Vor nunmehr 37 Jahren hat Reischauer in dieser Zeitschrift im Zusammenhang mit einer grundlegenden Untersuchung zu Problemen der DN-Haftung die hA zur Qualifikation der Klagsfrist des § 6 DHG als „Präklusivfrist“ ganz grundsätzlich in Frage gestellt und den mE gelungenen Nachweis geführt, dass es im Falle von gesetzlichen Klagsfristen erstens die von der hA angenommene, von den Verjährungsfristen nach Tatbestand und Rechtsfolgen zu unterscheidende dogmatische Kategorie der „Präklusivfristen“ (oder „Ausschlussfristen“ bzw „Fallfristen“) jedenfalls bei Zugrundelegung des ABGB-Verjährungsrechts gar nicht gibt, dass zweitens im Zweifel auch für kurze Klagsfristen alle Verjährungsregeln gelten, wobei nur nach Maßgabe besonderer Normzwecke teleologische Korrekturen vorzunehmen sind, und dass dies drittens im Besonderen auch für die Frist des § 6 DHG gilt.*
Im Rummel-Kommentar hat Reischauer seine diesbezüglichen Lehren zusätzlich vertieft* und im Fachschrifttum auch einige Gefolgschaft gefunden,* ohne freilich die hM und insb die Rsp zu einer grundsätzlichen Änderung ihrer Sichtweise bewegen zu können. Ungeachtet dessen gelangt mit Recht auch Vollmaier in einer neueren monographischen Untersuchung ebenfalls zum Ergebnis, dass die gemeinhin als Verfallsregeln qualifizierten Fristen ihrem Wesen nach von den Verjährungsfristen nicht unterschieden werden können und es ein eigenständiges Rechtsinstitut des Verfalls im österreichischen Recht nicht gibt.*71
Nachfolgend soll erneut darauf hingewiesen werden, dass die herrschende Dogmatik zu den Ausschlussfristen in sich widersprüchlich ist und letztlich einer ausreichenden Rechtsgrundlage entbehrt. Andererseits soll aber gezeigt werden, dass daraus nicht zwangsläufig folgt, dass materiellrechtliche, einen Anspruch als solchen beschränkende Fristen zur Geltendmachung überhaupt nicht möglich wären. Vielmehr ist darzulegen, dass zwischen Klagsfristen einerseits und „echten“ Ausschlussfristen andererseits unterschieden werden sollte und nur im Bereich der eigentlichen Klagsfristen die zusätzliche Unterscheidung von Verjährung und Verfall verfehlt erscheint. Dadurch wird nämlich klar, dass die eigentlichen Ausschlussfristen in ihrer ganzen Bedeutung noch gar nicht hinreichend thematisiert worden sind und deshalb gewisse Defizite bei der Beurteilung ihrer Zulässigkeit bestehen. Dies ist hier vor allem mit Blick auf die praktisch bedeutsamen Befristungen von AN-Rechten näher auszuführen.
Für die in den §§ 1451 ff ABGB geregelte Verjährung enthält § 1478 die sogenannte „allgemeine“ Verjährungsfrist von 30 Jahren. Diese ist freilich, wie § 1485 Abs 2 ABGB klarstellt, nur auf „Fälle anwendbar, für welche das Gesetz nicht einen kürzeren Zeitraum ausgemessen hat“
. In ähnlicher Weise betont auch § 1491 ABGB: „Einige Rechte sind von den Gesetzen auf eine noch kürzere Zeit eingeschränkt.“
Schon daraus ergibt sich ganz klar, dass die Länge – oder eben auch Kürze – einer Frist zur Geltendmachung von Rechten keinesfalls schon für sich genommen den Charakter als Verjährungsfrist iSd ABGB-Verjährungsrechts zu hindern vermag.
Aus arbeitsvertragsrechtlicher Sicht enthält vor allem § 1486 Z 5 mit der Frist von drei Jahren eine besondere Verjährungszeit für Ansprüche auf Entgelt und Auslagenersatz. Bei Schadenersatzansprüchen gilt (vorbehaltlich des noch genauer zu besprechenden § 6 DHG) gem § 1489 ABGB grundsätzlich auch im Arbeitsverhältnis eine Verjährung von drei Jahren ab Kenntnis von Schaden und Schädiger, ohne Kenntnis (und auch bei Schädigung durch Vorsatztaten im Falle qualifizierter gerichtlicher Strafbarkeit) verjährt der Anspruch in 30 Jahren. Die allgemeine 30-jährige Verjährung kommt ua bei Judikatsschulden, bei Forderungen aus vollstreckbarem Vergleich und auch bei vertraglichem Anerkenntnis zur Anwendung.*
Was die mögliche Abdingbarkeit der gesetzlichen Verjährung betrifft, so bestimmt § 1502 ABGB, dass auf die Verjährung im Voraus nicht verzichtet werden kann. Daraus wird abgeleitet, dass Verjährungsfristen durch Vertrag im Allgemeinen nicht verlängert werden können. Eine vertragliche Verkürzung soll dagegen durchaus möglich sein.* Eine Grenze wird allerdings dann angenommen, wenn eine vereinbarte Verkürzung der Verjährung geradezu schon als sittenwidrige Behinderung der Rechtsdurchsetzung angesehen werden muss.* Eine Verkürzung zB (auch in AGB) auf sechs Monate* oder im Arbeitsvertragsrecht gar auf drei Monate* wird freilich als durchaus zulässig angesehen. Insb letzteres ist bei einer (im Vergleich zur allgemeinen 30-Jahresfrist) ohnehin schon relativ „kurzen“ „Normal“- Verjährung von drei Jahren nur schwer nachvollziehbar. Denn soweit im Gesetz selbst in Sonderfällen kürzere Klagsfristen vorgesehen sind, liegen diese kaum jemals unter sechs Monaten. Anderes gilt allenfalls bei Gestaltungsrechten, wo offenbar vielfach ein ganz besonderes Bedürfnis nach alsbaldiger Rechtsklarheit angenommen wird* und die daher insoweit mit den Fällen der Anspruchsverjährung kaum vergleichbar sind. Ganz kurze Fristen für die Geltendmachung von Ansprüchen finden sich dagegen allenfalls in Gestalt bloßer Anzeigeobliegenheiten (im ABGB zB 30 Tage gem § 967 bezüglich der Ersatzansprüche von Verwahrer und Hinterleger* oder gem § 982 beim Leihvertrag), aber nicht als Fristen für die klagsweise Geltendmachung.
