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Keine Zuständigkeit des Betriebsrates für Ansprüche dienstzugewiesener Vertragsbediensteter gegenüber der Gemeinde

RICHARDHALWAX

Die Bekl ist Rechtsträgerin eines öffentlichen Krankenhauses, das in zwei Stadtgemeinden jeweils einen Betriebsstandort hat. Es handelt sich dabei um vormals von einer der Standortgemeinden bzw vom Land Salzburg betriebene Krankenhäuser, die zusammengelegt wurden. Als alleinige Gesellschafterin der Bekl fungiert eine GmbH, deren Alleingesellschafterin eine der beiden Standortgemeinden ist.

Gegenstand des Verfahrens sind Ansprüche von DN, die nach dem Salzburger Gemeinde-Vertragsbedienstetengesetz 2001, LGBl 2002/17 (Sbg Gem-VBG) als Vertragsbedienstete jeweils in einem Dienstverhältnis zu einer der beiden Standortgemeinde stehen und an die Bekl nach § 14 Sbg Gem-VBG zwecks Aufrechterhaltung des Betriebs der ausgegliederten Krankenanstalten dienstzugewiesen sind.

Der klagende BR begehrt nach Fällung eines Teilanerkenntnisurteils am 16.5.2022 (Anwendung des Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetzes [KA-AZG] auf die DN der Bekl im Bereich der Haustechnik) zwischen den Parteien festzustellen, dass

  1. die Umkleidezeit der DN der Bekl, insb jener im Bereich der Operations- und Anästhesiepflege, des Personals der Pflege, der Küche, der Reinigung und des Sekretariats, Arbeitszeit seien;

  2. die von den an die Bekl dienstzugewiesenen und dem Sbg Gem-VBG unterliegenden DN an den Wochenenden verrichtete, an die Bereitschaftsdienste anknüpfende aktive Dienstausübung (OP-Tätigkeit, etc) am Betriebsstandort der Bekl in M* Mehr- und Überstunden und entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen in der gesetzlichen Höhe zu vergüten seien; 24

  3. die einseitige Anordnung der Bekl von negativer Arbeitszeit (Minusstunden) unzulässig sei;

  4. die dem Sbg Gem-VBG unterliegenden DN nicht der Privatklinik R* GmbH bzw dem Betrieb Privatklinik R* dienstzugeteilt werden könnten und dürften und die bisherigen Dienstzuteilungen rechtswidrig gewesen seien;

  5. die dem Sbg Gem-VBG unterliegenden DN der Stadtgemeinde M* nicht dem Betriebsstandort Z* dienstzugeteilt werden könnten und dürften und die bisherigen Dienstzuteilungen rechtswidrig gewesen seien;

  6. Zeiten der Dienstreisen zwischen dem Betriebsstandort bzw Wohnort in der Gemeinde, zu der das Dienstverhältnis bestehe, und dem gemeindefremden Dienstort nach den gesetzlichen Bestimmungen und im gesetzlichen Ausmaß als Dienstzeit von der Bekl zu entlohnen seien, und

  7. auf die DN der Bekl im Bereich der EDV-Technik das KA-AZG oder zumindest das AZG anzuwenden sei.

Die Bekl erhob insb den Einwand der fehlenden Aktiv- und Passivlegitimation.

Das Erstgericht wies mit Teilurteil das Klagebegehren in seinem Pkt g) zurück und in den Pkten d), e) und f) ab. Das Berufungsgericht wies die Berufung der Bekl mangels Beschwer zurück. Es erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil keine höchstgerichtliche Rsp zur Auslegung der §§ 13 und 14 Sbg Gem-VBG sowie des § 1 KA-AZG, konkret in Bezug auf die Qualifikation bloßer Rufbereitschaft, vorliege.

Die gegen diese Entscheidung erhobenen Revisionen beider Parteien waren laut OGH zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, aber nur die Revision der Bekl ist laut OGH auch berechtigt.

Mit der Neufassung des Art 21 Abs 2 B-VG durch die B-VG-Novelle 1981 (BGBl 1981/350) trat eine Änderung hinsichtlich der Bediensteten der Gemeinden und Gemeindeverbände dahin ein, dass sie auch dann, wenn sie in Betrieben tätig waren, künftig der landesgesetzlichen Gesetzgebung unterliegen sollten. Die in Art 21 Abs 2 B-VG festgelegte Einschränkung der Kompetenz der Länder bei Tätigkeit in Betrieben sollte nur mehr auf die Bediensteten der Länder bezogen werden.

Für Gemeinde- und Gemeindeverbandsbedienstete sind daher ausschließlich die Länder zur Regelung des Personalvertretungsrechts in Betrieben befugt, auch wenn die Gemeinde- und Gemeindeverbandsbediensteten bei einem ausgegliederten Rechtsträger – zB im Wege einer Dienstzuteilung – beschäftigt sind.

