Ein genialer Plan (?) – Sozialversicherungsrechtliche Fehlbeurteilung von Erwerbstätigkeiten und ihre Folgen

SUSANNEAUER-MAYER (SALZBURG)
Die Pflichtversicherung in der SV tritt mit Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen ex lege und unabhängig von einer Meldung ein. Es liegt daher nicht in der freien Disposition der Tätigwerdenden oder deren „Auftraggeber/innen“, ob und nach welchen gesetzlichen Vorgaben eine Person versichert ist. Insb hängt daher das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit iSd GSVG oder einer solchen als (freie/r) DN iSd ASVG nicht vom Willen der Parteien ab. Was sind aber die Konsequenzen, wenn diese – irrtümlich oder auch wider besseren Wissens – eine falsche Beurteilung anstellen?

Sachverhalt

Anton A war seit zehn Jahren bei der Bäder-Traum-GmbH als Fliesenleger beschäftigt. Er arbeitete wöchentlich 40 Stunden. Seine Arbeitszeiten wurden von der Sekretärin nach den Vorgaben der Geschäftsleitung eingeteilt, wobei vor Fixierung von Frühterminen (vor 8 Uhr) oder Abendterminen (nach 18 Uhr) idR Rücksprache mit den Fliesenlegern gehalten wurde. War ein Termin einmal fixiert, musste dieser auch wahrgenommen werden. Anton A musste seine Arbeitszeiten aufzeichnen und in regelmäßigen Abständen der Geschäftsleitung vorlegen. Nur in Ausnahmefällen durfte er sich nach Rücksprache durch einen anderen Kollegen vertreten lassen. Wenn er auf Urlaub gehen wollte, muss er dies vorher bewilligen lassen.

Kurz vor Weihnachten 2009 wandte sich Anton A wegen einer Gehaltserhöhung an den Geschäftsführer. Dieser teilte ihm mit, er könne ab 1.1.2010 auf „selbständiger Basis“ aufgrund von „Werkverträgen“ arbeiten und so einen höheren Bruttostundensatz erhalten als bisher im Rahmen des Dienstverhältnisses. Der Geschäftsführer informierte Anton A weiters, dass er in der Folge die Sozialversicherungsbeiträge und Steuern selbst zu bezahlen hätte.

Anton A war von diesem Vorschlag begeistert. Er beantragte eine Gewerbeberechtigung, erstattete eine Anmeldung bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (SVA) und entrichtete fortan die auf Grundlage des GSVG vorgeschrieben Beiträge an diese. An seiner Tätigkeit änderte sich weder inhaltlich noch organisatorisch etwas. Die Termine wurden wie bisher eingeteilt, Anton A war weiterhin weisungsunterworfen, hatte Stundenlisten zu führen, durfte sich nur ausnahmsweise durch einen Kollegen vertreten lassen und musste seine Urlaube (wenngleich er in dieser Zeit kein „Honorar“ erhielt) bewilligen lassen.

Am 30.08.2015 stellte die zuständige Gebietskrankenkasse (GKK) rückwirkend die Versicherungspflicht des Anton A gem § 4 Abs 1 Z 1 iVm Abs 2 ASVG fest.

Welche rechtlichen Konsequenzen hat die Feststellung der GKK für die Beteiligten?

(Sachverhalt frei nach OGH 17.2.2005, 8 ObA 20/04f)

1.
Einführung

Im Rahmen der Falllösung ist zu untersuchen, wer welche Ansprüche gegen wen auf Basis welcher Rechtsgrundlage(n) hat bzw haben könnte. Ausgangspunkt ist also die Frage: „Wer will was, von wem, woraus?“. Dabei ist explizit nur eine Beurteilung der Konsequenzen der Feststellung der GKK gefordert. Nicht Gegenstand der Falllösung sind daher allfällige Ansprüche des Anton A gegen Bäder-Traum für den Fall, dass es auch arbeitsrechtlich zu einer „Umqualifizierung“ kommt.*550

Konkret hat die GKK entgegen der Meldung einer selbständigen Tätigkeit durch Anton A bei der SVA rückwirkend die Pflichtversicherung nach dem ASVG festgestellt, wobei A bereits Beiträge nach dem GSVG* entrichtet hat. In einem ersten Schritt gilt es nun – gleichsam als Vorfrage – zu prüfen, ob die „Umqualifizierung“ seitens der GKK inhaltlich richtig ist. Wäre diese falsch, hätten die Parteien insoweit alles richtig gemacht und ginge es daher nur darum, wie die fehlerhafte Entscheidung der GKK bekämpft werden kann. Gelangt man dagegen zum Ergebnis, dass die GKK mit ihrer Beurteilung im Recht ist, stellt sich die Frage der rechtlichen Auswirkungen der Fehleinschätzung der Parteien.* Ansprüche kommen dabei grundsätzlich zwischen allen Beteiligten in Betracht.*

2.
Beurteilung der Versicherungspflicht des Anton A
2.1.
Grundsätzliches zur Abgrenzung von ASVG-Versicherten zu GSVG-Versicherten
2.1.1.
Dienstnehmer/innen iSd ASVG

Gem § 4 Abs 1 Z 1 ASVG sind die bei einem/einer oder mehreren DG beschäftigten DN in der KV, UV und PV nach dem ASVG pflichtversichert.* DN ist nach § 4 Abs 2 ASVG, wer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird. Dabei sind ausdrücklich auch Personen erfasst, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber jenen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. Als DN gilt (mit wenigen Ausnahmen) überdies, wer nach § 47 Abs 1 iVm Abs 2 EStG lohnsteuerpflichtig ist.

