seit 15.8.2021 befindet sich die Kl im Krankenstand. Die Bekl bot (auch) der Kl den Abschluss einer „Work from Home“-Vereinbarung mit Zahlung eines monatlichen Aufwandersatzes von € 250,- brutto für das dauerhafte Arbeiten im Homeoffice an. Die Kl nahm dieses Angebot nicht an und teilte dem Geschäftsführer der Bekl mit, dass für sie aufgrund ihrer häuslichen Gegebenheiten eine dauerhafte Arbeit im Homeoffice nicht möglich sei.

Verfahren und Entscheidung

Die Kl begehrt nach Ausdehnung die Zahlung von € 5.000,- netto. Sie begehrt weiters die Feststellung, dass sie nicht verpflichtet sei, ihre privaten Wohnräumlichkeiten für die Bekl zur Verfügung zu stellen und dort Arbeitsleistungen für die Bekl zu verrichten.

Die Bekl wandte ua ein, dass der Kl kein vertraglicher Anspruch auf Aufwandersatz zustehe, weil sie die entsprechende Vereinbarung nicht unterzeichnet habe. Seit 15.8.2021 befinde sich die Kl im Krankenstand und verrichte keine Homeoffice-Tätigkeiten, sodass ihr kein Anspruch auf Aufwandersatz zustehe.

Das Erstgericht gab dem Leistungsbegehren mit € 2.092,50 netto sA sowie dem Feststellungsbegehren statt.

Das nur von der Kl angerufene Berufungsgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, dass es der Kl € 2.227,50 sA zuerkannte und das Mehrbegehren von € 2.772,50 sA abwies. Es ließ die Revision zu.

Der OGH erachtete die Revision für nicht zulässig.

Originalzitate aus der Entscheidung

„[…]

[11] 1.1 Grundsätzlich hat der Arbeitgeber die für die Erbringung der Arbeitsleistung erforderlichen Arbeitsmittel.

[12] 1.2 Stellt der Arbeitnehmer selbst Betriebsmittel zur Verfügung, hat er für diesen Aufwand gemäß § 1014 ABGB einen (Aufwand-)Ersatzanspruch gegen den Arbeitgeber.

[13] 1.3 Für diesen Anspruch ist charakteristisch, dass eine Leistung des Arbeitgebers nicht für die Bereitstellung der Arbeitskraft, sondern zur Abdeckung eines mit der Arbeitsleistung zusammenhängenden finanziellen Aufwands des Arbeitnehmers erbracht wird. Er dient grundsätzlich dazu, dem Arbeitnehmer einen durch das Arbeitsverhältnis tatsächlich verursachten Mehraufwand auszugleichen.

[14] 1.4 Die Vorinstanzen sind ohnedies davon ausgegangen, dass beim Homeoffice der Aufwandersatz nicht allein auf die durch das Homeoffice verursachten Mehrkosten beschränkt ist, sondern auch anteilige Strom- und Heizkosten sowie einen Anteil an der Miete umfasst.

[…]

[17] 2.3 Die Revisionswerberin übergeht mit ihrer Argumentation, das Berufungsgericht lasse die anteilige Miete für Bad und WC samt Instandhaltungs- und Reinigungsaufwand außer Acht, dass sie ein Vorbringen zu der von ihr tatsächlich zu bezahlenden Miete nicht erstattet hat (worauf schon das Berufungsgericht hingewiesen hat). Sie stellt auch in der Revision eine Berechnung ausgehend von einem „durchschnittlichen“ Mietpreis für eine Wohnung in ihrem Wohnbezirk „inkl. Betriebskosten“ an und setzt sich nicht mit der Argumentation des Berufungsgerichts auseinander, dass bei Heranziehung eines Bruttomietzinses nicht zusätzlich (noch einmal) Betriebskosten herangezogen werden können. Die in diesem Zusammenhang behaupteten Mängel des Berufungsverfahrens, es fehlten konkrete Feststellungen zu den der Kl konkret auflaufenden Kosten, das Berufungsgericht habe Zahlen „verwendet“, die weder festgestellt noch vorgebracht worden seien, liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Der behauptete Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens wegen Nichteinholung eines Sachverständigengutachtens für Immobilienbewertung wurde in der Berufung nicht geltend gemacht und kann daher in der Revision nicht nachgetragen werden.