Zu einer zeitlichen Erstreckung der Verjährung kann es durch Umstände kommen, für die im Gesetz eine Unterbrechung oder eine Hemmung vorgesehen ist. Eine Unterbrechung tritt gem § 1497 ABGB durch Anerkenntnis oder durch Klage ein, sofern letztere gehörig fortgesetzt wird. Hemmungsgründe sind nach den §§ 1494 ff ABGB insb der Mangel der Geschäftsfähigkeit bei fehlender gesetzlicher Vertretung, die aufrechte Ehe oder eingetragene Partnerschaft, bestimmte Obsorgeverhältnisse, die Abwesenheit in Zivil- und Kriegsdiensten oder der gänzliche Stillstand der Rechtspflege. Nach hA wird eine Ablaufhemmung auch bei Vergleichsverhandlungen angenommen, sofern nach Abbruch in angemessener Frist Klage erhoben wird.* Zur Geltendmachung der Verjährung bestimmt § 1501 ABGB, dass diese nicht von Amts wegen berücksichtigt72 wird und daher nur kraft besonders erhobener Verjährungseinrede Beachtung findet. Da gem § 1432 ABGB „Zahlungen einer verjährten Schuld“ nicht mehr (im Wege eines Bereicherungsanspruches) zurückgefordert werden können, wird angenommen, dass verjährte Schulden eben „Naturalobligationen“ bleiben:* Die Vermögensverschiebung wird also auch nach Eintritt der Verjährung weiterhin als sachlich gerechtfertigt angesehen.
Was nun bestimmte arbeitsvertragsrechtliche Klagsfristen betrifft, so wird vor allem für die relativ zwingende Sechsmonatsfrist in § 1162d ABGB, § 34 AngG (§ 34 GutsAngG), § 38 TAG (früher § 44 SchSpG) oder in § 38 LAG (bzw in den einschlägigen Bestimmungen der ausführenden Landarbeitsordnungen der Länder) betreffend Kündigungsentschädigung bzw sonstige Ersatzansprüche bei berechtigtem Austritt und unbegründeter Entlassung angenommen, dass es sich um Präklusivfristen und nicht um Verjährungsfristen handle.* Vergleichbares soll auch für die sechsmonatige Klagsfrist des § 6 DHG im Falle von Ersatz- oder Regress ansprüchen bei leichter Fahrlässigkeit gelten,* wobei fraglich ist, ob auch diese Norm einseitig zwingend ist, da § 5 DHG ausdrücklich nur für die §§ 2 bis 4 DHG eine zwingende, freilich durch Kollektivvertragsdispositivität eingeschränkte Wirkung anordnet.*
Eine noch kürzere Frist enthält § 13 Abs 3 AngG für den Herausgabeanspruch bei Wettbewerbsverbotsverletzung. Sie beträgt drei Monate ab Kenntnis des wettbewerbswidrigen Verhaltens, unabhängig davon freilich drei Jahre ab Anspruchsentstehung. Die kurze Frist wird meist als Präklusivfrist angesehen, die lange dagegen als Verjährungsfrist,* doch gibt es auch Meinungen, die beide als Präklusivfristen* oder – wie das wohl zutreffend sein wird – beide als Verjährungsfristen* werten. Nachfolgend soll nur noch auf die Klagsfristen gem § 1162d ABGB bzw § 34 AngG und § 6 DHG näher eingegangen werden.
Aus der Qualifikation der Sechsmonatsfrist der §§ 1162d ABGB und 34 AngG als Präklusivfrist ergibt sich nach hA, dass mit Fristablauf das Recht selbst untergehe, § 1432 ABGB also nicht zur Anwendung komme.* Ein sachlicher Grund dafür ist freilich nicht ersichtlich. Denn wie schon angedeutet, trifft der Normzweck des § 1432 ABGB (Vermögensverschiebung bleibt sachlich gerechtfertigt) doch wohl gerade auf kürzere Klagsfristen noch mehr zu als auf längere.* Ungeachtet der Annahme einer Präklusivfrist sollen jedoch die Verjährungsregelungen betreffend Hemmung und Unterbrechung hier analog anwendbar sein.* Dies gilt namentlich für die §§ 1494 ff, 1497 ABGB und § 9 IO (früher § 9 KO), aber auch für die bei Verjährungsfristen anerkannte Ablaufhemmung im Falle außergerichtlicher Vergleichsverhandlungen. Dass hier eine die analoge Rechtsanwendung rechtfertigende Rechtsähnlichkeit angenommen wird, sollte zu denken geben und im Grunde dazu führen, von vornherein eine Verjährungsfrist anzunehmen.*
Besonders interessant ist, dass die Analogie konkret noch erweitert wird und die gegenständliche Klagsfrist analog zu Verjährungsfristen (§ 1501 ABGB) nur auf entsprechende Einwendung zu beachten sein soll.* Es liegt auf der Hand, dass gerade diese Rechtsfolge zu einer materiellrechtlichen „Ausschlussfrist“, die nach herrschender Sicht zum vollständigen Erlöschen des Anspruchs führen soll, überhaupt nicht passt und das Fehlen sachlicher Unterschiede zur Verjährungsfrist besonders deutlich macht. Die solcherart über weite Bereiche der Rechtsfolgen erkannte „Rechtsähnlichkeit“ spricht also in Wahrheit dafür, dass im Grunde „Rechtsgleichheit“ besteht und schon die Behauptung einer anderen Art von Befristung (die das ABGB institutionell gar nicht kennt) verfehlt ist.
Was § 1502 ABGB (kein Verzicht im Voraus, keine Verlängerbarkeit) betrifft, so würde dessen Anwendbarkeit nach hA* schon wegen der Annahme einer Präklusivfrist ausscheiden. Sie ist aber auch dann zu verneinen, wenn man eine kurze Verjährungsfrist annimmt, da Sonderregelungen vorliegen, wie § 1164 Abs 1 ABGB und § 40 AngG (bzw § 4 GutsAngG, § 39 Abs 2 TAG (früher § 45 Abs 2 SchSpG) mit aller Klarheit zeigen.* Aus diesen Bestimmungen folgt, dass die Befristungsregelung zugunsten des AN zwingend ist, eine Verlängerbarkeit der Frist also durchaus in Betracht kommt, allerdings nur zugunsten des AN und nicht zugunsten73 des AG. Zugleich kann nach diesen Sondervorschriften entgegen dem sonstigen Verjährungsrecht auch keine Verkürzung der Klagsfrist zu Lasten des AN vereinbart werden.
