14Rechtzeitigkeit einer Entlassung – Kenntnis des Entlassungsgrundes durch Schichtführer ohne Personalagenden nicht dem Arbeitgeber zurechenbar
Rechtzeitigkeit einer Entlassung – Kenntnis des Entlassungsgrundes durch Schichtführer ohne Personalagenden nicht dem Arbeitgeber zurechenbar
Der Kl war seit 25.9.2018 als Arbeiter in der Papierproduktion bei der Bekl im Schichtdienst beschäftigt. Es existierte für diese Schicht eine WhatsApp-Gruppe, welcher auch der Kl angehörte. Als Reaktion auf die Ankündigung eines Kollegen, er werde Würstel in die Nachtschicht mitbringen, stellte der Kl am 14.3.2023 ein Foto in die Gruppe, das eine unmündige männliche Person beim oralen Geschlechtsverkehr mit einer anderen unmündigen männlichen Person zeigt. Der Schichtführer sah dieses Foto noch am selben Tag. Erst am 12.4.2023 erfuhr die Prokuristin und Personalverantwortliche der Bekl davon und sprach am 13.4.2023 die fristlose Entlassung des Kl aus. Dieser brachte vor, die Entlassung sei unbegründet sowie verspätet erfolgt und begehrte klagsweise insb die Kündigungsentschädigung. 26
Das Erstgericht gab zunächst der Klage statt, wohingegen das OLG Linz der Berufung der Bekl stattgab und das Klagebegehren abwies. Der OGH wies die ordentliche Revision des Kl mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage als nicht zulässig zurück und hielt fest:
Den AG trifft die Obliegenheit, ihm bekannt gewordene Entlassungsgründe unverzüglich geltend zu machen, widrigenfalls das Entlassungsrecht des AG erlischt. Bekannt geworden ist der Entlassungsgrund dem AG, sobald diesem alle für die Beurteilung des Vorliegens des Entlassungsgrundes wesentlichen Einzelheiten der Handlung und der Person zur Kenntnis gelangt sind. Der Kenntniserlangung durch den AG ist die Kenntnisnahme durch eine:n Stellvertreter:in oder durch eine:n ganz oder teilweise mit Personalagenden befasste:n leitende:n Angestellte:n gleich zu halten. Die Kenntnis des bloß unmittelbaren bzw eines sonstigen Vorgesetzten reicht hingegen nicht.
Der Schichtführer des Kl war zur Entgegennahme von Meldungen über Urlaube und Dienstverhinderungen befugt und hatte für entsprechenden Ersatz Sorge zu tragen. Disziplinlosigkeiten hatte er seinen Vorgesetzten zu melden. Der OGH bestätigte die vom Berufungsgericht vertretene Einschätzung, es handle sich aufgrund dieser Kompetenzen um keinen mit Personalagenden betrauten leitenden Angestellten, als vertretbar. Daher sah das Berufungsgericht und übereinstimmend der OGH die Kenntnisnahme durch die personalverantwortliche Prokuristin als relevanten Zeitpunkt an und wertete die Entlassung als rechtzeitig, zumal sie bereits am nächsten Tag nach Kenntniserlangung erfolgte.