Auer-Mayer/Felten/Mosler/Schrattbauer (Hrsg)Festschrift Walter J. Pfeil

Manz Verlag, Wien 2022, LIV, 792 Seiten, Leinen, € 168,–

FELICIAKAIN (WIEN)

Mit der Festschrift, welche 72 Beiträge von 77 Autor:innen beinhaltet, wurde Walter J. Pfeil zu seinem 65. Geburtstag geehrt. Im Vorwort wird zunächst ausgeführt, warum es heikel ist, dem Jubilar eine Festschrift als akademische Tradition zu widmen und aus welchen Gründen man sich dennoch dafür entschieden hat. Überdies wird zutreffend hervorgehoben, dass seine Publikationstätigkeit die volle Breite des Arbeits- und Sozialrechts abdeckt. Dies spiegelt sich auch in den facettenreichen Beiträgen der Festschrift wider. Zurecht wurde auch darauf hingewiesen, dass der Jubilar Spuren in der Wissenschaft hinterlassen hat und sein Forschungsgebiet maßgeblich mitgeprägt hat.

Die Festschrift gliedert sich in drei Teile: Arbeitsrecht (27 Beiträge), Sozialrecht und Sozialpolitik (29 Beiträge) sowie weitere Rechtsgebiete und fächerübergreifende Beiträge (16 Beiträge). Es ist überaus schwierig, aus den zahlreichen spannenden Beiträgen einzelne auszuwählen und genauer zu durchleuchten. Die Auswahl erfolgte auf Basis subjektiver Interessen.

Susanne Auer-Mayer widmet sich in ihrem Beitrag der Abgrenzung von Vollarbeit, Arbeitsbereitschaft und Rufbereitschaft bei „Remote Working“, einem durchaus aktuellen Thema. Betreffend den Begriff der Arbeitszeit sei eine Differenzierung zwischen Arbeits- und Ruhezeit unzureichend, vielmehr gäbe es auch die Arbeitsbereitschaft als Zwischenkategorie. Sie kommt – wie auch schon der Jubilar in einem Beitrag Jahre zuvor – zu dem Ergebnis, dass die dahingehende Grenzziehung gerade beim Remote Working erschwert wird. Die Einstufung hätte auf Basis einer Einzelfallbeurteilung zu erfolgen, was wiederum der Rechtssicherheit abträglich sei. Daher bestehe dringender Handlungsbedarf. Auer-Mayers Kritik ist gerechtfertigt, insb der Aufenthalt an einem vom AG bestimmten Ort als Abgrenzungskriterium zwischen Arbeits- und Rufbereitschaft schlägt beim „Remote working“ nicht durch. Die AN können dann nämlich grundsätzlich von überall aus arbeiten. Auf Basis der Rsp des EuGH und im Einklang mit der hA ist vielmehr auf die Möglichkeit der AN abzustellen, ihren tatsächlichen persönlichen Interessen nachzugehen. Wenn man bspw jederzeit mit der Beantwortung von E-Mails rechnen muss, könnte man zwar mit Freunden in ein Kaffeehaus gehen, jedoch wohl keinen Marathon laufen. Wie Auer-Mayer überzeugend ausführt, ist daher auch diese zeitliche Flexibilität nicht in allen Fällen ein taugliches Abgrenzungskriterium. Der von der hL anerkannte Status quo, dass eine Beurteilung im Einzelfall notwendig ist, ist vor allem bei so einer heiklen Materie, wie dem Arbeitszeitrecht, unbefriedigend.