Hier stellt sich freilich ein Sonderproblem: Kann durch KollV oder Einzelvertrag eine kürzere Frist für die außergerichtliche Geltendmachung beim AG (iS einer Obliegenheit zur Anspruchsanmeldung, zB binnen vier Monaten) mit der Folge vereinbart werden, dass bei rechtzeitiger Forderungsanmeldung die dreijährige Verjährung gewahrt bleibt bzw eine Klagbarkeit jedenfalls über die Sechs-Monatsfrist hinaus möglich sein soll? Der OGH* lässt das iS einer gesamthaften Beurteilung der Günstigkeit für den AN mit der Maßgabe zu, dass bei nicht rechtzeitiger Anspruchsanmeldung beim AG der Anspruch innerhalb der noch verbleibenden Sechs- Monatsfrist auch gerichtlich nicht mehr durchgesetzt werden kann.* Diese Auslegung hält aber mE einer kritischen Würdigung nicht stand, weil dabei wichtige Normzwecke unberücksichtigt bleiben und letztlich eine den AN im Vergleich zur normalen Verjährung ohnehin belastende kurze Klagsfrist, die ihm aber zwingend verbleiben soll, nochmals eingeschränkt wird.* Wenn auch der Schutzzweck kurzer Fristen gewiss darin liegen wird, dass die mit dem Zeitablauf zunehmenden Beweisschwierigkeiten vor allem im Interesse des Schuldners (hier also des AG) gemildert werden sollen, so ist es doch gleichzeitig ein elementares Gläubigerinteresse, genug Zeit für Planung und Vorbereitung der gerichtlichen Rechtsdurchsetzung zu haben, was völlige Rechtsklarheit und -sicherheit in der Frage der einzuhaltenden Klagsfrist erfordert. Daher sollte es trotz der dann längeren Verjährung als ungünstiger angesehen werden, wenn der AN mangels kurzfristiger Anmeldung der Ansprüche die gesetzliche sechsmonatige Klagsfrist nicht mehr nützen kann. Sachgerechter erscheint mE folgende Lösung: Die sechsmonatige Klagsfrist sollte jedenfalls erhalten bleiben, aber die Kollektivvertragsbegünstigung der längeren Verjährung kommt nur bei rechtzeitiger Erfüllung der Anspruchsanmeldung beim AG zur Anwendung, womit der Zweck der Regelung in aller Regel wohl gewahrt bleibt.
Zu erwähnen ist noch, dass es bei der gegenständlichen Klagsfrist auch Unstimmigkeiten betreffend die erfassten Ansprüche gibt. Nach dem Gesetzeswortlaut sollte eigentlich die Anwendbarkeit für Kündigungsentschädigung und sonstige Schadenersatzansprüche außer Frage stehen, doch wird hier in der Judikatur vielfach differenziert. So soll die Kündigungsentschädigung wohl anteilige Sonderzahlungen für den fiktiven Kündigungszeitraum umfasse* und auch die Urlaubsersatzleistung (früher Urlaubsentschädigung bzw Urlaubsabfindung) für einen Urlaubsanspruch einschließen, der erst in der fiktiven Kündigungsfrist neu entstanden ist.* Dagegen soll die Abfertigung (alt) auch dann nicht zur Kündigungsentschädigung zählen, wenn es um Beträge geht, die erst in der fiktiven Kündigungsfrist neu entstehen.* Andererseits sei aber bei ungerechtfertigter Entlassung wiederum der § 5 EFZG-Anspruch durchaus erfasst,* was jedoch insofern problematisch erscheint, als dieser auch bei einer schlichten AG-Kündigung gebührt und daher nicht eigentlich als Anspruch gerade wegen ungerechtfertigter vorzeitiger Entlassung angesehen werden kann. Ebenfalls erfasst seien Schadenersatzansprüche des AG.* Bei Schadenersatzansprüchen des AN, die über die Kündigungsentschädigung hinausgehen, meint der OGH dagegen, dass außerhalb standardisierter Ersatzansprüche wegen der typischerweise umfangreicheren Stoffsammlung und eines längeren Beobachtungszeitraumes die normale Verjährung nach § 1489 ABGB gelten solle.* Entgangene Trinkgeldansprüche seien allerdings wie geschuldetes Entgelt absehbar und daher doch erfasst.* Die solcherart vorgenommenen Differenzierungen erscheinen nicht ganz überzeugend, da nach dem insoweit klaren Wortlaut des Gesetzes ohne weiteres auch nicht „standardisierte“ AG-Ersatzansprüche erfasst sind und kein Anhaltspunkt für eine diesbezügliche Verschiedenbehandlung von AG- und AN-Ersatzansprüchen ersichtlich ist.
Bei genauerer Betrachtung bestehen auch noch grundsätzliche Einwände gegen die bisherige Argumentation: Die immer wieder besonders hervorgehobene Anspruchsstandardisierung betrifft nämlich überhaupt nur die Kündigungsentschädigung selbst und nicht die sonstigen Ersatzansprüche, die nach dem klaren Gesetzeswortlaut ebenso der kurzen Frist unterliegen sollen. Die „Standardisierung“ kann daher gerade nicht der Grund für die kurze Frist sein. Im Übrigen sind auch bei der Kündigungsentschädigung schwierige Fragen der Anspruchsberechnung möglich, zB bei regelmäßig geleisteten Überstunden, bei der Zuordnung von Bezugsteilen zu Entgelt oder Aufwandsersatz, bei der Berücksichtigung allfälliger betrieblicher Übungen usw.
Soweit der Grund für die kürzere Verjährung darin gesehen wird, dass es bei den erfassten Ansprüchen regelmäßig keiner größeren Erhebungen bedarf, bestehen ebenfalls Vorbehalte. Denn dieses Argument würde in gleicher Weise oft auch für restliches Entgelt einschließlich der Abfertigung (alt) gelten, wofür aber die kurze Klagsfrist nicht gelten soll. Vor allem aber gilt es zu bedenken, dass nach der – freilich durchaus überprüfungsbedürftigen – hA* die normale Ver-74jährung selbst bei zwingenden AN-Ansprüchen kollektivvertraglich und auch einzelvertraglich verkürzt werden kann, weshalb es angesichts der Häufigkeit kollektivvertraglicher Verfallsfristen im praktischen Ergebnis dazu kommt, dass in den Fällen außerhalb der sechsmonatigen Klagsfrist dem angenommenen erhöhten Erhebungsbedarf gewissermaßen dadurch „Rechnung getragen“ wird, dass letztlich noch kürzere Ausschlussfristen gelten. Die Widersprüchlichkeit von Norm und Wirklichkeit kann unter diesen Umständen gar nicht größer sein.