Für das Vorliegen von DN-Eigenschaft ist nach stRsp entscheidend, ob nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Tätigkeit die Bestimmungsfreiheit des/der Beschäftigten weitgehend ausgeschaltet oder aber nur beschränkt ist.* Grundvoraussetzung der persönlichen Abhängigkeit ist das Bestehen einer persönlichen Arbeitspflicht.* Diese besteht nicht, wenn die Betroffenen (auch) bereits übernommene Dienste jederzeit sanktionslos ablehnen und/oder sich jederzeit nach Gutdünken und nicht nur in bestimmten Einzelfällen (zB Krankheit, Urlaub) durch eine Person ihrer Wahl vertreten zu lassen können.*

Wird die persönliche Arbeitspflicht bejaht, ist im nächsten Schritt zu prüfen, ob im Zuge der Ausübung der Tätigkeit die Merkmale persönlicher Abhängigkeit gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen.* Unterscheidungskräftige Kriterien sind hier nach der Judikatur grundsätzlich nur die Bindung an Vorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse.* Dabei können ausdrückliche persönliche Weisungen und Kontrollen bei entsprechender Eingliederung in die betriebliche Organisation und die innerbetrieblichen Abläufe durch „stille Autorität“ substituiert werden.* Nur, wenn die geschilderten Kriterien keine abschließende Beurteilung ermöglichen, können weitere Aspekte, wie die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses, das Fehlen eines das Arbeitsverfahren betreffenden Weisungsrechts oder die Art des Entgelts und der Entgeltleistung (vgl § 49 ASVG) von maßgebender Bedeutung sein.*

Die im Fehlen einer eigenen unternehmerischen Struktur zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Abhängigkeit ist nach der Rsp zwar grundsätzlich die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit.* In Zweifelsfällen kann aber auch die im Wesentlichen ausschließliche Erbringung der Arbeitsleistungen für eine Person oder der fehlende Einsatz eigener Betriebsmittel für die Beurteilung der DN-Eigenschaft beachtlich sein.*

2.1.2.
Freie Dienstnehmer/innen iSd ASVG

Auch wenn die persönliche Abhängigkeit in einem konkreten Fall zu verneinen ist (und kein Sondertatbestand der Z 2 bis 13 des § 4 ASVG vorliegt), kann eine Pflichtversicherung nach dem ASVG vorliegen. Denn gem § 4 Abs 1 Z 14 ASVG sind auch den DN „im Sinne des Abs. 4“ Gleichgestellte nach dem ASVG vollversichert. Erfasst sind hier Personen, die sich aufgrund freier Dienstverträge auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen für bestimmte (insb: nicht private) DG* verpflichten, wenn sie aus die-551ser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im Wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen. Hier geht es also um Personen, die zwar in persönlicher Unabhängigkeit tätig werden, mangels eigener unternehmerischer Struktur aber wirtschaftlich abhängig sind.* Die Pflichtversicherung tritt allerdings bezüglich dieser Personengruppe nur ein, wenn die Betroffenen nicht aufgrund ihrer Tätigkeit bereits nach bestimmten anderen gesetzlichen Vorschriften – insb nach § 2 Abs 1 Z 1 bis 3 GSVG (dazu sogleich näher) – versichert sind.* § 4 Abs 4 ASVG ist also subsidiär.

2.1.3.
Selbständige iSd GSVG

Gem § 2 Abs 1 Z Z 1 bis 3 GSVG sind dagegen die „Mitglieder der Kammern der gewerblichen Wirtschaft“ sowie (bestimmte) Gesellschafter/innen einer kammerzugehörigen OG/KG oder GmbH nach dem GSVG in der KV und PV pflichtversichert.* § 2 GSVG stellt für das Entstehen der Pflichtversicherung also auf die Wirtschaftskammermitgliedschaft ab.* Letztere tritt gem § 2 Abs 1 WKG ipso iure ein, wenn in § 2 WKG genannte Unternehmungen rechtmäßig selbständig betrieben werden oder eine entsprechende Berechtigung besteht.

Ebenfalls eine Pflichtversicherung nach dem GSVG besteht seit 1998 grundsätzlich für nichtgewerblich selbständig Erwerbstätige (vgl § 2 Abs 1 Z 4 GSVG iVm §§ 22 Z 1 bis 3 und 5 bzw 23 EStG). Diese „Neuen Selbständigen“ unterliegen der Pflichtversicherung nach dem GSVG allerdings nur, soweit sie nicht aufgrund dieser Erwerbstätigkeit bereits nach Z 1 bis 3 leg cit oder einem anderen Bundesgesetz pflichtversichert sind. Die Pflichtversicherung „Neuer Selbständiger“ ist somit insb gegenüber einer solchen als DN oder freie/r DN iSd ASVG nachrangig. § 2 Abs 1 Z 4 GSVG stellt (nur) einen Auffangtatbestand dar.*

2.1.4.
Abgrenzung der verschiedenen Versicherungstatbestände

Führt man sich die geschilderten Versicherungstatbestände vor Augen, wird schnell deutlich, dass es zweifelhaft sein kann, nach welchen gesetzlichen Vorgaben eine erwerbstätige Person pflichtversichert ist. Insb das Vorliegen persönlicher und/oder wirtschaftlicher Abhängigkeit ist stets im Einzelfall und oft schwer zu beurteilen. Dabei helfen auch die bestehenden Subsidiaritätsregelungen häufig wenig weiter: Eine bestehende Gewerbeberechtigung schließt zwar sowohl eine Pflichtversicherung als „Neue/r Selbständige/r“ nach § 2 Abs 1 Z 4 GSVG als auch als freie/r DN nach § 4 Abs 4 ASVG aus.* Wird der/die Inhaber/in der Gewerbeberechtigung im Zuge der konkreten Tätigkeit in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit tätig, können aber auch die Voraussetzungen einer Pflichtversicherung als „echte/r“ DN nach dem ASVG erfüllt sein.

