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Entgeltbegriff des § 10 Abs 1 AÜG umfasst nicht nur periodisch fällig werdendes Entgelt – hier: Anspruch auf einmalige Corona-Prämie nach dem Beschäftiger-Kollektivvertrag

CHRISTIANILLITZ
Art 5 RL 2008/104/EG
(RL über Leiharbeit)

§ 10 Abs 1 S 1 AÜG ist nach der Umsetzung der LeiharbeitsRL so auszulegen, dass er sich nicht nur auf das periodisch, in der Regel monatlich fällig werdende Entgelt bezieht, sondern dass ihm der allgemeine arbeitsrechtliche Entgeltbegriff zugrunde liegt.

Dieser umfasst auch eine kollektivvertragliche Corona-Prämie, die einmalig auszuzahlen ist. Der Überlasser kann daher die Auszahlung der im Beschäftiger-KollV vorgesehenen Corona-Prämie an die überlassene Arbeitskraft nicht mit der Begründung verweigern, sie sei kein Entgelt iSd § 10 Abs 1 AÜG.

Sachverhalt

Der Kl war bei der Bekl von 1.3.2015 bis 21.12.2022 (ua) im Ausmaß von 9,25 % (ab 1.1.2022 10 %) einer Vollzeitbeschäftigung als Simulatorpilot beschäftigt und an die Nebenintervenientin überlassen. Auf die Dienstverhältnisse der AN der Nebenintervenientin ist der 2. KollV für die Bediensteten der Austro Control GmbH anzuwenden. Nach dem 23. Nachtrag zum KollV erhalten alle Mitarbeiter:innen mit einem aufrechten Dienstverhältnis zum 31.12.2021 einmalig für 2021 eine Corona-Prämie in der Höhe von € 3.000,-. Bei Teilzeitbeschäftigung gebührt die Prämie im Verhältnis des durchschnittlichen aktiven Teilzeitausmaßes im Jahr 2021.

Verfahren und Entscheidung

Der Kl begehrte mit seiner Klage die aufgrund seiner Teilzeitbeschäftigung anteilige Corona-Prämie von € 277,50 brutto sA gestützt auf § 10 AÜG.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil und gab dem Klagebegehren vollumfänglich statt. Der OGH habe zwar in den – vor der Umsetzung „LeiharbeitsRL“ ergangenen – Entscheidungen 9 ObA 113/03p vom 3.12.2003 und 9 ObA 158/07m vom 17.12.2008 ausgesprochen, dass sich § 10 Abs 1 AÜG unmittelbar nur auf periodisch, in der Regel monatlich fällig werdende Entgeltansprüche beziehe. Diese Einschränkung überzeuge aber angesichts des „equal-pay“-Gebots der LeiharbeitsRL und des Gebots der richtlinienkonformen Auslegung des § 10 Abs 1 AÜG, dem seit der Umsetzung der LeiharbeitsRL der weite arbeitsrechtliche Entgeltbegriff zugrunde zu legen sei, nicht.

Der OGH erachtete die dagegen erhobene ordentliche Revision für zulässig und für teilweise berechtigt: Unter Hinweis auf seine bisherige Rsp vor Umsetzung der LeiharbeitsRL ging er entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts von einer vertretbaren Rechtsansicht der Bekl aus und korrigierte die Berufungsentscheidung hinsichtlich der zugesprochenen Zinsen, bestätigte aber im Übrigen das Urteil des Berufungsgerichts.

Originalzitate aus der Entscheidung

I. Ausgangssituation:

[10] 1. Gemäß § 10 Abs 1 S 1 AÜG hat der überlassene Arbeitnehmer („die Arbeitskraft“) Anspruch auf ein angemessenes, ortsübliches Entgelt, das mindestens einmal monatlich auszuzahlen und schriftlich abzurechnen ist. Gemäß § 10 Abs 1 S 3 AÜG ist bei der Beurteilung der Angemessenheit für die Dauer der Überlassung auf das im Beschäftigerbetrieb vergleichbaren Arbeitnehmern für vergleichbare Tätigkeiten zu zahlende kollektivvertragliche oder gesetzlich festgelegte Entgelt Bedacht zu nehmen. Gemäß § 10 Abs 4 AÜG ist die Vergleichbarkeit nach der Art der Tätigkeit und der Dauer der Beschäftigung im Betrieb des Beschäftigers sowie der Qualifikation des überlassenen Arbeitnehmers für diese Tätigkeit zu beurteilen.

