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Kausalität einer Meldepflichtverletzung liegt bereits vor, wenn die rechtzeitige und korrekte Meldung die gesetzwidrige Auszahlung verhindern hätte können

NICOLEPINTER

Der Revisionswerber hat am 1.8.2023 eine geringfügige Beschäftigung bei der M. GmbH und am 11.9.2023 eine weitere geringfügige Beschäftigung „bei der Bildungsdirektion Oberösterreich“ (als Lehrer) aufgenommen. Im Rahmen dieser Dienstverhältnisse hat der Revisionswerber im September 2023 insgesamt ein Bruttogehalt von € 551,59, im Oktober 2023 von € 527,40 und im November 2023 von € 527,40 erhalten. Damit ist jeweils die Geringfügigkeitsgrenze in Höhe von € 500,91 überschritten worden. Dies sei gem § 12 Abs 6 lit a AlVG der Zuerkennung von Arbeitslosengeld entgegengestanden, sodass es zu widerrufen gewesen sei.

Mit dem angefochtenen, im Beschwerdeweg ergangenen Erkenntnis sprach das BVwG aus, dass der Arbeitslosengeldbezug des Revisionswerbers im Zeitraum 1.9. bis 30.11.2023 gem § 24 Abs 2 AlVG widerrufen und gem § 25 Abs 1 AlVG das unberechtigt empfangene Arbeitslosengeld in Höhe von € 4.381,63 zurückgefordert werde. Die Rückforderung des Arbeitslosengeldes gründete das BVwG tragend auf § 25 Abs 1 zweiter Fall AlVG, wonach der Empfänger zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten ist, wenn er den Bezug durch Verschweigung maßgeblicher Tatsachen herbeigeführt hat. Der Revisionswerber habe das zweite ge37ringfügige Beschäftigungsverhältnis nicht bekannt gegeben, wodurch er seine Meldepflichten gegenüber dem AMS verletzt habe. Dadurch werde der genannte Rückforderungstatbestand erfüllt.

Die gegen diese Entscheidung erhobene Revision wurde mangels Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zurückgewiesen.

Der Revisionswerber brachte vor, dass das BVwG von der Rsp des VwGH abgewichen sei, wonach die Meldepflichtverletzung kausal für den unberechtigten Leistungsbezug sein müsse. Das BVwG habe nicht berücksichtigt, dass es auch bei Meldung der zweiten geringfügigen Beschäftigung zur Auszahlung des Arbeitslosengeldes gekommen wäre, weil die Geringfügigkeitsgrenze in den Monaten September bis November 2023 nicht überschritten worden sei. Erst auf Grund einer Nachverrechnung und Neueinstufung der Tätigkeit als Lehrer im Dezember 2023 sei es zur Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze gekommen. Die Meldepflichtverletzung sei sohin nicht kausal für die Auszahlung des Arbeitslosengeldes gewesen, dessen Bezug erst durch die Nachverrechnung unberechtigt geworden sei.

Der VwGH begründet die Entscheidung damit, dass es nach dem vom Revisionswerber zitierten Beschluss VwGH 29.6.2016, Ra 2016/08/0100, für die Bejahung der Kausalität einer Meldepflichtverletzung aber ausreicht, dass die rechtzeitige und korrekte Meldung potentiell die objektiv gesetzwidrige Auszahlung verhindern hätte können. Dies treffe auch im hier vorliegenden Fall zu, weil die Meldung der Arbeitsaufnahme dem AMS die Überprüfung ermöglicht hätte, ob die durch den DG vorgenommene Einstufung korrekt war und die Geringfügigkeitsgrenze somit – unter Zugrundelegung des maßgeblichen Anspruchslohns – tatsächlich nicht überschritten wurde.

Weiters führt der VwGH aus, dass die Meldepflichtverletzung zwar zumindest bedingt vorsätzlich erfolgt sein muss, um den Tatbestand des Verschweigens zu erfüllen. Dabei muss sich der Vorsatz nur auf die Verletzung der Meldepflicht und nicht auch darauf beziehen, dass das AMS tatsächlich keine Kenntnis von den meldepflichtigen Tatsachen erlangt (vgl VwGH 30.1.2018, Ra 2017/08/0125, mwN). Der VwGH verweist weiter auf VwGH 19.12.2007, 2004/08/0129, wonach dann, wenn während des Bezugs von Geldleistungen aus der AlV Erwerbstätigkeiten nicht gemeldet werden, im Zweifel davon ausgegangen werden kann, dass dabei – schon angesichts des jedem Arbeitslosen zu unterstellenden Alltagswissens – eine Verletzung der Meldepflicht zumindest billigend in Kauf genommen wurde, also Vorsatz in der Form des dolus eventualis vorliegt.

Das BVwG habe in seiner Entscheidungsbegründung zwar zu Unrecht unterstellt, dass es für den Rückforderungstatbestand des Erkennenmüssens des Überbezugs (§ 25 Abs 1 dritter Fall AlVG) genügt, wenn dieser erst im Nachhinein (hier: aus Anlass der Nachverrechnung für die Monate September bis November 2023 im Dezember 2023) auffällt. Da aber nach dem oben Gesagten schon der zweite Rückforderungstatbestand des § 25 Abs 1 AlVG (Verschweigen maßgeblicher Tatsachen) erfüllt war, ist es darauf nicht angekommen.