Hier ist nun insb zu beachten, dass gem § 539a Abs 1 ASVG für die Beurteilung von Sachverhalten der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform maßgebend ist. Der VwGH geht dementsprechend davon aus, dass es hinsichtlich der Pflichtversicherung auf die konkreten Umstände der Leistungserbringung ankommt. Demnach führt eine Tätigkeit in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit auch bei Vorliegen einer Gewerbeberechtigung zur ex lege-Versicherung als DN nach dem ASVG.* Auch kommt es auf die Bezeichnung als „Auftrag“, „Werkvertrag“ oder „freier Dienstvertrag“ nicht an.* Ebenso wenig ändert es etwas am Vorliegen eines Dienstverhältnisses, wenn Dienstleistungen gedanklich in einzelne „Werke“ zerlegt werden.* Der Umstand, dass die Betroffenen aufgrund des an die Wirtschaftskammermitgliedschaft anknüpfenden § 2 Abs 1 Z 1 GSVG bereits Beiträge an die SVA geleistet haben, schließt die nachträgliche Feststellung einer Pflichtversicherung nach § 4 Abs 1 Z 1 iVm Abs 2 ASVG ebenfalls nicht aus.*

Nicht zuletzt ist zwar die Pflichtversicherung als „Neue/r Selbständige/r“ gegenüber anderen Versicherungstatbeständen subsidiär. Gerade im Verhältnis zum ASVG erfordert die Beurteilung des Vorliegens einer vorrangigen anderen Pflichtversicherung aber wiederum eine materielle Prüfung der persönlichen und/oder wirtschaftlichen Abhängigkeit.

2.2.
Beurteilung des Ausgangsfalls

Anton A war ursprünglich einvernehmlich als DN für Bäder-Traum tätig. Diese Beurteilung war auch materiell zutreffend: A war örtlich und zeitlich gebunden, weisungsunterworfen und unterlag etwa in Gestalt der vorzulegenden Stundenliste der Kontrolle durch Bäder-Traum. Er hatte seine Arbeitsleistung persönlich zu erbringen, woran insb auch die erfolgende Rücksprache vor Fixierung bestimmter Randtermine und die Möglichkeit der urlausbedingten Vertretung nichts ändern. Denn hatte Anton A die Übernahme eines Termins zugesagt, musste er diesen auch einhalten. In Wahrheit lag ein durchgängiges Vertragsverhältnis vor, wobei Anton A nur einen geringen Einfluss auf seine Arbeitszeiten hatte.* Auch war eine552 Vertretung nur nach Rücksprache durch Kollegen möglich, was nach der Rsp für den Ausschluss einer persönlichen Arbeitspflicht nicht ausreicht.* Anton A wurde somit in persönlicher und damit auch wirtschaftlicher Abhängigkeit für Bäder-Traum tätig und war als DN gem § 4 Abs 1 Z 1 ASVG vollversichert.

Die Frage ist nun, ob sich an dieser Beurteilung durch den ab 2010 vereinbarten Wechsel in eine Tätigkeit „auf selbständiger Basis“ auf Grundlage von „Werkverträgen“ etwas änderte. Dem Sachverhalt zufolge kam es weder inhaltlich noch organisatorisch zu einer Änderung der Tätigkeit. Nach dem Gesamtbild wurde Anton A also weiterhin in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit tätig. Die Bezeichnung des Vertragsverhältnisses als „Werkvertrag“ ändert hieran nach dem Gesagten ebenso wenig etwas wie die beantragte Gewerbeberechtigung. Nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt lag sohin auch nach 2009 ein Dienstverhältnis vor. Die GKK ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass Anton A (weiterhin) als DN der Bäder-Traum-GmbH nach dem ASVG pflichtversichert war.

Was sind aber die rechtlichen Folgen der im August 2015 getroffenen Feststellung der GKK?

3.
Konsequenzen der „Umqualifikation“ durch die GKK
3.1.
Allgemeines

Wird hinsichtlich einer Tätigkeit wie im Ausgangsfall zunächst eine Pflichtversicherung nach dem GSVG gemeldet, nachträglich aber eine solche nach dem ASVG festgestellt, kommt es (jedenfalls dann, wenn die GSVG-Versicherung aufgrund der materiellen DN-Stellung „storniert“ wird)* zu einer „Umqualifikation“ des/der Erwerbstätigen bzw von Teilen seines/ihres Einkommens.

Im Verhältnis „Neue Selbständige“ (§ 2 Abs 1 Z 4 GSVG) – freie DN (§ 4 Abs 4 ASVG) sieht § 194a GSVG hier ein spezifisches Verfahren vor. Demnach hat die SVA auf Antrag mit Bescheid festzustellen, ob die in § 2 Abs 1 Z 4 genannten Voraussetzungen vorliegen. Wird ein solcher Antrag eingebracht, darf diese jedoch das Vorliegen der Pflichtversicherung gem § 4 Abs 4 ASVG als Vorfrage nur dann selbst beurteilen, wenn die GKK nach Einleitung eines entsprechenden Verfahrens auf Antrag der SVA nicht binnen eines Monats eine Entscheidung trifft. Stellt die GKK in weiterer Folge eine Pflichtversicherung nach § 4 Abs 4 ASVG fest, so wirkt diese Feststellung gem § 10 Abs 1a ASVG nur für die Zukunft. Die Lehre geht in diesem Lichte überzeugend davon aus, dass die Umqualifizierung „Neuer Selbständiger“ zu freien DN generell nur pro futuro wirkt.* Insoweit kommt es also zu keiner Rückabwicklung und resultieren daher auch für die Vergangenheit keine sozialversicherungsrechtlichen Ansprüche aus der Neubeurteilung.

Im konkreten Fall geht es aber um eine „Umqualifikation“ des Anton A von einem (gewerblichen) Selbständigen zu einem „echten“ DN nach ASVG. Hier geht die Rsp angesichts der Meldeunabhängigkeit der Pflichtversicherung von einer rückwirkenden Änderung derselben aus.* Zwar wird in der Literatur zT eine analoge Anwendung des § 10 Abs 1a ASVG befürwortet.* Die Zulässigkeit einer solchen Analogie scheint jedoch fraglich, da eine planwidrige Lücke kaum auszumachen ist.* Im Folgenden sind daher die rechtlichen Konsequenzen einer rückwirkenden „Umqualifizierung“ aus Sicht aller Beteiligten zu erörtern.

