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Familienzeitbonus: Kurzfristiger melderechtlicher Hauptwohnsitzwechsel nach Bezugsende nicht anspruchsschädigend

SARA NADINEPÖCHEIM

Die Lebensgefährtin des Kl und Mutter des gemeinsamen (zweitgeborenen) Sohnes war seit November 2001 an der Adresse *S* (in weiterer Folge: Familienwohnadresse) hauptwohnsitzlich gemeldet. Der gemeinsame Sohn wurde am 19.6.2017 geboren. Seit dessen Geburt hatte der Kl eine Lebensgemeinschaft mit der Kindsmutter, mit der er seit Juni 2017 zusammen an der Familienwohnadresse wohnte. Der Sohn ist seit 21.6.2017 an der Familienwohnadresse hauptwohnsitzlich gemeldet. Mit 4.8.2017 meldete der Kl in der Absicht, dauerhaft mit seiner Lebensgefährtin und dem Kind an der Familienwohnadresse wohnen zu bleiben, dort seinen Hauptwohnsitz an.

Aus Anlass der Geburt des Sohnes bezog der Kl für die Zeit von 4.8. bis 3.9.2017 den Familienzeitbonus in Höhe von gesamt € 700,60. Da der Kl unerwarteterweise ein Problem im Zuge einer erbrechtlichen Abwicklung bekam, meldete er von 4.10. bis 26.12.2017 seinen Hauptwohnsitz (wieder) bei seinen Eltern an. Den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen hatte der Kl jedoch seit Juni 2017 immer an der Familienwohnadresse, an welcher er seither auch durchgehend gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin und den gemeinsamen Kindern wohnte. Mit 27.12.2017 stellte der Kl seine Hauptwohnsitzmeldung an die Familienwohnadresse wieder richtig.

Mit Bescheid widerrief die Bekl den Bezug von Familienzeitbonus und verpflichtete den Kl zur Rückzahlung von € 700,60 mit der Begründung, dass eine dauerhafte Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft von Eltern und Kind an derselben Wohnadresse bei einem gemeinsamen Haushalt von nur zwei Monaten nicht gegeben sei.

In seiner Klage begehrte der Kl die Feststellung, dass der Bezug von Familienzeitbonus nicht zu Unrecht erfolgt, der Bezug nicht zu widerrufen und er nicht zur Rückzahlung von € 700,60 verpflichtet sei.

Das Erstgericht gab der Klage statt. Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Der OGH ließ die außerordentliche Revision des Bekl mangels Vorliegens einer höchstgerichtlichen Auslegung des Begriffs des gemeinsamen Haushalts iSd § 2 Abs 1 Z 4 iVm Abs 3 Familienzeitbonusgesetz (FamZeitbG) zu, erachtete diese aber als nicht berechtigt.

Er führte zusammenfassend aus: Eine „dauerhafte Wohn und Wirtschaftsgemeinschaft“ iSd § 2 Abs 3 FamZeitbG erfordert zunächst, dass eine Wohn und Wirtschaftsgemeinschaft in der Absicht aufgenommen wird, dass diese auf Dauer geführt wird. Dem Begriff „dauerhaft“ kommt eine eigenständige Bedeutung zu. Diese liegt im Anwendungsbereich des FamZeitbG darin, dass eine Wohn und Wirtschaftsgemeinschaft nicht nur in der Absicht aufgenommen werden darf, sie bloß vorübergehend zu führen. Für die Beurteilung der Frage, ob eine dauerhafte Wohn und Wirtschaftsgemeinschaft vorliegt, ist die bei Aufnahme bestehende Absicht, eine Wohn und Wirtschaftsgemeinschaft auf Dauer führen zu wollen, maßgeblich. Davon ist die im Einzelfall zu beurteilende Frage zu trennen, ob sich aus einem nachträglichen Ereignis ergibt, dass die Absicht, eine dauerhafte Wohn und Wirtschaftsgemeinschaft zu begründen, bereits ursprünglich fehlte.

Weiters erläuterte der OGH, dass es auf die tatsächliche Dauer einer Wohn und Wirtschaftsgemeinschaft im Anwendungsbereich des § 2 Abs 3 FamZeitbG nach der bisher ergangenen Rsp (OGH 20.11.2018, 10 ObS 109/18d ua; RS0132377) nur insofern ankommt, als diese zumindest während des Bezugs des Familienzeitbonus bestehen muss.

Für den konkreten Fall folgt daraus, dass die Vorinstanzen zutreffend vom Vorliegen eines gemeinsamen Haushalts ausgegangen sind. Denn der Kl hatte die Absicht, dauerhaft mit seiner Lebensgefährtin und dem Sohn (bzw beiden Kindern) zusammenzuleben und er begründete am 4.8.2017 auch einen gemeinsamen Haushalt iSd § 2 Abs 1 Z 4 iVm § 2 Abs 3 FamZeitbG durch die Meldung an der gemeinsamen Familienadresse, an der er schon seit Juni 2017 und auch weiterhin tatsächlich wohnte. Der Umstand, dass sich der Kl entgegen den melderechtlichen Vorschriften am 4.10.2017 von der gemeinsamen Familienwohnadresse abmeldete (obwohl er weiterhin dort lebte), ändert am bereits zuvor begründeten und auch während des gesamten Bezugszeitraums unstrittig aufrecht bestehenden gemeinsamen Haushalt nichts mehr. Entscheidend ist der bindend festgestellte Umstand, dass der Kl zum Zeitpunkt der Anmeldung die Absicht hatte, an der Familienwohnadresse einen gemeinsamen Haushalt zu begründen. 177