[11] 2. Die Revision spricht zwei Rechtsfragen an, die voneinander zu trennen sind: Zunächst die Frage, ob die im Kollektivvertrag des Beschäftigerbetriebs geregelte einmalige Corona-Prämie überhaupt unter den Entgeltbegriff des § 10 Abs 1 AÜG fallen kann, und bejahendenfalls die Frage, ob der Kläger darauf im Lichte des § 10 Abs 1 S 3, Abs 4 AÜG einen Rechtsanspruch hat.

II. Entgeltbegriff des § 10 Abs 1 AÜG:

1. Bisherige Rechtsprechung:

[12] 1.1. Die Revision tritt der Rechtsansicht des Berufungsgerichts entgegen, eine im Kollektivvertrag vorgesehene einmalige „Corona-Prämie“ falle unter den Entgeltbegriff des § 10 Abs 1 AÜG. Sie verweist darauf, dass der Oberste Gerichtshof diese Bestimmung vor der Umsetzung der LeiharbeitsRL zwei Mal nur auf periodisch, in der Regel monatlich, fällig werdende Entgelte bezogen habe. Letzteres trifft zu:

[13] 1.2. In 9 ObA 113/03p bezeichnete der Oberste Gerichtshof die von den Vorinstanzen vertretene Auffassung, die Entgeltsregelung des § 10 Abs 1 AÜG 18beziehe sich unmittelbar nur auf die periodisch, in der Regel monatlich fällig werdenden Entgeltansprüche, als zutreffend. Der Versuch der Revisionswerberin, allein aus dem Wortlaut dieser Vorschrift eine allgemeine Regel abzuleiten, nach der der Arbeitnehmer auch im Hinblick auf Abfertigungsansprüche mit den Dienstnehmern des Beschäftigerbetriebs gleichgestellt werde, müsse daher erfolglos bleiben.

[14] 1.3. Nach 9 ObA 158/07m stellt die Entscheidung 9 ObA 113/03p klar, dass sich die Entgeltsregelung des § 10 Abs 1 AÜG unmittelbar nur auf die periodisch, in der Regel monatlich fällig werdenden Entgeltansprüche beziehe, sodass der Versuch, allein aus dem Wortlaut dieser Vorschrift eine allgemeine Regel abzuleiten, nach der der Arbeitnehmer auch im Hinblick auf Abfertigungsansprüche mit den Arbeitnehmern des Beschäftigungsbetriebs gleichgestellt werden müsse, erfolglos bleibe.

2. Leiharbeits-Richtlinie:

[15] 2.1. Am 5.12.2008 trat die LeiharbeitsRL in Kraft (Art 13).

[16] 2.2. In Erwägungsgrund 14 der LeiharbeitsRL ist festgehalten, dass die wesentlichen Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen für Leiharbeitnehmer mindestens denjenigen entsprechen sollten, die für diese Arbeitnehmer gelten würden, wenn sie von dem entleihenden Unternehmen für den gleichen Arbeitsplatz eingestellt würden.

[17] 2.3. Gemäß Art 2 LeiharbeitsRL ist es deren Ziel, für den Schutz der Leiharbeitnehmer zu sorgen und die Qualität der Leiharbeit zu verbessern, indem die Einhaltung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Leiharbeitnehmern gemäß Artikel 5 der Richtlinie gesichert wird und die Leiharbeitsunternehmen als Arbeitgeber anerkannt werden.