[18] 3.1 Der Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass der der Kl gebührende Aufwandersatz entsprechend der vereinbarten Arbeitszeit von 30 Stunden pro Woche zu aliquotieren sei, begegnet die Kl in ihrer Revision mit den Argumenten, sie habe vor Beginn des Lockdowns ein Büro ohne zeitliche Einschränkung zur Verfügung gehabt, sie habe darüber hinaus unabhängig von ihrem Stundenausmaß einen Homeofficebereich für den hier gegenständlichen Zeitraum einzurichten und aufrecht zu erhalten gehabt. Abgesehen davon, dass diese Behauptungen in den oben wiedergegebenen Feststellungen nur teilweise Deckung finden, wird damit keine Unrichtigkeit der Rechtsansicht des Berufungsgerichts aufgezeigt. Auch die weitere Behauptung der Kl, das „provisorisch“ gestaltete Büro im Wohnzimmer sei „dauerhaft eingerichtet“, findet im festgestellten Sachverhalt keine Grundlage, sodass die Revision insofern nicht gesetzmäßig ausgeführt ist.

[19] 3.2 Eine Benachteiligung hinsichtlich der Entgelt- und Arbeitsbedingungen – die § 19d Abs 6 AZG grundsätzlich erfasst – hat die Kl nicht behauptet, sodass sie auch mit ihrem Hinweis auf diese Bestimmung keine Unrichtigkeit der Rechtsansicht des Berufungsgerichts aufzeigt.

[20] 4. Aufwandersatz ist kein Entgelt und daher bei der Entgeltfortzahlungspflicht im Krankheitsfall nicht zu berücksichtigen. Die Frage, inwieweit Aufwandsentschädigungen während der Krankheit weiterlaufen, ist der Regelung durch Kollektivvertrag 8 oder Arbeitsvertrag vorbehalten. Darauf, dass in dem auf ihr Dienstverhältnis zur Anwendung gelangenden Kollektivvertrag (für Angestellte in der automatischen Datenverarbeitung und Informationstechnik) ein Anspruch auf Aufwandersatz des Arbeitnehmers für Homeoffice im Krankheitsfall vorgesehen wäre, beruft sich die Kl nicht. Zutreffend hat das Berufungsgericht daher einen Aufwandersatzanspruch ab Beginn ihres Krankenstands im konkreten Fall verneint. Zwar mussten auch während des Krankenstands Miete und Betriebskosten weiter bezahlt werden, nach den Feststellungen konnte das Wohnzimmer aber außerhalb der Arbeitstätigkeit der Kl von deren Familie privat genutzt werden. Dass die private Nutzung des Wohnzimmers beeinträchtigt gewesen wäre, weil sich dort auch während des Krankenstands Arbeitsunterlagen und Arbeitsgeräte (Laptop; Firmenhandy) der Kl befunden hätten, wurde nicht vorgebracht und steht nicht fest, sodass auch der in diesem Zusammenhang geltend gemachte Mangel des Berufungsverfahrens nicht vorliegt.

[21] 5. Die Kl hat ihr Klagebegehren im Verfahren erster Instanz weiters auf Schadenersatz mit der Begründung gestützt, die Benützung ihres Wohnzimmers als Wohnraum sei infolge der Homeoffice-Nutzung nicht möglich gewesen. Das Erstgericht hat einen Schadenersatzanspruch nicht bejaht. In der Berufung wurde die Anspruchsgrundlage des Schadenersatzes nicht thematisiert, sodass bereits das Berufungsgericht diese Anspruchsgrundlage nicht mehr zu prüfen hatte. Für die Überprüfung der Berufungsentscheidung kann nichts anderes gelten, sodass auf den in der Revision behaupteten Schadenersatzanspruch wegen sittenwidriger Überwälzung des Arbeitgeberrisikos nicht einzugehen ist.