Besonders interessant erscheint auch § 6 DHG: Die dort vorgesehene Klagsfrist für die auf einem minderen Grad des Versehens beruhenden Schadenersatz- und Rückgriffsansprüche beträgt sechs Monate. Nach den Gesetzesmaterialien* scheint es sich hierbei eindeutig um eine Präklusivfrist im herrschenden Verständnis zu handeln. Bei Fristversäumung soll also der Anspruch erlöschen und auch nicht als Naturalobligation bestehen bleiben.
Methodisch ist man hier erstens mit der Frage konfrontiert, wie mit dogmatisch verfehlten Erläuterungen von Gesetzesverfassern umzugehen ist und darüber hinaus zweitens auch damit, wie eine konkrete Anordnung zu behandeln ist, die bei wörtlicher Rechtsanwendung völlig wertungswidersprüchlich erscheint. Bei genauerer Analyse stellt sich nämlich heraus, dass die behauptete rasche Rechtsbereinigung entgegen üblicher Deutung* gerade nicht der Grund für die kurze Frist sein kann, weil die Abgrenzung zwischen leichter und grober Fahrlässigkeit zu unsicher ist und damit oft eine Quelle von länger dauernden Streitigkeiten bildet. Außerdem hat der Umstand, dass das Recht selbst untergehen soll, geradezu absurde Konsequenzen:* Wenn nämlich der AG irrtümlich nach Fristende den Rückgriffsanspruch des AN gem § 3 Abs 2 DHG erfüllt, verjährt seine Leistungskondiktion gem § 1431 ABGB erst nach 30 Jahren. Auch wenn der AN dem AG irrtümlich nach Fristende Ersatz leistet, gilt für den Anspruch auf Rückerstattung die lange Verjährung. Beide Male kann daher von rascher Streitbeilegung keine wie immer geartete Rede sein.
In Wahrheit soll – wie schon Eypeltauer* dargelegt hat – ganz offensichtlich eine AN-Schutzvorschrift zugunsten des bloß leicht fahrlässig handelnden AN vorliegen. Die Gesetzesverfasser wollten also die besonders bedachten Rechtsfolgen ihrer – im Grunde verfehlten – „Qualifikation“ letztlich nur zugunsten des leicht fahrlässig handelnden AN anordnen. Dem steht entgegen abweichenden Deutungen nicht im Wege, dass sich § 5 DHG bei der Anordnung der zwingenden (genauer: kollektivvertragsdispositiven) Wirkung nur auf die §§ 2 bis 4 bezieht und nicht auch auf § 6, weil gerade nach den Vorstellungen der Gesetzesverfasser die zeitliche Schranke Teil der Ansprüche selbst sein sollte. Außerdem ist nach völlig gesicherter Auslegung auch § 7 zwingend.* Erkennt man aber § 6 als spezifische Schutzvorschrift, so erfordert dies – wiederum nach Eypeltauer – letztlich eine doppelte teleologische Korrektur des Gesetzeswortlautes. Bei leichter Fahrlässigkeit des AN müsste im Falle eines Rückgriffsanspruchs nach § 3 DHG die dreijährige Verjährung gelten, bei grober Fahrlässigkeit dagegen die kurze Klagsfrist. Weiters dürfte im Fall einer leichten Fahrlässigkeit des AN und Fristversäumung durch den AG für diesen keinerlei Möglichkeit mehr bestehen, zum Schadenersatz zu gelangen, also weder mittels Klage, noch durch Aufrechnung, noch durch irrtümliche Zahlung des AN.
All das steht der Annahme einer kurzen Verjährungsfrist nicht entgegen, wenn man von einer dem Schutzzweck des DHG entsprechenden Sonderregelung auch im Bereich der Verjährung ausgeht. Man braucht dafür keine Qualifikation als „Präklusivfrist“. Nach hA soll ohnehin auch hier Verjährungsrecht betreffend Hemmung und Unterbrechung analog anwendbar sein.* Eine amtswegige Wahrnehmung ist wohl anerkannt, aber auch bei Annahme einer Verjährungsfrist wäre dies vom Schutzzweck (freilich nur zugunsten des AN) gedeckt.* Verlängerbarkeit und Verzichtbarkeit der Frist soll wegen deren Charakter als Präklusivfrist möglich sein.* Beides wäre aber ungeachtet der rechtlichen Qualifikation mit dem Schutzzweck der insoweit zugunsten des AN zwingenden Norm nicht vereinbar. Andererseits erscheint ein deklaratives Anerkenntnis ohnehin möglich und hätte dann die Wirkung einer Fristunterbrechung. Ebenso bleibt die Möglichkeit von Vergleichsverhandlungen mit der Folge einer Ablaufhemmung gewahrt. Rechtspolitisch sollte wohl der Wortlaut des § 6 DHG seinem schon bisher maßgebenden Normzweck angepasst werden.