3.2.
Ansprüche der GKK
3.2.1.
GKK gegen Bäder-Traum auf Nachzahlung der Beiträge gem § 51 iVm § 58 Abs 2 ASVG

Die GKK hat infolge der rückwirkenden Feststellung der ASVG-Versicherung auch die nach § 51 ASVG für die Vergangenheit gebührenden Beiträge vorzuschreiben. Nach richtiger Ansicht ist Beitragsgrundlage dabei unabhängig von einer allfälligen, hier nicht näher zu erörternden, „Senkung“ des arbeitsrechtlichen Entgelts,* das an Anton A geleistete „Honorar“. Denn § 44 Abs 1 Z 1 stellt hinsichtlich der Beitragsgrundlage auf das Entgelt iSd § 49 ASVG ab und erfasst damit sowohl den „Anspruchslohn“ als auch alle darüber hinaus geleisteten Zahlungen des/der DG (oder Dritter). Selbst wenn also das gebührende Entgelt in der Retrospektive unter dem geleisteten Honorar liegen sollte, hat dies (mangels Rückforderungsrechts durch Bäder-Traum) keine Auswirkungen auf die Beitragsgrundlage.*

Die Beiträge sind gem § 51 Abs 3 ASVG, mit Ausnahme des Unfallversicherungsbeitrags, der zur Gänze von Bäder-Traum als DG* zu zahlen ist, von Anton A und Bäder-Traum anteilig zu tragen. Schuldner der Sozialversicherungsbeiträge ist allerdings gem § 58 Abs 2 ausschließlich Bäder-Traum. Diese hat sowohl den DN- als auch den DG-Anteil auf ihre Gefahr und Kosten zur Gänze einzuzahlen. Angesichts der unterlassenen Anmeldung (vgl § 33) und der dadurch bedingten verspäteten Beitragszahlung kann überdies gem § 113 ein Beitragszuschlag vorgeschrieben werden bzw sind (sofern dies unterbleibt) gem § 59 Verzugszinsen zu entrichten.*553

Der/Die DG ist zwar gem § 60 Abs 1 ASVG grundsätzlich berechtigt, den auf den/die Versicherte/n entfallenden Beitragsteil vom Entgelt abzuziehen. Dieser Abzug muss allerdings bei sonstigem Verlust spätestens bei der auf die Fälligkeit des Beitrags nächstfolgenden Entgeltzahlung erfolgen, sofern die nachträgliche Entrichtung der vollen Beiträge nicht (ausnahmsweise) ohne Verschulden des/der DG erfolgt.* Da das Fortbestehen eines Dienstverhältnisses für Bäder-Traum angesichts der unveränderten Tätigkeit des Anton A jedenfalls erkennbar sein musste, trifft diese im konkreten Fall ein Verschulden an der verspäteten Entrichtung. Das Abzugsrecht besteht somit nur noch bezüglich des der nächsten Entgeltzahlung unmittelbar vorangegangenen Beitragsmonats. Im Übrigen schuldet Bäder-Traum die gesamten rückständigen Beiträge, ohne diese vom künftigen Entgelt des Anton A abziehen zu können (zur Frage, ob Bäder-Traum die DN-Anteile zivilrechtlich von Anton A zurückfordern kann vgl 3.4.3.). Abweichendes gilt nur, soweit es infolge der „Umqualifizierung“ (auch) zur Nachzahlung arbeitsrechtlicher Ansprüche kommt.* Diesbezüglich lässt die neuere Rsp einen Abzug der auf die Nachzahlung entfallenden Beiträge ungeachtet des Verschuldens des/der DG zu.*

Zu einer Verringerung der Beitragslast kommt es allerdings zum einen insofern, als gem § 41 GSVG unter bestimmten Voraussetzungen die an die SVA (ungebührlich) geleisteten Beiträge (direkt) an die GKK zu überweisen sind (näher unten 3.2.3. sowie 3.4.1.). Zum anderen verjährt das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen gem § 68 Abs 1 ASVG binnen drei Jahren vom Tag der Fälligkeit der Beiträge, also gem § 58 Abs 1 ASVG grundsätzlich ab dem letzten Tag des Kalendermonats, in den das Ende des Beitragszeitraums fällt.* Hat der/die DG keine oder unrichtige Angaben über die bei ihm beschäftigten Personen gemacht, die er/sie bei gehöriger Sorgfalt als notwendig oder unrichtig hätte erkennen müssen, so verlängert sich die Verjährungsfrist auf fünf Jahre. Der/die DG muss sich dabei über alle zur Erfüllung seiner/ihrer gesetzlichen Verpflichtung notwendigen Aspekte Kenntnis verschaffen.* Die Verjährungsfrist beginnt zwar bei verspäteter Meldung ex lege erst mit dem Tage der Meldung zu laufen. Wurde eine Anmeldung überhaupt unterlassen, ist nach stRsp* jedoch wiederum auf den Tag der Fälligkeit der Beiträge abzustellen.* Die Verjährung wird gem § 68 Abs 1 Satz 3 durch jede zum Zwecke der Feststellung getroffene Maßnahme in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem der/die Zahlungspflichtige davon in Kenntnis gesetzt wird.

Da Bäder-Traum jedenfalls erkennen hätte müssen, dass Anton A weiterhin als DN bei der GKK anzumelden war, ist im konkreten Fall von der Anwendbarkeit der fünfjährigen Verjährungsfrist auszugehen. Folgt man dem VwGH, begann die Verjährungsfrist mit Fälligkeit der Beiträge zu laufen. Die für Jänner 2010 bis Juli 2010 gebührenden Beiträge sind somit bereits verjährt,* sofern Bäder-Traum nicht schon früher – etwa im Rahmen einer durchgeführten gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben* – von Maßnahmen zur Feststellung der Versicherungspflicht des Anton A informiert wurde. Auf diese Verjährung ist, anders als im Zivilverfahren, von Amts wegen Bedacht zu nehmen.* Es bedarf insoweit also keiner Einrede durch Bäder-Traum.

