Kämpf/Langes/Schatilow/Gergs (Hrsg)Human Friendly Automation – Arbeit und Künstliche Intelligenz neu denken
Frankfurter Allgemeine Buch, Frankfurt am Main 2023, 230 Seiten, gebunden, € 28,80
Kämpf/Langes/Schatilow/Gergs (Hrsg)Human Friendly Automation – Arbeit und Künstliche Intelligenz neu denken
In Hinblick auf das weite Feld der Digitalisierung und deren Intensivierung durch Künstliche Intelligenz in so gut wie allen Bereichen unseres Alltags- und Wirtschaftslebens ist häufig davon die Rede, dass dadurch auch die Arbeitswelt in Zukunft fundamentale Änderungen erfahren wird. Dieser grundlegende Wandel vollzieht sich bereits in der Gegenwart mit zunehmender Geschwindigkeit und geht weit über die in der österreichischen arbeitsrechtlichen Literatur – zuletzt wesentlich befeuert durch die Herausforderungen der Covid-19 Pandemie – vordergründig behandelten Erscheinungsformen der Digitalisierung wie etwa Home-Office oder besondere Arbeitsformen wie Crowd- oder Clickwork hinaus. 92
Das vorliegende Werk widmet sich in einer Reihe von sozialwissenschaftlichen Beiträgen vielmehr den diversen Möglichkeiten und Strategien für eine menschengerechte Integration von Künstlicher Intelligenz (KI) in die moderne Arbeitswelt. Dabei wird bereits eingangs betont, dass der Einsatz von KI stets wertebasiert und nachhaltig im Betrieb organisiert werden müsse. Das Werk orientiert sich diesbezüglich an der „Werte-und-Prinzipien-Charta“ des HFA-Expertennetzwerks, die wesentliche ethische Grundlinien für eine menschengerechte Anwendung von KI am Arbeitsplatz vordefiniert (siehe aber auch bereits zu Leitlinien im Umgang mit KI auf europäischer Ebene Unabhängige Hochrangige Expertengruppe für Künstliche Intelligenz, Ethik-Leitlinien für eine vertrauenswürdige KI [2019]). Die Gefahren und Probleme, auf welche diese Werte-Charta inhaltlich repliziert, sind zum Teil nicht gänzlich neu, beziehen sich diese doch auf wesentliche Grundwerte wie „Menschlichkeit und Autonomie“, die etwa im grundrechtsdogmatischen Kontext meist mit dem Schutz der Menschenwürde und der Persönlichkeit auch in anderen Zusammenhängen verknüpft sind. Insofern hat in der österreichischen arbeitsrechtlichen Literatur Schnorr (in FS Strasser [1983] 97 [97]) bereits 1983 mit Blick auf die Arbeitsbedingungen in bestimmten Bereichen der pharmazeutischen Industrie vor dem „Einswerden des Menschen mit dem steuerbaren Automaten“ gewarnt. Wenngleich zu dieser Zeit ein Kontext zur Digitalisierung oder KI naturgemäß noch fehlte, so unterscheidet sich etwa das grundlegende Prinzip in der angesprochenen Werte-Charta, wonach sinnstiftende und selbstbestimmte Arbeit wichtiger zu nehmen sei als willkürliche Prozessoptimierung inhaltlich kaum von älteren Wertungsproblemen im Bereich der Arbeitsrechtsdogmatik.
Die Stärke des vorliegenden Buches liegt gerade darin, dass es sich nicht mit einer bloßen Beleuchtung der Auswirkungen von KI auf Arbeitsabläufe auf der Meta-Ebene oder einer bislang in den Sozialwissenschaften vorrangig diskutierten Prognose von quantitativen Beschäftigungseffekten (siehe hiezu etwa die auch über die Sozialwissenschaften hinaus populär gewordene Studie von Frey/Osborne, The Future of Employment: How Susceptible are Jobs to Computerisation? [2013]; vgl auch die österreichische Vergleichsstudie Michlits/Mahlberga/Haiss, Industry 4.0 – The Future of Austrian Jobs [2019]) begnügt. Vielmehr stellen die Autor:innen in einzelnen Beiträgen auf Grundlage einer konkreten und empirischen Analyse plastisch und praxisnah dar, wie sich Arbeit durch KI tatsächlich verändert. Insofern bietet das Buch auch mit Blick auf die Bewertung von KI im Arbeitsrecht für den österreichischen Anwender aus Wissenschaft und Praxis interessante Denkanstöße.