Kollektivvertragsregelungen von Ausschlussfristen für die Geltendmachung von arbeitsvertragsrechtlichen Ansprüchen werden grundsätzlich als zulässig angesehen. Maßgebende Ermächtigungsnorm dafür ist § 2 Abs 2 Z 2 ArbVG. Als Zweck solcher Fristen wird die Beschleunigung der Abwicklung arbeitsrechtlicher Ansprüche im Vergleich zur gesetzlichen Verjährung genannt.*
Allerdings muss man sich klar sein, dass prinzipiell verschiedene Arten solcher Fristen in Betracht kommen können. Zunächst wäre an eine schlichte Verkürzung gesetzlicher Verjährungsvorschriften zu denken, die freilich in der Kollektivvertragspraxis nicht so häufig zu finden ist. Eher wird dort an kurze Ausschlussfristen in dem Sinne gedacht, dass der Anspruch bei ungenutztem Verstreichen der Frist ersatzlos erlöschen soll, also eben „Präklusivfristen“ iSd hA vorliegen sollen. Weit verbreitet sind dabei relativ kurze Fristen für die Geltendmachung von Ansprüchen, die keine Klagsführung innerhalb der Frist, sondern bloß eine fristgerechte Anmeldung von Ansprüchen beim AG verlangen. Da somit eine Anmeldung von Ansprüchen beim AG mit der Folge vorgesehen wird, dass bei nicht fristgerechter Anmeldung der Anspruch als solcher erlischt, liegt letztlich eine Art „Anspruchsmeldeobliegenheit“ vor. Sehr häufig finden sich Kollektivvertragsregelungen,75 die eine Kombination von kurzer Anmeldefrist und Geltung der normalen oder einer besonders normierten Verjährung bilden: Die AN müssen ihre Ansprüche innerhalb einer relativ kurzen Zeitspanne beim AG anmelden, damit für die gerichtliche Durchsetzung die Verjährungsfrist gewahrt bleibt.
Bei all diesen Kollektivvertragsfristen gilt nach ständiger Judikatur eine Zulässigkeitsschranke dahingehend, dass es durch zu knappe Fristsetzungen nicht zu einer sittenwidrigen Erschwerung der Geltendmachung von Ansprüchen kommen darf. Bei zu kurzer Frist wird die Nichtigkeit der Befristung gem § 879 Abs 1 ABGB angenommen.* Dabei werden in der Rsp Fristen von zB vier oder auch drei Monaten im Allgemeinen als zulässig* angesehen, unter besonderen Umständen sollen auch zwei Monate ausreichen.* Dagegen ist eine bloß sechswöchige Ausschlussfrist als zu kurz* und damit sittenwidrig beurteilt worden.
Ein besonderes Zusatzproblem stellt sich hier dadurch, dass nach der Rsp* eine Fristverkürzung auch im Falle gesetzlich zwingender Ansprüche als zulässig angesehen wird. Dies ist im Fachschrifttum aus gutem Grund auf Kritik gestoßen. Grundlegende Einwände sind vor allem von Holzner* und Eypeltauer* vorgetragen worden. Die Judikatur* argumentiert letztlich damit, dass derartige Verfallsklauseln nicht den Anspruch selbst, sondern nur dessen Geltendmachung beschränken, was aber nicht überzeugend erscheint: Die (gerichtliche) Durchsetzbarkeit eines Anspruches ist wesentlicher Bestandteil desselben, weshalb die zeitliche Begrenzung der Durchsetzbarkeit ebenfalls den Anspruch selbst einschränkt. Man erkennt das mit aller Deutlichkeit schon daran, dass die Rechtsstellung des Gläubigers einer unverjährten Forderung ganz anders geartet ist als die eines Gläubigers, wenn ihm nach Eintritt der Verjährung nur noch eine Naturalforderung verbleibt. Wenn daher ein Anspruch als solcher gesetzlich zwingend eingeräumt ist, muss er dies mangels klarer gesetzlicher Einschränkungen der zwingenden Wirkung auch die ganze Verjährungszeit über bleiben. Wie schon nachgewiesen worden ist,* rechtfertigt auch die Entstehungsgeschichte des § 1502 ABGB von vornherein vertragliche Fristverkürzungen nur für dispositive Ansprüche. Die Unabdingbarkeit arbeitsrechtlicher Ansprüche betrifft daher den Verzicht und allfällige Einschränkungen der Durchsetzbarkeit gleichermaßen.* Bemerkenswert ist, dass die Judikatur entgegen ihrer grundsätzlichen These von der notwendigen Differenzierung zwischen Anspruch und Durchsetzbarkeit etwa im Falle des § 10 Abs 1 Satz 3 AÜG* völlig zu Recht sagt, dass der kollektivvertragliche Entgeltanspruch von den für diesen geltenden Verjährungs- und Verfallsbestimmungen des KollV nicht zu trennen sei. Genau das gilt eben generell auch für das Verhältnis von gesetzlichen Ansprüchen und den für diese anwendbaren Verjährungsbestimmungen.
Zuletzt hat sich der OGH in seiner E vom 26.2.2014, 9 ObA 1/14h, erstmals ausführlich mit der Frage privatautonomer Verkürzung von Verjährungsfristen bei zwingend eingeräumten Ansprüchen beschäftigt und versucht, die Argumente der Kritiker auszuräumen, was jedoch mE nicht in überzeugender Weise gelungen ist:*
Wenn der OGH meint, dass de lege lata keine gesetzliche Regelung ersichtlich sei, die eine Verkürzung der gesetzlichen Verjährungsfristen im Rahmen einer vertraglichen Vereinbarung in Arbeitsverträgen generell verbieten würde und sich aus § 1502 ABGB der Gegenschluss ergebe, dass eben zwar eine Verlängerung der Verjährungsfrist, nicht aber deren Verkürzung unzulässig sei, so lässt er dabei außer Acht, dass erwiesenermaßen* von den Redaktoren des ABGB die vertragliche Verkürzbarkeit von Verjährungsfristen allein aus der Dispositivität des Anspruchs selbst abgeleitet worden ist, was aber zwangsläufig dazu führen muss, gesetzlich zwingend eingeräumte Ansprüche auch verjährungsmäßig als zwingend anzusehen.*76