Art III Abs 1 B-VG-Novelle 1981 sieht allerdings vor, dass bundesgesetzliche Vorschriften in Angelegenheiten, die gem Art 21 B-VG idF dieses Bundesverfassungsgesetzes in die Zuständigkeit der Länder fallen, als Bundesgesetze solange in Kraft bleiben, als nicht eine vom betreffenden Land erlassene Regelung der Angelegenheit in Kraft getreten ist.

Der Salzburger Landesgesetzgeber hat von dieser Kompetenz Gebrauch gemacht und ein Gemeinde-Personalvertretungsgesetz (Sbg Gem-PVG) beschlossen. Gem § 1 Abs 5 Sbg Gem-PVG finden auf Bedienstete, die in einem wirtschaftlichen Unternehmen gem § 65 der Salzburger Gemeindeordnung 1994 oder in einer von der Gemeinde nach dem Salzburger Krankenanstaltengesetz 1975 geführten Krankenanstalt beschäftigt sind, die Bestimmungen des II. Teils (Betriebsverfassung) des ArbVG, ausgenommen die §§ 78 bis 88a, 110, 111, 112, 114 und 123 bis 134a, Anwendung. Die von § 1 Abs 5 Sbg Gem-PVG erfassten Personen gelten gem Abs 4 nicht als Bedienstete iSd Sbg Gem-PVG.

Dem Ergebnis des Berufungsgerichts, das von der Anwendbarkeit des ArbVG ausgeht, war laut OGH zuzustimmen. Die dienstzugewiesenen Vertragsbediensteten sind zwar (auch) als AN der Bekl iSd § 36 ArbVG anzusehen. Hinsichtlich der Klagslegitimation ist jedoch entscheidend, ob die geltend gemachten Ansprüche die zuweisende Gemeinde oder den Rechtsträger, dem die Vertragsbediensteten zugewiesen sind, betreffen.

Fraglich ist aber, ob dem Rechtsträger, dem Vertragsbedienstete nach § 14 Sbg Gem-VBG dienstzugewiesen werden, dieselbe Rechtsstellung zukommt wie einem Beschäftiger iSd Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes (AÜG).

Im vorliegenden Fall sieht § 14 Abs 4 Sbg Gem-VBG vor, dass während einer Dienstzuweisung die oder der Vertragsbedienstete den fachlichen und dienstlichen Anordnungen der zuständigen Organe des Rechtsträgers bzw des Erwerbers unterliegt. Die diensthoheitlichen Befugnisse der Gemeinde bleiben – vorbehaltlich einer Verordnung gem Art 118 Abs 7 B-VG – jedoch unberührt, insb sind die für Personalangelegenheiten zuständigen Organe des Rechtsträgers bzw des Erwerbers an die Weisungen der zuständigen Gemeindeorgane gebunden.

In den Materialien (ErläutRV 446 BlgLT 13. GP 12) wird dazu festgehalten, dass gem Art 118 Abs 3 Z 2 B-VG iVm § 126 Abs 1 Sbg Gem-VBG die Ausübung der Diensthoheit gegenüber Gemeindevertragsbediensteten in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinden falle.

Da auch bei dienstzugewiesenen Vertragsbediensteten die Diensthoheit bei der Gemeinde zu verbleiben hat und dies durch ein gesetzlich verankertes Weisungsrecht sichergestellt ist, müssen jene Ansprüche, die Agenden der Diensthoheit betreffen, weiterhin gegen die Gemeinde geltend gemacht werden.25

Im vorliegenden Fall ist daher die Passivlegitimation der Bekl nicht nur hinsichtlich der Entgeltansprüche der Vertragsbediensteten, sondern auch hinsichtlich der in den Pkten d), e) und g) geltend gemachten Ansprüche zu verneinen.

Das unter Pkt g) erhobene Klagebegehren betreffend die Anwendbarkeit des KA-AZG im Bereich der EDV-Technik bezieht sich hingegen auf die Rechtsverhältnisse sämtlicher von der Bekl in diesem Teilbereich beschäftigten Personen. Bei diesen DN handelt es sich nach dem Klagsvorbringen nicht nur um dienstzugewiesene Gemeindevertragsbedienstete, sodass für dieses Begehren bezüglich der anderen DN die Passivlegitimation der Bekl zu bejahen ist.

Die in Pkt g) hinsichtlich der anderen DN begehrte Feststellung ist aber in der Sache nicht berechtigt. Die Einrichtung einer bloßen Rufbereitschaft im Bereich der EDV-Technik während der Nachtstunden und Wochenenden, ohne Bestehen einer durchgehenden Dienstzeit, erfüllt die Voraussetzungen des § 1 Abs 1 KA-AZG einer ununterbrochen erforderlichen Tätigkeit nicht.