3.2.2.
GKK gegen Anton A auf Nachzahlung der Beiträge gem ??

Da nach dem Gesagten ausschließlich Bäder-Traum als DG die Sozialversicherungsbeiträge schuldet, besteht diesbezüglich auch kein Anspruch der GKK gegen Anton A.

3.2.3.
GKK gegen SVA auf Überweisung der Beiträge gem § 41 Abs 3 GSVG

Die GKK kann nach dem unter 3.2.1. Gesagten zwar die Beiträge von Bäder-Traum nachfordern, soweit sie noch nicht verjährt sind. Für diese besteht sie noch eine weitere, uU einfachere, Möglichkeit, die rückständigen Beiträge zumindest teilweise zu erlangen. § 41 GSVG regelt nämlich nicht nur, unter welchen Voraussetzungen ungebührlich geleistete Beiträge – also die Differenz zwischen den im jeweiligen Beitragszeitraum geschuldeten und den tatsächlich entrichteten Beiträgen* – zurückgefordert werden können (näher 3.3.1.). Die genannte Bestimmung sieht vielmehr in Abs 3 für bestimmte Fälle eine (direkte) Überweisung derartiger Beiträge von einem Sozialversicherungsträger zu einem554 anderen vor: War demnach – wie im gegenständlichen Fall – statt des Versicherungsträgers, an den die Beiträge entrichtet wurden (also der SVA), ein anderer Versicherungsträger (nämlich die GKK) zur Leistungserbringung zuständig, hat der unzuständige Versicherungsträger die ungebührlich entrichteten Beiträge an den zuständigen Versicherungsträger zu überweisen, sofern ersterem gegenüber letzterem ein Ersatzanspruch für zu Unrecht erbrachte Leistungen zusteht. § 41 Abs 3 verweist bezüglich des Ersatzanspruchs auf § 182, der allerdings selbst keine Ersatzansprüche einräumt, sondern nur für bestehende Ansprüche eine Verfallsfrist von sechs Jahren vorsieht. Offenbar wurde das Bestehen eines Ersatzanspruchs bei Erbringung von eigentlich in die Zuständigkeit eines anderen Versicherungsträgers fallenden Leistungen also durch den Gesetzgeber vorausgesetzt.*

Die SVA hat somit grundsätzlich die durch Anton A entrichteten Beiträge (abzüglich des zur Deckung ihrer Aufwendungen notwendigen Anteils) an die GKK zu überweisen, sofern sie bereits Leistungen an Anton A erbracht hat. Der VwGH geht allerdings davon aus, dass eine direkte Verrechnung zwischen GKK und SVA nur in Bezug auf Krankenversicherungsbeiträge in Betracht kommt, da die GKK bezüglich der Unfallversicherungs- und Pensionsversicherungsbeiträge nur zur Beitragseinhebung, nicht aber zur „Leistungserbringung“, zuständig ist.* Im Übrigen hat bezüglich der UV zwar die Meldung der gem § 8 Abs 1 Z 3 lit a nach dem ASVG teilversicherten Selbständigen nach § 37 ASVG bei der SVA zu erfolgen, ist aber sowohl für GSVG- als auch ASVG-Versicherte die AUVA leistungszuständig, sodass insoweit eine Überweisung von vornherein ausscheidet.

Kommt es nach Maßgabe des § 41 Abs 3 GSVG zu einer Überweisung von (Krankenversicherungs-)Beiträgen, sind diese auf die der GKK – seitens Bäder-Traum – geschuldeten Beiträge anzurechnen und ist ein allenfalls entstehender Überschuss dem „Beitragsschuldner“ gutzuschreiben bzw zu erstatten (näher dazu unten 3.3.2.).

3.3.
Ansprüche des Anton A
3.3.1.
Anton A gegen SVA auf Rückzahlung der Beiträge gem § 41 Abs 1 iVm Abs 6 GSVG

Anton A wird infolge der nachträglichen Feststellung der Unrichtigkeit der GSVG-Versicherung idR vor allem Interesse daran haben, die von ihm fälschlich entrichteten GSVG-Beiträge rückerstattet zu bekommen. Die Regelungen zur Rückforderung ungebührlich entrichteter Beiträge finden sich wie bereits erwähnt in § 41 GSVG: Gem Abs 1 iVm Abs 6 leg cit können diese von dem/der Versicherten grundsätzlich innerhalb von fünf Jahren nach deren Zahlung zurückgefordert werden.* Da Anton A tatsächlich nicht selbständig erwerbstätig, sondern durchgehend als DN nach dem ASVG pflichtversichert war, ist davon auszugehen, dass die gesamten an die SVA entrichteten Beiträge „ungebührlich“ geleistet wurden und daher grundsätzlich von diesem zurückgefordert werden können.