Das Argument, wonach die Sonderregelungen des § 11 Abs 2 Z 5 AÜG über die Unzulässigkeit von Verfallsund Verjährungsverkürzung bei überlassenen Arbeitskräften und des § 26 Abs 8 AZG über die Hemmung vertraglicher Verfallsfristen bei fehlenden Arbeitsaufzeichnungen den Schluss zuließen, dass sonst solche kürzeren vertraglichen Verfallsfristen zulässig seien, vermag ebenfalls nicht zu überzeugen. Wenn nämlich der Gesetzgeber in diesen Fällen ganz offensichtlich nur ein begrenztes Regelungsanliegen verfolgte, musste er zwangsläufig eine bestehende Judikatur berücksichtigen, woraus keinesfalls eine grundsätzliche Billigung abgeleitet werden darf. Es liegt auf der Hand, dass eine gesetzliche Regelung der Gesamtproblematik von Verjährung und Verfall im Arbeitsrecht von so grundsätzlicher Art wäre, dass diese bei der Neuregelung von arbeitsrechtlichen Spezialfragen nicht einfach so nebenher und sozusagen stillschweigend miterledigt werden kann. Deshalb darf auch dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, dass er mit Vorschriften wie § 11 Abs 2 Z 5 AÜG oder § 26 Abs 8 AZG gleichsam konkludent zugleich generell angeordnet oder wenigstens gebilligt habe, dass auch bei zwingenden gesetzlichen Ansprüchen die gesetzliche Verjährungsfrist dispositiv sei. Er wollte vielmehr offensichtlich bloß erreichen, dass in den genannten Sonderfällen die Geltendmachung von Ansprüchen im speziell geregelten zeitlichen Ausmaß jedenfalls zwingend ist, ungeachtet dessen was sonst gilt oder auch nur judiziert wird.*
Letzteres gilt auch für § 1164 ABGB (§ 40 AngG), wo sowohl § 1162b ABGB (§ 29 AngG) als auch § 1162d ABGB (§ 34 AngG) als unabdingbar erklärt werden. Der Hinweis des OGH, dass es dann, wenn der Gesetzgeber davon ausgegangen wäre, dass mit der Festlegung eines unabdingbaren Anspruchs auch die an anderer Stelle geregelte Frist für dessen Geltendmachung unabdingbar werde, der Aufnahme des § 1162d in § 1164 ABGB nicht bedurft hätte, erscheint nur auf den ersten Blick schlüssig. Wenn man sich jedoch vorstellt, was geworden wäre, wenn der Gesetzgeber den § 1162d in § 1164 ABGB nicht als ausdrücklich unabdingbar bezeichnet hätte, wird das insoweit ganz spezifische und beschränkte Regelungsanliegen sogleich klar: Denn es hätte dann unweigerlich die Diskussion gegeben, ob angesichts der Nichtnennung des § 1162d in § 1164 ABGB die ohnehin vergleichsweise kurze Frist zur gerichtlichen Geltendmachung der Kündigungsentschädigung nicht doch bloß dispositiv sei. Auf solches wollte sich der Gesetzgeber erst gar nicht einlassen und hat daher völlig unabhängig von der allgemeinen Rechtslage sein spezielles Regelungsanliegen ausdrücklich klargestellt. Wiederum verbietet sich jede Annahme, dass damit quasi stillschweigend auch die allgemeine Frage der vertraglichen Verkürzung der Verjährung für gesetzlich zwingende Ansprüche iSd Judikatur mitentschieden worden sei.*
Die resümierende Meinung des OGH, dass es im Ergebnis an einer gesetzlichen Anordnung fehle, die es rechtfertigen würde, allgemein von einer Unzulässigkeit der Verkürzung der gesetzlichen Verjährungsfristen bei unabdingbaren Ansprüchen im Arbeitsverhältnis auszugehen, erscheint nach alledem noch immer nicht wirklich überzeugend. Sie widerspricht vor allem auch dem in der Judikatur anerkannten Rechtssatz, dass die Verjährung nicht bloß den Verlust der Klagbarkeit bewirke, sondern den Verlust des Rechtes selbst.* Wenn ein bestimmtes Recht als solches zu Lasten des AN nicht abbedungen werden kann und die Verjährung daher den Verlust dieses sonst zwingend eingeräumten Rechts bedeutet, muss mangels klar abweichender gesetzlicher Regelung auch die Verjährungszeit für diesen gesetzlich zwingenden Anspruch relativ zwingend sein.
Soweit der OGH letztlich anerkennt, dass die Argumente der Kritiker hinsichtlich der schwierigen Lage des AN im aufrechten Arbeitsverhältnis bei der Geltendmachung offener AN-Ansprüche zwar rechtspolitisch nachvollziehbar seien, diese aber vom Gesetzgeber mit anderen rechtspolitischen Interessen, etwa an der möglichst raschen Abklärung strittiger Fragen oder der Einschätzung der tatsächlichen Kostenstruktur abgewogen werden müssten, ist einmal mehr zu entgegnen, dass gerade die historisch nachweisbare allgemeine Abwägung des Gesetzgebers zum Verjährungsrecht, nämlich die Verkürzbarkeit von Verjährungsfristen nur als Konsequenz der Möglichkeit von Anspruchsverzichten, insgesamt dazu führen muss, dass entgegen der Meinung des OGH bei zwingenden gesetzlichen Ansprüchen grundsätzlich auch die gesetzliche Verjährungsfrist als zwingend anzusehen ist.
Das allein kommt heraus, wenn man den aus dem Wortlaut des § 1502 ABGB abgeleiteten Gegenschluss für die vertragliche Verkürzbarkeit von Verjährungsfristen nur soweit zulässt, als dies dem Verständnis und damit dem Willen der Gesetzesverfasser entsprochen hat. Man braucht also im Grunde nicht neuerlich den Gesetzgeber des Verjährungsrechts zu bemühen, um zum ursprünglichen Verständnis des § 1502 ABGB zurückzukehren.* Vielmehr kann und soll eine der wahren Gesetzeslage nicht entsprechende Judikaturlinie, selbst wenn sie noch so lange fortgeführt worden ist, auch vom OGH selbst wieder korrigiert werden.
Eine fundierte Auseinandersetzung mit der hA von Verjährung und Verfall erfordert zweifellos eine Unterscheidung zwischen der Verjährung von Ansprüchen auf der einen und der Verjährung sonstiger Rechte auf der anderen Seite*, wobei hinsichtlich der letzteren wohl noch weitere Differenzierungen notwendig sein werden. Vorliegend geht es jedoch nur um einige zusätzliche Überlegungen zur Anspruchsverjährung, bei der die schon angesprochene Unterscheidung zwischen Klagsfristen und Anspruchsmeldeobliegenheiten noch viel zu wenig beachtet und entsprechend vertieft worden ist. Gerade diese Differenzierung scheint mir77 nämlich geeignet zu sein, dem Rechtsinstitut eines „Verfalls“ von Ansprüchen einen im Vergleich zur hA etwas abweichenden Sinngehalt zu geben und dadurch einige höchst problematische Konsequenzen der herrschenden Abgrenzung zwischen Verjährung und Verfall zu vermeiden. Große praktische Bedeutung hätte das vor allem auch für die Verjährung und den möglichen Verfall arbeitsrechtlicher Ansprüche.