[18] 2.4. Nach Art 5 Abs 1 LeiharbeitsRL entsprechen die wesentlichen Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen der Leiharbeitnehmer während der Dauer ihrer Überlassung an ein entleihendes Unternehmen mindestens denjenigen, die für sie gelten würden, wenn sie von jenem genannten Unternehmen unmittelbar für den gleichen Arbeitsplatz eingestellt worden wären. Zu den wesentlichen Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen gehört nach Art 3 Abs 1 lit f sublit ii LeiharbeitsRL auch das Arbeitsentgelt. Die „Begriffsbestimmung“ von „Arbeitsentgelt“ überlässt Art 3 Abs 2 LeiharbeitsRL ausdrücklich dem nationalen Recht. […]

3. Umsetzung der LeiharbeitsRL:

[22] 3.1. Der Gesetzgeber setzte die LeiharbeitsRL mit BGBl I 2012/98 in das nationale Recht um. Der hier auszulegende § 10 Abs 1 AÜG wurde um seinen vierten Satz ergänzt, blieb sonst aber unverändert.

[23] 3.2. Das vom Gesetzgeber erklärte Ziel der Gesetzesänderung war die „Umsetzung der Leiharbeitsrichtlinie in nationales Recht“, insbesondere durch die „ausdrückliche Verankerung der Gleichstellung und Gleichbehandlung überlassener Arbeitskräfte mit ArbeitnehmerInnen des Beschäftigers“ (ErläutRV 1903 BlgNR 24. GP 1).

[24] 3.3. Zu § 10 Abs 1 AÜG erklärte der Gesetzgeber, er sehe „eine Gleichstellung überlassener Arbeitskräfte mit vergleichbaren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern des Beschäftigerbetriebes betreffend Entgelt“ vor, und ergänzte: „Der Entgeltbegriff des § 10 ist umfassend zu verstehen. Diese Auslegung im Sinne der Leiharbeitsrichtlinie entspricht der Auffassung der Expertengruppe zur Umsetzung der Leiharbeitsrichtlinie, wonach der Entgeltbegriff weit zu interpretieren ist.“ […]

4. Auswirkungen auf die Rechtsprechung:

[25] 4.1. Aufgrund der LeiharbeitsRL und deren nationaler Umsetzung ist die Rechtsprechung, § 10 Abs 1 AÜG beziehe sich unmittelbar nur auf die periodisch, in der Regel monatlich fällig werdenden Entgeltansprüche, nicht mehr in dieser Allgemeinheit aufrecht zu erhalten.

[26] 4.2. Das österreichische Arbeitsrecht geht allgemein von einem umfassenden Entgeltbegriff aus (RS0027965). Diesen hat der Gesetzgeber, wie er in den Gesetzesmaterialien zur Umsetzung der LeiharbeitsRL ausdrücklich erklärte, auch in § 10 Abs 1 AÜG verwendet. Dieser Wille des Gesetzgebers findet im – wenn auch im Zuge der Novellierung unverändert gebliebenen – Wortlaut des § 10 Abs 1 S 1 AÜG ohne Weiteres Deckung: Der letzte Halbsatz („das mindestens einmal monatlich auszuzahlen und schriftlich abzurechnen ist“) kann zwanglos als bloße Abrechnungsregelung verstanden werden. Auch die systematische und die objektiv-teleologische Interpretation bieten keine Anhaltspunkte dafür, zu einem anderen Ergebnis zu gelangen als der Gesetzgeber der Umsetzung der LeiharbeitsRL. Dazu kommt die gebotene richtlinienkonforme Interpretation: Ein eigener Entgeltbegriff für überlassene Arbeitskräfte würde gegen das Gebot der Gleichbehandlung des Art 5 Abs 1 LeiharbeitsRL verstoßen (vgl auch Erwägungsgrund 14 der LeiharbeitsRL). Die Auslegung des § 10 Abs 1 S 1 AÜG führt daher jedenfalls nunmehr – nach der Umsetzung der LeiharbeitsRL – zum Ergebnis, dass er sich nicht nur auf das periodisch, in der Regel monatlich fällig werdende Entgelt bezieht, sondern dass ihm der allgemeine arbeitsrechtliche Entgeltbegriff zugrunde liegt.

