Franzen/Gallner/Oetker (Hrsg)Kommentar zum Europäischen Arbeitsrecht

5. Auflage, C.H. Beck Verlag, München 2024, XLIV, 2.489 Seiten, Leinen, € 279,-

BirgitSchrattbauer

Der seit 2016 von Martin Franzen (Universität München), Inken Gallner (Präsidentin des BAG) und Hartmut Oetker (Universität Kiel) herausgegebene Kommentar zum europäischen Arbeitsrecht mit österreichischer Beteiligung – Martin Gruber-Risak (Universität Wien), Christoph Kietaibl (Wirtschaftsuniversität Wien) und Michael Reiner (Österreichische Gesundheitskasse) gehören zu den schon seit der ersten Auflage mitwirkenden Autoren – erscheint verlässlich alle zwei Jahre in aktualisierter Fassung und liegt somit nun in seiner fünften Auflage vor. Seit der Vorauflage ist der Kommentar erneut um mehr als 130 Seiten auf mittlerweile fast 2.500 Seiten angewachsen – ein eindrucksvoller Beleg für die hoch dynamische Entwicklung des europäischen Arbeitsrechts. Der vorliegende Kommentar ist deshalb für viele in Wissenschaft und Praxis bereits zum unentbehrlichen Hilfsinstrument geworden, um mit diesen Entwicklungen noch einigermaßen Schritt halten zu können und nicht den Überblick zu verlieren.

Zwei Rechtsakte der Europäischen Union sind seit der Vorauflage völlig neu hinzugekommen: Die Bearbeitung der Mindestlohn-RL 2022/2041 hat Martin Franzen selbst übernommen, wobei allerdings eine Kommentierung bislang nur für die Art 1 bis 6 sowie 9, 16 und 18 vorliegt, während die übrigen Artikel vorerst unkommentiert abgedruckt sind. Mit einem weiteren Anwachsen des Umfangs des Großkommentars darf also schon deshalb mit großer Sicherheit gerechnet werden. Auch die erst knapp vor dem für die fünfte Auflage maßgeblichen Stichtag (1.6.2023) erlassene Entgelttransparenz-RL 2023/970 hat bereits Eingang in den Kommentar gefunden und wird von Regine Winter (Richterin am BAG a.D.) bearbeitet. Auch bei dieser Kommentierung handelt es sich offenkundig um „work in progress“, da die Regelungen in Kapitel III (Rechtsmittel und Rechtsdurchsetzung) sowie IV (Horizontale Bestimmungen) zum (größeren) Teil (noch) gar nicht bzw nur ganz kurz erläutert werden. Sehr umfassend ist die Kommentierung dagegen schon jetzt zu den Allgemeinen Bestimmungen in Kapitel I sowie zu den zentralen Regelungen zur Entgelttransparenz in Kapitel II. Für die auch in Österreich bis zum 7.6.2026 anstehende Umsetzung kann somit bereits auf eine profunde Interpretationshilfe der einschlägigen unionsrechtlichen Vorgaben zurückgegriffen werden.

Ein Blick in die neue Auflage des Kommentars lohnt aber natürlich auch bei Fragen zu bereits länger bestehenden Rechtsakten; aktuelle Rsp und neue Literatur wurden in gewohnt qualitätsvoller Weise in die Neuauflage eingearbeitet. An neuen EuGH-Entscheidungen mit potentiell weitreichenden Konsequenzen (auch) für das österreichische Arbeitsrecht mangelt es nicht; beispielhaft erwähnt seien hier nur die jüngsten Urteile des EuGH zu Ruhezeiten 347 (EuGH 2.3.2023, C-477/21, MÁV-START) und zur Qualifikation von Fortbildungszeiten als Arbeitszeit (EuGH 28.10.2021, C-909/19, BX), zum Urlaubsrecht (EuGH 25.11.2021, C-233/20, Job-medium; EuGH 22.9.2022, C-518/20, Fraport) oder zur Auslegung der Leiharbeits-RL (EuGH 17.3.2022, C-232/20, Daimler; EuGH 15.12.2022, C-311/21, Timepartner Personalmanagement; noch nicht berücksichtigt ist das erst knapp nach dem Stichtag 1.6.2023 veröffentlichte Urteil des EuGH in der Rs ALB FILS Kliniken, C-427/21 vom 22.6.2023). Die Debatte zur Bedeutung dieser Entscheidungen für das österreichische Arbeitsrecht ist in vielen Fragen noch nicht abgeschlossen oder hat gar erst begonnen. Der Kommentar von Franzen/Gallner/Oetker kann nicht nur in diesen Diskussionen eine wertvolle Hilfestellung bieten, er ist vielmehr eine unverzichtbare Arbeitsunterlage für alle Arbeitsrechtsfragen mit unionsrechtlichen Bezügen.