Ausgangspunkt ist also die schon seit langem bekannte und auch durchaus bereits öfter thematisierte Unterscheidung der Fristen zur Geltendmachung von Ansprüchen nach dem Gegenstand der Säumnis des Berechtigten.* Demnach ist zwischen solchen Fristen, die nur durch gerichtliche Geltendmachung gewahrt werden können und solchen, die einen Rechtsverlust bei Unterlassen der außergerichtlichen Geltendmachung vorsehen, zu differenzieren.* Wenngleich dieser Unterschied keineswegs geeignet ist, schlechthin eine zwingende Grenzziehung zwischen Verjährung und Verfall zu begründen,* so zeigt sich doch, dass im Hinblick auf die geltende positivrechtliche Ausgestaltung des Verjährungsrechts im ABGB eine entsprechende Abgrenzung erforderlich ist. Denn es muss berücksichtigt werden, dass angesichts des § 1497 ABGB für die Anspruchsberechtigten Verjährungsfristen stets Klagsfristen in dem Sinne sind, dass die Anspruchsverjährung* grundsätzlich* nur durch Klagsführung und nicht schon durch sonstige außergerichtliche Geltendmachung verhindert werden kann. Davon ausgehend lässt sich leicht erkennen, dass die die „eigentliche“ Verjährung betreffenden ABGB-Regelungen (also insb die §§ 1478 ff) praktisch durchwegs die Verjährung durch Unterlassung rechtzeitiger Klage und gehöriger Fortsetzung derselben zum Gegenstand haben. Schon daraus muss abgeleitet werden, dass das ABGB-Verjährungsrecht ganz allgemein (und unmittelbar nur) stets dann zur Anwendung kommen soll, wenn es eben um Fristen geht, die den vollen Anspruchserhalt von einer gerichtlichen Geltendmachung abhängig machen. Es gibt insofern keinen zureichenden Anhaltspunkt und vor allem keine ersichtliche sachliche Rechtfertigung dafür, bestimmte (insb kürzere) gesetzliche Klagsfristen generell als „Ausschlussfristen“ vom Verjährungsrecht auszunehmen. Selbst in jenen Sonderfällen (wie zB bei § 6 DHG), in denen sich in Gesetzesmaterialien die Vorstellung einer die Klagsführung betreffenden Ausschlussfrist finden lässt, sollte das nur einer verfehlten Dogmatik zugeschrieben werden und die sachlich notwendige Gleichbehandlung nicht hindern. Allenfalls in Einzelfragen, wie zB hinsichtlich einer möglichen vertraglichen Verlängerbarkeit kurzer Verjährungsfristen, wären natürlich der erklärte Wille des historischen Gesetzgebers oder spezielle Normzwecke durchaus zu beachten. Das sollte aber an der grundsätzlichen Zuordnung der betreffenden Klagsfristen zum Verjährungsrecht nichts ändern.
Von diesen gesetzlich im ABGB-Verjährungsrecht geregelten Klagsfristen sind nun solche den Anspruch selbst einschränkenden und damit materiellrechtlichen Fristen zu unterscheiden, die zur Anspruchswahrung kraft Gesetzes, KollV oder Einzelvertrages einer näher bestimmten (nicht aber gerichtlichen!) Geltendmachung gegenüber dem Verpflichteten bedürfen. Derartige Fristen begründen – wie schon erwähnt – in Wahrheit Anspruchsmeldeobliegenheiten mit der Maßgabe, dass die Nichterfüllung der betreffenden Obliegenheit zum (durchaus vollständigen) Anspruchsverlust führt. Es liegt auf der Hand, dass das ABGB-Verjährungsrecht derartige Fristen für die Rechtsverfolgung in keiner Weise bedenkt und daher grundsätzlich auch nicht darauf anwendbar sein will. Maßgebend wären daher stets nur die im Zusammenhang mit der Fristregelung selbst konkret angeordneten Rechtsfolgen und bei Fehlen klarer Anordnungen allein die Auslegung der jeweils einschlägigen Rechtsgrundlagen nach Wortlaut, systematischem Zusammenhang und Zweck der Regelung. Freilich wird man eine solche Anmeldeobliegenheit typischerweise dahin zu verstehen haben, dass die betreffende Frist eine mehr oder weniger substantiierte, allenfalls auch formgebundene (zB schriftliche) Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber dem Verpflichteten oder sonst Betroffenen zu einer Bedingung des Rechtes selbst macht. Der Anspruch soll also bei Unterlassen fristgerechter Geltendmachung wegen Eintritts einer auflösenden Bedingung erlöschen. So gesehen muss man dann tatsächlich von „materiellrechtlichen Ausschlussfristen“ oder „Verfallsfristen“ ausgehen, weil und soweit bei ihnen die Geltendmachung gegenüber dem Verpflichteten gewissermaßen ein weiteres Erfordernis zur Aufrechterhaltung des Anspruchs selbst bildet.
Auf materiellrechtliche Ausschlussfristen in diesem enger gemeinten Sinn wären die gesetzlichen Verjährungsregeln deshalb nicht anzuwenden, da sie nichts mit der das gesetzliche Verjährungsrecht vom Wortlaut und Normzweck her prägenden prozessualen Rechtsdurchsetzung zu tun haben, sondern ausschließlich den Inhalt des Rechts selbst betreffen.* Demgegenüber wären kurze Klagsfristen ganz grundsätzlich nicht als materiellrechtliche Ausschlussfristen, sondern stets als echte Verjährungsfristen iSd ABGB anzusehen, weil gerade auch bei diesen die Notwendigkeit gerichtlicher Geltendmachung als maßgebende allgemeine Wertungsgrundlage der für die Anspruchsverjährung geltenden ABGB-Vorschriften zum Tragen käme.