Ein Rückforderungsrecht besteht jedoch gem § 41 Abs 2 GSVG nicht, wenn entweder eine Formalversicherung begründet wurde oder innerhalb des Zeitraums, für den Beiträge ungebührlich entrichtet worden sind, eine Leistung erbracht wurde. Ist letzteres der Fall, scheidet eine Rückforderung für den gesamten Zeitraum aus. Dasselbe gilt, wenn nach dem Zeitraum, für den Beiträge ungebührlich entrichtet wurden, eine Leistung zuerkannt wurde und die Beiträge Einfluss auf den Bestand oder das Ausmaß des Leistungsanspruchs hatten.*

Im konkreten Fall konnte eine Formalversicherung (§ 14 GSVG) angesichts der ex lege-Versicherung nach dem ASVG nicht entstehen. Die Frage eines Rückforderungsrechts des Anton A hängt somit maßgeblich davon ab, ob dieser Leistungen der SVA bezogen hat (bzw eine Leistung zuerkannt wurde, auf die die geleisteten Beiträge Einfluss hatten). Dabei ist Betrachtungszeitraum die gesamte Zeit vom ersten bis zum letzten Monat, für den Beiträge ungebührlich entrichtet wurden.* Soweit Anton A daher in diesem gesamten Zeitraum (auch nur einmalig) Leistungen bezogen hat, scheidet eine Rückforderung der Beiträge aus dem jeweiligen Versicherungszweig zur Gänze aus.* Da es insb unwahrscheinlich ist, dass Anton A seit Beginn seiner Tätigkeit auf „selbständiger Basis“ keinerlei Leistungen der KV bezogen hat, dürfte jedenfalls insoweit eine Rückforderung ausscheiden. Für diesen Fall ist allerdings in § 41 Abs 3 GSVG die Überweisung an die GKK vorgesehen, sodass Anton A der geleisteten Krankenversicherungsbeiträge nicht verlustig geht (näher bereits oben 3.2.3. sowie unten 3.3.2.).

Darüber hinaus stellt sich freilich die Frage, wie es sich auf das Rückforderungsrecht auswirkt, dass es Anton A wohl zumindest iSe dolus eventualis ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand, de facto gar nicht Selbständiger iSd GSVG zu sein. Ex lege ist eine Rückforderung in Fällen vorsätzlich ungebührlicher Beitragszahlung nicht ausgeschlossen. In der Literatur* wird hier jedoch teilweise analog § 1432 ABGB die Möglichkeit einer Rück-555forderung verneint. Dagegen spricht allerdings, dass eine Rückforderung in all jenen Fällen, in denen den Betroffenen aus der Beitragsleistung (in Gestalt des Eintritts einer Formalversicherung oder des Bezugs bzw Zuspruchs einer Leistung) ein Vorteil erwachsen ist, schon ex lege ausgeschlossen ist. Damit scheint fraglich, ob bezüglich vorsätzlich ungebührlich geleisteter Beiträge tatsächlich eine planwidrige Lücke angenommen werden kann, die eine Analogie rechtfertigen würde.*

Unabhängig davon hat die SVA über das Bestehen eines Rückforderungsrechts (jedenfalls bei Ablehnung und einem entsprechenden Antrag des Anton A) gem § 194 GSVG iVm § 410 Abs 1 Z 7 ASVG bescheidmäßig abzusprechen.*

3.3.2.
Anton A gegen GKK auf Erstattung von Beiträgen gem § 41 Abs 3 GSVG (?)

Soweit ein Rückforderungsrecht ausscheidet, es aber nach Maßgabe des § 41 Abs 3 GSVG zu einer Überweisung von (Krankenversicherungs-)Beiträgen kommt (siehe oben 3.2.3.), könnte auch dies für Anton A von Interesse sein. Denn zwar ist der überwiesene Betrag zunächst auf die der GKK geschuldeten Beiträge anzurechnen.* Da Beitragsschuldnerin nach dem unter 3.2.1. Gesagten ausschließlich Bäder-Traum ist, nützt dies Anton A also a priori wenig, müsste er die ASVG-Beiträge doch ohnedies nicht nachzahlen. Gem § 41 Abs 3 letzter Satz ist allerdings ein allenfalls entstehender Überschuss dem „Beitragsschuldner“ gutzuschreiben bzw zu erstatten. Hieraus ist ein entsprechender Rechtsanspruch abzuleiten, wobei der Erstattungsanspruch nach der Rsp nicht beim nunmehr unzuständigen Träger (SVA), sondern beim zuständigen Versicherungsträger (GKK) geltend zu machen ist.* Nach einer in der Literatur vertretenen Auffassung ist nun im Lichte der Vermeidung ungerechtfertigter Bereicherungen ungeachtet der Verwendung des Wortes „Beitragsschuldner“ davon auszugehen, dass eine Anrechnung (Gutschreibung) nur auf den DN-Beitrag zu erfolgen hat bzw (nur) die umqualifizierte Person selbst einen Erstattungsanspruch geltend machen kann.*

Diese Auslegung scheint insofern noch vom Wortlaut des § 41 GSVG gedeckt, als es nicht fern liegt, unter „Beitragsschuldner“ die ursprünglich nach dem GSVG fälschlich als beitragspflichtig angenommene Person zu verstehen. Für sie spricht auch, dass im Falle einer Anrechnung des GSVG-Beitrags auf den gesamten ASVG-Beitrag wohl kaum jemals eine Gutschrift für die Zukunft entstehen könnte. Folgt man dieser Ansicht, wird Anton A ein sogar beträchtliches Interesse an einer Überweisung und Anrechnung der GSVG-Beiträge haben, werden ihm diese doch auch pro futuro (!) auf den zu entrichtenden DN-Anteil gutgeschrieben und kann er (insb bei Beendigung des Dienstverhältnisses) deren Erstattung durch die GKK verlangen.

Gegen die geschilderte Auffassung lässt sich freilich neben der Verwendung des Wortes „Beitragsschuldner“ ins Treffen führen, dass § 41 Abs 3 GSVG wohl vor allem aus praktischen Überlegungen (insb im Hinblick auf die Einbringlichkeit der Beiträge) und weniger mit Blick auf den Ausgleich allfälliger Bereicherungen getroffen wurde.* Schließt man sich dem an, bleibt nur die Prüfung einer zivilrechtlichen Rückabwicklung.* Zu denken wäre hier wohl vor allem an einen bereicherungsrechtlichen Anspruch des Anton A gem § 1042 ABGB wegen Tragung eines Aufwands, den nach dem Gesetz Bäder-Traum als Beitragsschuldnerin hätte machen müssen. Zu erwägen wäre auch eine Legalzession des Anspruchs der GKK gegen Bäder-Traum auf Anton A unter sinngemäßer Anwendung des § 1358 ABGB. Im Detail kann dieser Frage jedoch in diesem Rahmen nicht nachgegangen werden.