[22] 6.1 Soweit die Revisionswerberin an der Rechtsansicht festhält, § 1041 ABGB könne ihr zur Bemessung eines höheren Aufwandersatzes verhelfen, weil beim Verwendungsanspruch zu berücksichtigen sei, welchen Aufwand an Büroraummiete und Infrastrukturkosten sich der Arbeitgeber erspart habe, ist auf die Ausführungen des Berufungsgerichts zu verweisen, wonach § 1041 ABGB nur ergänzende Funktion hat. Er ist im zweipersonalen Verhältnis dann nicht anzuwenden, wenn eine Leistung zur Bereicherung geführt hat, weil in diesem Fall die Bestimmungen über die Leistungskondiktionen nach den §§ 1431 ff ABGB als leges speciales eingreifen. Mit diesem Argument setzt sich die Revisionswerberin nicht auseinander.

[23] 6.2 Auf einen Anspruch auf Bereicherung hat sich die Kl zwar im Verfahren erster Instanz gestützt. In der Berufung – und ebenso in der Revision – hat sie aber neben der Anspruchsgrundlage des § 1014 ABGB (Aufwandersatz) ausschließlich einen Verwendungsanspruch gemäß § 1041 ABGB geltend gemacht, sodass schon aus diesem Grund auf die Frage eines allfälligen Leistungskondiktionsanspruchs nicht weiter einzugehen ist.

[…]“

Erläuterung

Im vorliegenden Verfahren wurden einige Fragen rund um das Thema „Homeoffice“ geklärt. Wenn auch nicht alle.

Zunächst wurde – zwar nicht vom OGH, sondern vom Erstgericht – rechtskräftig festgestellt, dass es keine Verpflichtung der Kl zur Arbeitsleistung im Homeoffice gab. Die Kl hatte eine dementsprechende und von der Bekl gewünschte Vereinbarung nicht unterfertigt. Weiters wurden der Kl rund € 2.200,- an Aufwandersatz für die „Homeofficezeit“ zugesprochen.

Die Höhe des zustehenden Aufwandersatzes wurde von den Vorinstanzen gem § 273 ZPO ermittelt. Ob diese Vorgehensweise korrekt war, kann aus dieser Entscheidung leider nicht entnommen werden. Der OGH hatte sich an das Ergebnis zu halten, weil dieser Punkt von keiner der Parteien bekämpft worden war. Geklärt wurde, dass aus der Rechtsgrundlage des Aufwandersatzes für die Zeit des Krankenstandes kein Ersatz zustand und zusteht. Im Krankenstand entsteht nämlich kein Aufwand, der zu ersetzen wäre.

Die Kl hatte das Zahlungsbegehren vielleicht auch deshalb nicht ausschließlich auf Aufwandersatz gestützt, sondern auf jeden Rechtsgrund, insb zusätzlich auf Bereicherung und Schadenersatz. Schadenersatz machte die Kl deshalb geltend, weil sie ihr Wohnzimmer durch die Homeoffice-Tätigkeit nicht als Wohnraum nutzen konnte. Das Erstgericht hat den Schadenersatzanspruch abgewiesen. Dagegen hat die Kl aber nicht berufen, sodass der OGH in der Revision den Schadenersatzanspruch deshalb auch nicht inhaltlich überprüfen konnte. Auf Bereicherung hat sich die Kl ebenso nur in der ersten Instanz gestützt, sodass auch diesbezüglich eine inhaltliche Prüfung des geltend gemachten Anspruchs durch den OGH nicht möglich war. Die Anspruchsgrundlagen Schadenersatz und Bereicherung wurden daher aus formalen Gründen vom OGH nicht geprüft.

Es bleibt daher offen, wie der OGH inhaltlich entschieden hätte und ob generell ein Ersatz aufgrund dieser Anspruchsgrundlagen möglich ist.9