[27] 4.3. Damit kommt der Senat zum selben Ergebnis wie die herrschende Ansicht in der Literatur, die den Entgeltbegriff des § 10 Abs 1 AÜG – zum Teil bereits vor der LeiharbeitsRL, jedenfalls aber nach deren nationaler Umsetzung – nicht auf periodisch fällig werdende Entgeltansprüche beschränkt, sondern umfassend versteht (vgl Burger, Entgeltschutz, Gleichstellungsanspruch und Diskriminierungsschutz überlassener Arbeitskräfte, in Raschauer/Resch [Hrsg], Neuerungen bei der Arbeitskräfteüberlassung [2014] 65 [69 ff]; Risak, AÜG: Abfertigungsanspruch nach dem Beschäftiger-Kollektivvertrag, ecolex 2004, 465; Schindler, Europarechtliche Grundlagen der AÜG-Novelle 2012 und ihre grundsätzliche Umsetzung in Österreich, in Raschauer/Resch [Hrsg], Neuerungen bei der Arbeitskräfteüberlassung [2014] 13 [19 f]; Schindler in ZellKomm3 § 10 AÜG Rz 10 f; Schrattbauer in Schrattbauer, AÜG § 10 Rz 29; Tomandl, Arbeitskräfteüberlassung4 [2021] 87, 91).19

[28] 4.4. Die Parteien stellen nicht in Abrede, dass der allgemeine arbeitsrechtliche Entgeltbegriff auch eine kollektivvertragliche Corona-Prämie umfasst, die einmalig auszuzahlen ist. Die Beklagte kann daher die Auszahlung der Corona-Prämie an den Kläger nicht mit der Begründung verweigern, sie sei kein Entgelt iSd § 10 Abs 1 AÜG.

III. Beurteilung des Anspruchs nach § 10 Abs 1 S 3 AÜG:

[29] 1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs normiert § 10 Abs 1 S 3 AÜG mit dem Ausdruck „Bedachtnahme“ jedenfalls einen Anspruch des überlassenen Arbeitnehmers auf das Mindestentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer für vergleichbare Tätigkeiten nach dem Kollektivertrag des Beschäftigerbetriebs (vgl RS0050789 [T2, T4, T5]). Die Revision zieht das nicht in Zweifel.

[30] 2. Die einmalige Corona-Prämie ist ein kollektivvertragliches Mindestentgelt für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Beschäftigerbetriebs mit einem aufrechten Arbeitsverhältnis am 31.12.2021 – unabhängig von der Art ihrer Tätigkeit. Dass der hier zu beurteilende Kollektivertrag nach der Revision ein „echter Firmenkollektivvertrag“ ist, ändert daran nichts. Insofern sind, wie bereits das Berufungsgericht richtig betont hat, alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Beschäftigerbetriebs mit dem Kläger als überlassener Arbeitskraft vergleichbar iSd § 10 Abs 1 S 3, Abs 4 AÜG. Damit hat auch der Kläger nach diesen Bestimmungen einen Anspruch auf diese Prämie. Die in der Revision geforderte „hypothetische arbeitsplatzbezogene Betrachtungsweise“ ist folglich nicht mehr anzustellen.

[31] 3. Dieses Ergebnis steht auch im Einklang mit der in der Revision zitierten Entscheidung 9 ObA 33/13p, nach der für die Dauer der Überlassung auf das an Arbeitnehmer des Beschäftigerbetriebs für vergleichbare Arbeiten zu zahlende kollektivvertragliche Mindestentgelt Bedacht zu nehmen ist (RS0050789) und § 10 AÜG die Entgeltansprüche des überlassenen Arbeitnehmers somit „weitgehend“ jenen der Stammarbeitnehmer annähert.

IV. Sonstiges:

[32] 1. Da sich keine unionsrechtlichen Auslegungsfragen stellten – insbesondere weil die LeiharbeitsRL die Bestimmung des Entgeltbegriffs dem nationalen Recht überlässt –, war das von den Parteien (hilfsweise) angeregte Vorabentscheidungsersuchen entbehrlich.

Erläuterung

Der OGH korrigiert mit dieser E seine bisherige noch vor der Umsetzung der LeiharbeitsRL ergangene Rsp zum Entgeltbegriff des § 10 Abs 1 AÜG. Dass sich dieser unmittelbar nur auf die periodisch, in der Regel monatlich fällig werdenden Entgeltansprüche beziehe, könne in dieser Allgemeinheit nicht aufrechterhalten werden.