Soweit es um vertraglich vereinbarte oder in Kollektivverträgen enthaltene (kürzere) Klagsfristen geht, könnte man natürlich dem Gesagten einschränkend entgegenhalten, dass es immerhin privatautonom bzw kollektivvertragsautonom möglich sein müsse, den „echten“ Verfall auch für Klagsfristen klar und eindeutig zu vereinbaren. Dieser mögliche Einwand könnte sogar dahin weiter entwickelt werden, dass es die Privat- bzw Kollektivvertragsautonomie auch erlauben müsse, selbst für gesetzliche Verjährungsfristen die Rechtsfolge des Bestehenbleibens einer Naturalobligation abzubedingen78 und demnach für den Fall der Verjährung ein gänzliches Erlöschen des Anspruchs zu vereinbaren. Dem ist jedoch nicht zu folgen. Abgesehen davon, dass es ungeachtet der materiellrechtlichen Komponente des Verjährungsrechts jedenfalls auch um die Wirkungen (unterlassener) prozessualer Rechtshandlungen geht und insoweit schon aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit eine Art Typenzwang angenommen werden sollte, stünde einer solchen Möglichkeit die zweifelsfrei zwingende Vorschrift des § 1502 ABGB entgegen. Denn die Vereinbarung des gänzlichen Erlöschens einer verjährten Schuld anstelle der gesetzlich verbleibenden Naturalobligation hätte zur Folge, dass bei irrtümlicher Leistung der bereits verjährten Schuld entgegen § 1432 ABGB eine Leistungskondiktion möglich bliebe und damit auch noch nach Ablauf der für den ursprünglichen Anspruch geltenden Verjährung weiterhin gerichtliche Auseinandersetzungen über Bestehen und Höhe eben dieses schon verjährten Anspruchs neu eingeleitet werden könnten. Das zeigt aber, dass die Abbedingung des nach der Verjährung gesetzlich vorgesehenen Bestehenbleibens einer Naturalobligation letztlich auf die Vorwegvereinbarung einer (teilweisen) Verjährungsverlängerung hinauslaufen würde, die jedoch nach § 1502 ABGB gesetzlich zwingend ausgeschlossen ist.
Differenziert man nun im erläuterten Sinn zwischen Klagsfristen und Anspruchsmeldeobliegenheiten, ergeben sich wichtige Folgerungen, die geradezu zwangsläufig zu Korrekturen der bisherigen hA führen müssten und iSd hier vertretenen Auffassung auch sollten:
Zunächst wäre im Regelfall davon auszugehen, dass Anspruchsmeldeobliegenheiten im erwähnten Sinne einen Anspruch materiellrechtlich beschränken.*
Dementsprechend wäre die vertragliche Vereinbarung oder auch kollektivvertragliche Normierung einer derartigen Anspruchsmeldeobliegenheit für einen gesetzlich zwingend eingeräumten (und nicht vom Gesetz selbst mit einer entsprechenden Meldeobliegenheit ausgestatteten) Anspruch unzulässig, weil und soweit dieser dann durch eine auflösende Bedingung beschränkt würde.
Die Auswirkungen dieser Einsicht wären gerade im Arbeitsrecht ganz erheblich: In den zahlreichen Fällen, in denen kurze kollektivvertragliche Ausschlussfristen iS von Anmeldeobliegenheiten auch für gesetzlich zwingend eingeräumte Ansprüche vorgesehen sind, wären diese insoweit teilnichtig, als sie die zwingende Wirkung der gesetzlichen Regelung zu Lasten des AN missachten.
Unabhängig davon wäre es ganz allgemein notwendig und sachgerecht, die Frage einer allfälligen Sittenwidrigkeit (Inhaltskontrolle) von Einzelvereinbarungen und Kollektivvertragsregelungen über Fristen zur Geltendmachung von Ansprüchen getrennt nach Klagsfristen und Meldeobliegenheiten zu beurteilen.
Bei der Verkürzung gesetzlicher Klagsfristen wäre im Falle arbeitsrechtlicher Ansprüche ausschließlich auf das Verhältnis zur gesetzlichen Regelfrist von drei Jahren abzustellen, weshalb eine Verkürzung auf sechs Monate schon als äußerst zulässige Grenze angesehen werden müsste. Verkürzungen auf vier oder drei Monate wären bereits als ganz unverhältnismäßige Beeinträchtigung von AN-Ansprüchen zu werten.*
Bei Fristen iS von Anspruchsmeldeobliegenheiten wäre dagegen – natürlich nur soweit nicht ohnehin zwingendes Recht verletzt wird – auf mögliche Sachgründe, und das hieße vor allem auf ein spezielles frühzeitiges Klarstellungsbedürfnis für die materielle Beschränkung des Anspruches selbst abzustellen. In diesem Sinne könnten wohl zB Meldeobliegenheiten betreffend Aufwandsersatzansprüche kürzer befristet werden als solche für „normale“ rückständige Entgeltansprüche oder etwa den Anspruch auf ein Jubiläumsgeld.
Zusammenfassend ist in Anknüpfung an schon früh publizierte grundlegende Erkenntnisse von Reischauer festzuhalten, dass die herrschende Dogmatik zu den Ausschlussfristen nach wie vor in sich widersprüchlich ist und von vornherein einer zureichenden Rechtsgrundlage entbehrt. Weiterführend sollte bei den Fristen zur Geltendmachung von Ansprüchen ganz grundsätzlich zwischen Klagsfristen und Obliegenheiten zur Anmeldung des Anspruches beim Verpflichteten unterschieden werden und im Bereich der Klagsfristen die zusätzliche Unterscheidung von Verjährung und Verfall endgültig mit der Maßgabe verabschiedet werden, dass auf Klagsfristen stets allgemeines Verjährungsrecht angewendet wird, soweit nicht im Einzelfall Sonderregelungen bestehen. Vertragliche oder kollektivvertragliche Verkürzungen gesetzlicher Verjährungsfristen wären zwar (natürlich nur bei Fehlen zwingender Sondervorschriften) grundsätzlich zulässig, im Arbeitsvertragsrecht sollte jedoch die Sittenwidrigkeitskontrolle in Relation zur normalen dreijährigen Verjährungsfrist des § 1486 Z 5 ABGB gesehen und eine vereinbarte Klagsfrist von sechs Monaten schon als unterste Grenze zulässiger Verkürzung beurteilt werden. Anspruchsmeldeobliegenheiten würden demgegenüber nicht dem Verjährungsrecht unterliegen, sondern den Anspruch materiell iS einer auflösenden Bedingung beschränken. Für gesetzlich zwingend eingeräumte Ansprüche könnten sie daher von vornherein nicht wirksam vereinbart werden. Die darüber hinausgehende Inhaltskontrolle nach § 879 Abs 1 bzw Abs 3 ABGB hätte vor allem auf die Notwendigkeit von Sachgründen (wie insb ein spezielles frühzeitiges Klarstellungsbedürfnis) abzustellen, um verständlich zu machen, warum ein an sich gegebener Anspruch durch bloße Nichtmeldung beim Schuldner alsbald wieder untergehen soll.79