3.3.3.
Anton A gegen Bäder-Traum gem ??

Unmittelbare sozialversicherungsrechtliche Ansprüche zwischen Anton A und Bäder-Traum bestehen nicht. Auf allfällige zivilrechtliche Ansprüche des Anton A, etwa im Hinblick auf einen möglichen „Pensionsschaden“ durch verjährungsbedingten Verlust von Pensionsversicherungszeiten,* vor allem aber aufgrund einer möglichen arbeitsrechtlichen Umqualifizierung* kann hier nicht eingegangen werden.

Erwogen werden könnte allerdings, ob Anton A den Ausgleich des ihm uU dadurch entstehenden Nachteils von Bäder-Traum verlangen kann, dass es nach § 41 GSVG zu keiner Überweisung der durch ihn geleisteten Beiträge kommt, er diese aber – wegen eines Leistungsbezugs, der Zuerkennung einer Leistung oder Verjährung – auch nicht zurückfordern kann. Denn in einem solchen Fall hat Anton A selbst beim Vorteil des Leistungsbezugs jedenfalls mehr an Beiträgen getragen, als er bei Beteiligung von Bäder-Traum an der Beitragsaufbringung nach dem ASVG hätte müssen. Da Bäder-Traum durch die nicht überwiesenen GSVG-Beiträge nicht bereichert ist, käme als Anspruchsgrundlage hier wohl nur ein Schadenersatzanspruch wegen Verletzung vertraglicher Aufklärungspflichten in Betracht. Selbst wenn man einen solchen dem Grunde nach bejaht, müsste sich Anton A aber wohl ein Mitverschulden anrechnen lassen.

Zu möglichen Ansprüchen des Anton A im Falle einer Anrechnung der von diesem geleisteten GSVG-Beiträge (auch) auf den DG-Anteil nach ASVG vgl bereits oben 3.3.2..556

3.4.
Ansprüche der Bäder-Traum-GmbH
3.4.1.
Bäder-Traum gegen GKK auf Anrechnung/Erstattung von Beiträgen gem § 41 Abs 3 GSVG

Wie bereits dargestellt, hat Bäder-Traum weitgehend keine Möglichkeit mehr, die nachträglich eingeforderten Beiträge vom Entgelt des Anton A abzuziehen. Aus diesem Grund hat diese unzweifelhaft großes Interesse daran, dass es gem § 41 Abs 3 GSVG zu einer Überweisung und Anrechnung der GSVG- auf die ASVG-Beiträge kommt. Unter den Voraussetzungen des § 41 Abs 3 ist die GKK auch zur Vornahme einer solchen Anrechnung – und bei Bestehen eines Überschusses – zur Gutschreibung bzw Erstattung verpflichtet. Die Anrechnung bringt dabei jedenfalls bezüglich der nicht mehr abzugsfähigen DN-Anteile einen Vorteil für Bäder-Traum. Die Gutschreibung auf künftige Beitragsforderungen wirkt dagegen nur dann zugunsten von Bäder-Traum und diese kann nur dann einen Erstattungsanspruch geltend machen, wenn man jener Auffassung folgt, wonach (nur) der/die Beitragsschuldner/in nach ASVG – also der/die DG – und nicht der/die (ehemalige) Beitragsschuldner/in nach GSVG einen Erstattungsanspruch hat und auch die Anrechnung sowohl auf den DN- als auch den DG-Anteil der ASVG-Beiträge zu erfolgen hat (näher oben 3.3.2.).

3.4.2.
Bäder-Traum gegen SVA auf Überweisung von Beiträgen gem § 41 Abs 3 GSVG (?)

Nach dem soeben Gesagten ist Bäder-Traum daran gelegen, dass die SVA die durch Anton A geleisteten Beiträge auch tatsächlich an die GKK überweist. Dies umso mehr, als nach der Rsp eine Anrechnung nur vorzunehmen ist, wenn der zuständige Versicherungsträger – also konkret die GKK – über die Beiträge bereits tatsächlich verfügt.* Da der Anrechnungs- bzw Erstattungsanspruch nach der Rsp beim zuständigen Träger, also der GKK, geltend zu machen ist (vgl oben 3.3.2.) und die Überweisung unmittelbar nur das Verhältnis SVA – GKK betrifft, ist jedoch wohl davon auszugehen, dass Bäder-Traum gegenüber der SVA keinen Anspruch auf Durchführung der Überweisung geltend machen kann.

3.4.3.
Bäder-Traum gegen Anton A auf Zahlung der nicht vom Abzugsrecht nach § 60 ASVG erfassten Beiträge gem ??

Kommt es nicht zur Überweisung und Anrechnung der GSVG- auf die ASVG-Beiträge gem § 41 Abs 3 GSVG, stellt sich für Bäder-Traum naturgemäß die Frage, ob sie den aufgrund des Verlusts des Abzugsrechts nach § 60 Abs 1 ASVG von ihr zu tragenden DN-Anteil zivilrechtlich von Anton A zurückfordern kann. In der Literatur wird dies teilweise mit der Begründung bejaht, dass § 60 nur regle, wann der/die DG einseitig Entgeltbestandteile einbehalten könne, die materielle Beitragslast aber nicht verändern wolle.*