Elias Felten beschäftigt sich mit den neuesten Entwicklungen im Entsenderecht am Beispiel der Lohn- und Sozialdumping-Beschäftigungsgesetz-(LSD-BG-) Novelle 2021. Er widmet sich der Neugestaltung der materiellen Regelungen sowie der Sanktionsmechanismen. Innerhalb des Sanktionsregimes der §§ 26-29 LSD-BG wurde das Kumulationsprinzip abgelöst, Verstöße gelten nun unabhängig von der Anzahl der von der Verwaltungsübertretung betroffenen AN als eine einheitliche Verwaltungsübertretung. Anstatt Mindeststrafen gibt es Höchststrafen. Der Grund für die Abänderung liege laut Felten in der einschlägigen Rsp des EuGH zur Entsende-RL, welche er kritisiert. Der Gerichtshof gewichte die Dienstleistungsfreiheit im Verhältnis zum AN-Schutz zu stark, was wiederum zu einer Aufweichung der Effektivität der nationalen Schutzbestimmungen führe. Während manche Stimmen in der Literatur Feltens Bedenken teilen, stoßen die Änderungen unter Vertreter:innen der Wirtschaft und AG auf Zuspruch. Den Vorgaben des EuGH zur Verhältnismäßigkeit 406 der Strafen in der Rs Maksimovic wird mit der neuen Regelung wohl entsprochen. Ob diese subjektiv ausreichend abschreckend sind, insb betreffend der Unterentlohnung iSd § 29 LSD-BG, ist jedoch zweifelhaft. Die Präventivwirkung wurde im Vergleich zu den Vorgängerbestimmungen klar abgeschwächt.

Christoph Kietaibl setzt sich in seinem Beitrag mit der Kettenbefristung von Bühnendienstverträgen und deren Verhältnis zum Unionsrecht auseinander. Gem § 27 Theaterarbeitsgesetz (TAG) verlängern sich Bühnendienstverträge automatisch um ein Jahr, insofern keine der Parteien eine Nichtverlängerungserklärung abgibt. Er führt aus, dass solche Bühnendienstverträge keine befristeten Dienstverhältnisse iSd Befristungs-RL 1999/70/EG seien, weil ihr Ende nicht nur von objektiven Faktoren abhänge. Selbst wenn Bühnendienstverträge iSd TAG in den Anwendungsbereich der RL fielen, wäre die gegenständliche Bestimmung mit dem Unionsrecht vereinbar. Die Sittenwidrigkeitskontrolle des § 879 ABGB stelle eine ausreichende Missbrauchskontrolle dar. In der Literatur ist man sich uneinig. Manche gehen davon aus, Bühnendienstverträge seien sehr wohl befristete Dienstverträge iSd Befristungs-RL. In diesem Zusammenhang weist Kietaibl jedoch mit guten Argumenten darauf hin, dass die einzige Möglichkeit, Verträge iSd § 27 TAG zu beenden, die Abgabe einer Nichtverlängerungserklärung ist. Dabei handelt es sich tatsächlich um kein objektives, sondern um ein subjektives, nur durch die Parteien beeinflussbares Element. Bühnendienstverhältnisse werden zwar iSd österreichischen Rechts als befristet bezeichnet, iSd Befristungs-RL sind diese jedoch unbefristet. Sie können immerhin nur durch Erklärungen der Parteien, wie auch reguläre, unbefristete Arbeitsverhältnisse, beendet werden.

Elisabeth Brameshuber untersucht die Europäische Säule Sozialer Rechte sowie die Konstitutionalisierung von Sozialen Rechten. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass die festgelegten Rechte zwar nicht zwingend seien, der Säule selbst jedoch eine gewisse Katalysator-Funktion zukomme. Aus politischer Sicht wäre es schwierig, von den in der Säule proklamierten Rechten wieder abzugehen. Vor allem als Interpretationsinstrument könnten sie eine Rolle spielen. Die Säule soll also der Verwirklichung bereits bestehender sozialer Rechte zum Durchbruch verhelfen. ME ist insb die, auch von Brameshuber hervorgehobene Rolle der Säule als Auslegungsmaßstab zu betonen. Bspw verweist die Vereinbarkeits-RL 2019/1158 in ErwG 9 ausdrücklich auf die Europäische Säule Sozialer Rechte. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass die Vereinbarkeits-RL im Einklang mit der Säule auszulegen ist. In weiterer Folge interessant ist ua die Frage, ob die Säule auch zur Auslegung älterer Unionsrechtsakte herangezogen werden kann. In der Literatur wird dies überwiegend abgelehnt.

Zusammenfassend spiegeln die breit gefächerten Beiträge das vielfältige Wirken Walter J. Pfeils wider. Deren große Anzahl zeigt überdies die Wertschätzung, welche ihm zuteil wird. Mit dieser Sammlung überaus interessanter Abhandlungen wird nicht nur der Jubilar große Freude haben. Die „Festschrift Pfeil“ stellt eine Bereicherung für jede juristische Bibliothek dar.