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Feststellung des unbefristeten Arbeitsverhältnisses bei Nichtverlängerung eines befristeten Arbeitsvertrags wegen Schwangerschaft

MartinSoucek
§ 12 Abs 7 Satz 2 GlBG

Die Kl war bei der Bekl im Rahmen eines befristeten Arbeitsverhältnisses beschäftigt. Sie sollte als Schatzmeisterin arbeiten, weshalb sie eine Grundausbildung und eine weitere Spezialausbildung absolvieren musste. Letztere konnte die Kl auf Grund einer Schwangerschaft nicht termingerecht antreten. Die Bekl ließ daher das Arbeitsverhältnis mit 15.10.2022 auslaufen, obwohl der Kl ursprünglich die Fortsetzung in Aussicht gestellt worden war.

Die Kl klagte daher auf Feststellung, dass ein unbefristetes Dienstverhältnis wegen Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes gem § 12 Abs 7 Satz 2 GlBG vorliege. Die Bekl bestritt das Vorliegen einer Diskriminierung.

Die außerordentliche Revision der Bekl wurde vom OGH mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückgewiesen.

Der OGH führte in diesem Zusammenhang wie folgt aus: Gem § 12 Abs 7 Satz 2 GlBG kann „auf Feststellung des unbefristeten Bestehens des Arbeitsverhältnisses geklagt werden“, wenn „ein befristetes, auf die Umwandlung in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis angelegtes Arbeitsverhältnis wegen des Geschlechtes des/der Arbeitnehmers/in oder wegen der nicht offenbar unberechtigten Geltendmachung von Ansprüchen nach diesem Gesetz durch Zeitablauf beendet worden [ist]“.

1. Wann ein befristetes Arbeitsverhältnis auf die Umwandlung in ein unbefristetes „angelegt“ ist, kann – entgegen der Zulassungsbeschwerde – nicht generell beantwortet werden, sondern hängt von den Umständen des jeweiligen Falls ab.

Der festgestellte Sachverhalt lässt keinen Zweifel aufkommen, dass hier das befristete Dienstverhältnis darauf angelegt war, bei Bewährung der Kl in ein unbefristetes reguläres Dienstverhältnis überzugehen. Dass Erprobungsfälle grundsätzlich als auf Umwandlung iSv § 12 Abs 7 Satz 2 GlBG angelegt anzusehen sind, entspricht auch der von der Bekl selbst zitierten Literaturstelle (Kletečka/Köck in Windisch-Graetz [Hrsg], GlBG2 [2022] § 12 Rz 49d).

Zumal die Kl als Schätzmeisterin für die Bekl arbeiten sollte, was eine entsprechende Grundausbildung und eine weitere Spezialausbildung voraussetzt, ist vom anfänglichen Willen (auch) der Bekl, die Kl im Falle ihrer Bewährung dauerhaft (mithin unbefristet) zu beschäftigen, auszugehen.

2. Die Bekl bestreitet, die Kl wegen ihres Geschlechts diskriminiert zu haben, mit der Begründung, sich allein deshalb für das Auslaufen des Dienstverhältnisses mit 15.10.2022 entschieden zu haben, weil die Kl den Antritt der Schwerpunktausbildung in Wien zum vereinbarten Zeitpunkt abgelehnt habe bzw mit ihr die ab Dezember 2022 in Graz zu besetzende Position nicht besetzt werden hätte können. 298

2.1. Dass die Kl den Antritt der Schwerpunktausbildung in Wien zum vereinbarten Zeitpunkt „ablehnte“, ist dem Sachverhalt nicht zu entnehmen; sie teilte bloß mit, schwangerschaftsbedingt „wahrscheinlich“ die Schwerpunktausbildung nicht termingerecht antreten zu können. Eine Verweigerung der Schwerpunktausbildung an sich lag damit nicht vor.

2.2. Eine Diskriminierung aufgrund des „Geschlechts“ liegt auch dann vor, wenn sie wegen Schwangerschaft erfolgt.

Wird eine Frau einzig aufgrund ihrer Schwangerschaft anders behandelt als wäre sie nicht schwanger, so ist dies entgegen der Ansicht der Bekl anerkanntermaßen zudem eine unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts.

Hier beruhte die – wahrscheinliche – Unfähigkeit der Kl, termingerecht die Spezialausbildung in Wien zu beginnen, einzig auf ihrer Schwangerschaft. Damit stellt ihre ungünstigere Behandlung im Zusammenhang mit ihrer Schwangerschaft – ihre Nichtverlängerung – eine (unmittelbare) Diskriminierung dar.

3. Die gesetzliche Regelung des § 12 Abs 7 GlBG wirft, soweit sie – Satz 2 – als Rechtsfolge anordnet, dass das Arbeitsverhältnis, dessen Befristungsvereinbarung nicht diskriminierend war und daher grundsätzlich mit Fristablauf endete, im Falle der diskriminierenden Nichtverlängerung doch zur Verlängerung des Arbeitsverhältnisses führt, zwar aus dogmatischer und systematischer Sicht Bedenken auf. Diese müssen aber, wie bereits vom OGHin 9 ObA 5/14x vom 25.3.2014 (Pkt III mwH) festgehalten, ausgehend von der ausdrücklichen Regelung des Gesetzgebers, unberücksichtigt bleiben. Dem Gesetzgeber ist es unbenommen, Rechtsfolgen anzuordnen, die sich in die bisherige Rechtsordnung und die daraus resultierende Dogmatik schwer einfügen lassen.

4. Im Ergebnis läuft die Bestimmung des § 12 Abs 7 Satz 2 GlBG, indem sie in den angeführten Diskriminierungsfällen dem AN das Recht einräumt, auf Feststellung des unbefristeten Bestehens des Arbeitsverhältnisses zu klagen, auf einen bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses nicht vorgesehenen Kontrahierungszwang des AG hinaus. Dass der deutsche Gesetzgeber keinen solchen in Fällen wie dem hier vorliegenden statuiert hat, ändert nichts an der Gültigkeit der Gesetzesbestimmung. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Vorschrift des § 12 Abs 7 Satz 2 GlBG bestehen nicht, weshalb auch insofern kein Grund zur Zulassung der außerordentlichen Revision besteht.