Umfassend begründet führt der OGH aus, dass § 10 Abs 1 AÜG seit der Umsetzung der LeiharbeitsRL den allgemeinen arbeitsrechtlichen Entgeltbegriff umfasst. Auch eine kollektivvertragliche Corona-Prämie, die einmalig auszuzahlen ist, ist somit vom Entgeltbegriff des § 10 Abs 1 AÜG umfasst. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass der OGH ausdrücklich klarstellt, dass diese einmalige Corona-Prämie für alle AN des Beschäftigerbetriebs mit einem aufrechten Arbeitsverhältnis am 31.12.2021 ein kollektivvertragliches Mindestentgelt darstellt.

Die Formulierung in § 10 Abs 1 S 3 AÜG, wonach für die Dauer der Überlassung bei der Beurteilung der Angemessenheit des Entgelts auf das im Beschäftigerbetrieb vergleichbaren AN für vergleichbare Tätigkeiten zu zahlende kollektivvertragliche oder gesetzlich festgelegte Entgelt Bedacht zu nehmen ist, ist nach stRsp iS eines Anspruchs der überlassenen Arbeitskraft auf die Mindestentgelte nach dem KollV des Beschäftigerbetriebs zu verstehen. Da die Corona-Prämie allen AN des Beschäftigerbetriebs unabhängig von der Art ihrer Tätigkeit gebührt, sind alle AN mit allen überlassenen Arbeitskräften iSd § 10 Abs 1 S 3 und Abs 4 AÜG vergleichbar, weshalb auch überlassene Arbeitskräfte Anspruch auf diese Prämie haben.

Betont hat der OGH, dass dieses Ergebnis auch im Einklang mit der E 9 ObA 33/13p vom 24.7.2014 stehe. In dieser E hat der OGH die durch einen Mindestbetrag von € 80,- pro Monat zu erhöhenden tatsächlichen Monatslöhne gegenüber der geringeren Erhöhung der Mindestlohntabelle im KollV-Metallindustrie durch das Referenzzuschlagssystem des KVAÜ als abgegolten erachtet.

Nicht aufrecht erhalten werden kann mE das Ergebnis der älteren OGH-E vom 2.2.2005, 9 ObA 130/04i. Dieser E lag der Sachverhalt zugrunde, dass der Kollektivvertragsabschluss des KollV-Metallindustrie des Jahres 2002 eine Einmalzahlung enthielt, nach der alle AN, die am 1.11.2002 in einem Arbeitsverhältnis standen, welches am 15.1.2003 aufrecht war, eine Einmalzahlung von € 110,- erhielten, die spätestens bis 31.3.2003 auszuzahlen war. Der OGH hat damals ausgesprochen, dass derartige Einmalzahlungen eine allgemeine Entgelterhöhung darstellen, die aus verschiedenen Gründen nicht in einer prozentuellen Erhöhung des bisherigen Grundlohns, sondern in einer einmaligen Zahlung an sämtliche zu bestimmten Stichtagen im Betrieb beschäftigten DN in gleicher Höhe besteht. Der OGH hat damals die Rechtsansicht vertreten, dass das Referenzzuschlagssystem des KVAÜ als pauschalierende Regelung über den erhöhten Überlassungslohn regelmäßig auch die in einem Beschäftiger-KollV vorgesehenen „Einmalzahlungen“, die als allgemeine Lohnerhöhungen zu qualifizieren sind, erfasst, sodass der überlassene AN neben dem erhöhten Überlassungslohn nicht noch zusätzlich eine solche Einmalzahlung verlangen kann.

Diese Einmalzahlung unterscheidet sich bei genauerer Betrachtung rechtlich nicht von der einmalig zu 20 zahlenden Corona-Prämie, die der OGH nun klar als kollektivvertragliches Mindestentgelt qualifiziert hat. Ohne hier nun weitere Argumente zu strapazieren, sollte durch die nun ergangene E klargestellt sein, dass das Referenzzuschlagssystem des KVAÜ derartige unvorhersehbare Mindestentgelte nicht erfasst.