Der OGH hat jedoch mE zu Recht nicht nur die aufrechnungsweise Geltendmachung nicht mehr abzugsfähiger DN-Beiträge,* sondern auch ein „Rückforderungsrecht“ des/der DG gegen den/die DN unter Verweis auf die abschließende Regel des § 60 verneint.* Dafür spricht zunächst, dass § 60 ganz offenkundig vor allem darauf abzielt, den/die DN, von sehr eingeschränkten Ausnahmen abgesehen, vor der nachträglichen Belastung mit Sozialversicherungsbeiträgen für frühere Perioden zu schützen. Letztgenanntes Argument fällt zwar in jenen Fällen weg, in denen der/die nunmehrige DN die GSVG-Beiträge tatsächlich zurückfordern kann.* Jedoch ist auch in solchen Konstellationen das Bestehen einer zivilrechtlichen Grundlage für einen möglichen Anspruch des/der DG sehr fraglich. In Betracht käme wohl nur ein Bereicherungsanspruch gem § 1042 ABGB oder eine Legalzession unter sinngemäßer Anwendung des § 1358 ABGB. Zumal Beitragsschuldner/in nach dem ASVG ausschließlich der/die DG ist, wird jedoch jedenfalls formell kein Aufwand iSd § 1042 ABGB getätigt, den nach dem Gesetz der/die DN hätte machen müssen. Ebenso mangelt es am Bezahlen einer fremden Schuld iSd § 1358 ABGB.* Da sich der Gesetzgeber bewusst für den/die DG als Beitragsschuldner/in und gegen ein nachträgliches Abzugsrecht bei verschuldetem Nichtabzug entschieden hat, ist die bei Rückforderung der GSVG-Beiträge entstehende Begünstigung des Anton A somit wohl zu akzeptieren. Sofern man in § 60 auch den Zweck sieht, den/die DG zu einer ordnungsgemäßen Abwicklung der SV zu verhalten, ist die finanzielle Belastung des/der DG auch in solchen Fällen letztlich nur konsequent (vgl auch schon oben 3.2.1. FN 39).

3.5.
Ansprüche der SVA

Aus Sicht der SVA als (nachträglich) unzuständigem Versicherungsträger bestehen keine spezifisch geltend zu machende Ansprüche: Solche gegen Bäder-Traum scheiden von vornherein aus, besteht zu dieser insoweit doch keinerlei Verbindung. Im Verhältnis zu Anton A wäre allenfalls ein Kostenersatz für erbrachte Sozialversicherungsleistungen zu erwägen. Diesem Problem leistet jedoch § 41 Abs 2 GSVG dadurch Vorschub, dass eine Beitragsrückforderung bei Bezug einer Leistung ausgeschlossen ist. Soweit schließlich ein Ersatzanspruch der SVA für von dieser (anstelle der GKK) erbrachte Leistungen besteht (oben 3.2.3.), hat diese den entsprechenden Betrag im Zuge der Überweisung nach § 41 Abs 3 selbst einzubehalten.

4.
Zusammenfassung

Wie gezeigt wurde, resultieren aus der fehlerhaften Annahme einer selbständigen Tätigkeit bei nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt vorliegender557 DN-Eigenschaft zahlreiche wechselseitige Ansprüche, wobei diesbezüglich nach wie vor einige ungeklärte Fragen bestehen.

Konkret hat die GKK gem § 51 iVm § 58 ASVG (ausschließlich) gegen Bäder-Traum als DG Anspruch auf Nachzahlung der noch nicht gem § 68 ASVG verjährten ASVG-Beiträge. Dieses Nachforderungsrecht besteht allerdings insoweit nicht, als es gem § 41 Abs 3 ASVG zu einer (direkten) Überweisung der ungebührlich an die SVA geleisteten Krankenversicherungsbeiträge durch diese kommt. Die Voraussetzungen für eine solche Überweisung werden angesichts der langen Dauer ungebührlicher Beitragsleistung durch Anton A wohl gegeben sein, da kaum denkbar ist, dass dieser im gesamten Zeitraum keinerlei Krankenversicherungsleistungen der SVA bezogen hat. Letztere hat dabei das Recht, den ihr für den erbrachten Aufwand gebührenden Ersatz im Zuge der Überweisung an die GKK einzubehalten.

Anton A wird naturgemäß vor allem danach trachten, die ungebührlich entrichteten GSVG-Beiträge rückerstattet zu erhalten. Sofern man eine Rückforderung nicht aufgrund vorsätzlich ungebührlicher Beitragsleistung analog § 1432 ABGB von vornherein für ausgeschlossen hält, steht ihm diese gem § 41 Abs 1 GSVG grundsätzlich binnen einer Verjährungsfrist von fünf Jahren offen. Voraussetzung ist allerdings, dass im jeweiligen Versicherungszweig keine Leistungen erbracht (oder zuerkannt) wurden (vgl Abs 2 leg cit).

Kommt es dagegen aufgrund eines Leistungsbezugs gem § 41 Abs 3 GSVG zu einer Überweisung der Krankenversicherungsbeiträge an die GKK, so hängt es von der vertretenen Auffassung ab, inwieweit Anton A von dieser profitieren kann. Folgt man jener Ansicht, die die GSVG-Beiträge nur auf den (vor allem auch künftigen) DN-Anteil nach ASVG anrechnen und auch einen allfälligen Überschuss (nur) dem/der DN erstatten will, bringt auch die Überweisung für Anton A erhebliche Vorteile mit sich. Geht man dagegen von einer Anrechnung auf die gesamten ASVG-Beiträge und Erstattung an den/die DG als Beitragsschuldner/in aus, ist es primär Bäder-Traum, der die Überweisung zugutekommt. Eine Bereicherung derselben könnte dann nur auf zivilrechtlichem Wege ausgeglichen werden.

Da Bäder-Traum hinsichtlich der durch die GKK nachgeforderten Beiträge ihr Abzugsrecht gem § 60 ASVG verloren hat, muss diese freilich auch dann auf eine Überweisung nach § 41 Abs 3 GSVG hoffen, wenn man von einer Anrechnung nur auf den DN-Anteil ausgeht. Denn zumal Bäder-Traum nach der hier vertreten Ansicht den DN-Anteil auch nicht zivilrechtlich von Anton A zurückfordern kann, bietet eine Überweisung für diese letztlich die einzige Möglichkeit, nicht auch den für den Umqualifizierungszeitraum vorgeschriebenen Beitragsanteil des Anton A endgültig tragen zu müssen.