Müller-Glöge/Preis/Schmidt (Hrsg)Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht

23. Auflage. C.H. Beck Verlag, München 2023, 3.331 Seiten, Leinen, € 246,99

ELIASFELTEN

Und schon wieder haben die Herausgeber:innen des Erfurter Kommentars zum Arbeitsrecht eine neue Auflage vorgelegt. Es ist bereits die 23.! Das allein ist bemerkenswert und zeugt davon, wie nachgefragt dieses Werk in der Praxis ist. Hält man sich allerdings vor Augen, dass es sich um einen Kommentar mit mehr als 3.000 Seiten und knapp 50 Gesetzen handelt, so ist es umso erstaunlicher, wie regelmäßig dieses Standardwerk zum deutschen Arbeitsrecht neu aufgelegt wird.

Gleichzeitig belegt die Notwendigkeit einer weiteren Neuauflage, wie umtriebig der deutsche Gesetzgeber ist. Vom österreichischen kann man das beileibe nicht behaupten. Mit Rechtsstand 1.9.2022 sind bspw Änderungen des deutschen MindestlohnG, der Regelungen zur geringfügigen Beschäftigung und zur Probezeit, dem Befristungsrecht und Kündigungsrecht zu verzeichnen. Hervorzuheben ist aber insb das neue Nachweisgesetz, mit dem der deutsche Gesetzgeber seiner aus der RL 2019/1152/EU resultierenden Umsetzungsverpflichtung nachgekommen ist. Österreich hat im Gegensatz dazu die Umsetzungsfrist verstreichen lassen, obgleich es auch hier, trotz des § 2 AVRAG, Änderungsbedarf gäbe (Schöffmann, ZAS 2019, 244). § 2 deutsches NachweisG zählt eine Reihe von Arbeitsbedingungen auf, die gegenüber dem/der AN im Wege einer Niederschrift offengelegt werden müssen. Vieles davon findet sich auch in § 2 AVRAG; jedoch nicht alles. Neu für Österreich wäre insb die Verpflichtung, über das einzuhaltende Verfahren im Falle einer Kündigung aufzuklären; einschließlich der Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage. Klargestellt wird auch, dass der Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen in elektronischer Form ausgeschlossen ist, obgleich die Richtlinie diese Möglichkeit eröffnen würde (Art 3 RL 2019/1152/EU). Das soll wohl mehr Transparenz gewährleisten, zumal nicht alle AN zu den „digital natives“ zählen. Auch Praktikant:innen werden explizit in den Anwendungsbereich des deutschen NachweisG miteinbezogen (§ 2 Abs 1a leg cit). Hier gäbe es auch in Österreich erheblichen Aufklärungsbedarf über die essentialia der getroffenen Vereinbarung. Die Regelungen des AVRAG und somit auch § 2 finden jedoch nur auf „Arbeitsverhältnisse“ Anwendung. AG, die gegen die Nachweispflicht verstoßen, begehen eine Verwaltungsübertretung, die strafbewährt ist (§ 4 NachweisG). Daneben kann aber, wie Preis in seiner Kommentierung ausführlich darlegt (Rz 53 ff), Schadenersatz gefordert werden, wenn auf Grund eines Verstoßes gegen die Nachweispflicht günstigere 68 Arbeitsbedingungen nicht mehr geltend gemacht werden können. Der erforderliche Nachweis der Kausalität zwischen dem Pflichtenverstoß und dem Schaden wird aber in der Praxis zumeist nur schwer zu führen sein (Rz 55).

Mit der 23. Auflage ist der Erfurter Kommentar wieder auf dem neuesten Stand. Wer eine profunde und aktuelle Kommentierung des Deutschen Arbeitsrechts sucht, ist also gut beraten, auf den „Erfurter“ zurückzugreifen!