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Keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den Vorbildungsausgleich gem § 15 VBG 1948 idaF

RICHARDHALWAX

Der Kl führte ein Feststellungsverfahren gegen die bekl Partei Republik Österreich aufgrund eines vorgenommenen Vorbildungsausgleichs. Nach Ausschöpfen des Instanzenzugs erhob der Kl außerordentliche Revision gegen das Urteil des OLG Linz als Berufungsgericht. Insgesamt gelang es dem Kl aber nicht, das Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen. Die außerordentliche Revision des Kl war daher zurückzuweisen.

Die Notwendigkeit eines Vorbildungsausgleichs resultiert aus der Vereinfachung der Vordienstzeitenanrechnung, weil die nicht mehr gesondert anrechenbaren Zeiten, wie Schul- und Studienzeiten, pauschal in den Gehaltsansätzen berücksichtigt wurden. Dementsprechend wurde in den neuen Gehaltstabellen bei der Stufe 1 jeder Verwendungsgruppe davon ausgegangen, dass der Bedienstete die notwendige Ausbildung vor Dienstantritt abgeschlossen hat. Wenn diese Ausbildung zur Gänze vor Eintritt ins Dienstverhältnis absolviert wurde, sind keinerlei Abzüge beim Besoldungsdienstalter vorzunehmen.

Ein Vorbildungsausgleich kommt nur dann (und nur so lange) in Frage, wenn die Ausbildung erst nach Eintritt ins Dienstverhältnis abgeschlossen wird oder eine solche überhaupt nicht oder nur zum Teil absolviert wurde.

§ 15 Abs 1 Satz 2 und 3 VBG 1948 idF BGBl I 2018/60 sehen für diese Fälle vor:

„Hat eine Vertragsbedienstete oder ein Vertragsbediensteter diese Studienzeiten nicht oder nicht vollständig absolviert, so ist als Ausgleich für diese fehlenden Zeiten einer Vorbildung ein entsprechender Zeitraum beim Besoldungsdienstalter in Abzug zu bringen (fester Vorbildungsausgleich).30

Soweit die bereits pauschal abgegoltenen Studienzeiten der oder des Vertragsbediensteten hinsichtlich ihrer zeitlichen Lage mit den für das Besoldungsdienstalter berücksichtigten Zeiten zusammenfallen, sind diese beim Besoldungsdienstalter in Abzug zu bringen, um eine doppelte Abgeltung ein und desselben Zeitraums zu vermeiden (individueller Vorbildungsausgleich).“

Beim Kl wurde ein individueller Vorbildungsausgleich nach § 15 Abs 4 VBG 1948 idF BGBl I 2018/60 vorgenommen.

Diese Regelung sah in Satz 1 vor:

„Vom individuellen Vorbildungsausgleich umfasst sind alle angerechneten Vordienstzeiten sowie alle für die Vorrückung wirksamen Dienstzeiten der oder des Vertragsbediensteten, die zwischen dem im Jahr der Studienzulassung liegenden 1. Oktober bei Studienbeginn in einem Wintersemester oder dem 1. März bei Studienbeginn in einem Sommersemester und dem Tag der Beurteilung der letzten Prüfung, Lehrveranstaltung oder wissenschaftlichen Arbeit des Studiums liegen.“

Der Abzug war für das Bachelor-Studium mit drei bzw vier Jahren, für das Master-Studium mit einem bzw zwei (bei einem Diplomstudium mit fünf) Jahren begrenzt (§ 15 Abs 4 Z 1-3 VBG 1948).

Mit der Novelle BGBl I 2022/137 wurde § 15 Abs 4 Satz 1 VBG 1948 dahingehend novelliert, dass er nunmehr nicht auf die individuelle Studiendauer abstellt, sondern auf die Regelstudiendauer:

„Vom individuellen Vorbildungsausgleich umfasst sind alle angerechneten Vordienstzeiten sowie alle für die Vorrückung wirksamen Dienstzeiten der oder des Vertragsbediensteten, die zwischen dem im Jahr der Studienzulassung liegenden 1. Oktober bei Studienbeginn in einem Wintersemester oder dem 1. März bei Studienbeginn in einem Sommersemester und dem Tag des Ablaufs der Regelstudiendauer gemäß Abs 4a liegen.“

Die Revision argumentiert, dass § 15 Abs 4 Satz 1 VBG 1948 idF vor der Novelle BGBl I 2022/137 verfassungswidrig sei. Das Abstellen auf die tatsächliche Studiendauer führe zu einer unsachgemäßen Differenzierung zwischen Vertragsbediensteten mit Regelstudiendauer und solchen, die länger für das Studium benötigten, wobei zu berücksichtigen sei, dass diese Studenten oftmals erwerbstätig seien. Beim Kl würden Vordienstzeiten nicht angerechnet, die keine Überschneidung mit Zeiten der Regelstudiendauer aufwiesen. Es werde daher auch eine Anrufung des VfGH zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmung angeregt.

Der OGH hat bereits in der E vom 23.9.2019, 9 ObA 97/19h, dargelegt, dass gegen § 15 Abs 4 VBG 1948 idF BGBl I 2018/60 keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen. Der in Art 7 B-VG normierte Gleichheitssatz verpflichte den Gesetzgeber, an gleiche Tatbestände gleiche Rechtsfolgen zu knüpfen. Er verbiete demnach willkürliche Differenzierungen, lasse aber unterschiedliche Regelungen dort zu, wo sie durch entsprechende Unterschiede im Tatsächlichen sachlich gerechtfertigt seien. In der Rsp des VfGH sei anerkannt, dass der Gleichheitssatz dem Gesetzgeber auch bei der Regelung des Dienst- und Besoldungsrechts der Beamten und Vertragsbediensteten einen verhältnismäßig weiten Gestaltungsspielraum überlasse.

In seiner E verwies der OGH darauf, dass der Umstand, dass der Gesetzgeber die ins Treffen geführte „Doppelbelastung von Beruf und Studium“ nicht durch besondere Anrechnungsregeln finanziell abgelten wolle, keine unsachliche, außerhalb dessen Gestaltungsspielraums fallende Regelung darstelle.

Dass die Novelle BGBl I 2022/137 weitere Einschränkungen für die Anrechnung vorsieht, macht die vorangehende Regelung nach Ansicht des OGH ebenfalls nicht unsachlich. Vor diesem Hintergrund hegt auch der erkennende Senat keine Bedenken gegen die Verfassungsgemäßheit des § 15 Abs 4 Satz 1 VBG 1948 idF BGBl I 2018/60.