Zur Anpassung des All-In-Gehalts in der Elternteilzeit
Zur Anpassung des All-In-Gehalts in der Elternteilzeit
Ein AN mit All-in-Gehalt vereinbart Elternteilzeit zur Betreuung seines Kindes und reduziert seine Normalarbeitszeit. Klar ist, dass das Gehalt im Verhältnis zur Stundenreduktion zu kürzen ist. Umstritten ist, was Basis für diese Aliquotierung sein soll. Für AN in Elternteilzeit mit einer Überstundenpauschale hat der OGH bereits entschieden, dass die Pauschale während der Elternteilzeit grundsätzlich ruht und Basis für die Aliquotierung daher nur das Grundgehalt ohne Überstundenpauschale ist. All-in-Vereinbarungen sind Überstundenpauschalen oft sehr ähnlich, sodass eine Übertragung dieser Grundsätze auf All-in-Modelle nahe liegt. In der Praxis zeigt sich aber, dass All-in-Vereinbarungen im Einzelfall so ausgestaltet sein können, dass ein Ruhen nicht gerechtfertigt ist. Die OGH-Rsp zur Kürzung von Überstundenpauschalen in der Elternteilzeit ist daher nicht in allen Fällen übertragbar.
AN haben unter den Voraussetzungen des § 15h Abs 1 Mutterschutzgesetz (MSchG) bzw § 8 Abs 1 Väter-Karenzgesetz (VKG) Anspruch auf Reduktion ihrer Arbeitszeit zur Betreuung eines Kindes. Zur Auswirkung auf das Entgelt macht das Gesetz keine Angaben. Es gibt keine Norm, die mit § 14 MSchG vergleichbar ist, wo der Anspruch auf Weiterzahlung des Entgelts für bestimmte im MSchG normierte Beschäftigungsverbote geregelt ist.*
Grundsätzlich ist das Gehalt daher in der Elternteilzeit wie auch sonst bei einer Stundenreduktion im Ausmaß der Stundenkürzung zu reduzieren.
Handelt es sich um ein All-in-Gehalt, dann soll dieses aber auch Mehr- und Überstunden abgelten. Hinsichtlich Mehrarbeit sieht das AZG für AN in Elternteilzeit eine Sonderregelung vor: Gem § 19d Abs 8 AZG können Teilzeitbeschäftigte nach dem MSchG oder VKG nicht (so wie andere Teilzeitbeschäftigte gem § 19d Abs 3 AZG) zu Überstundenleistungen verpflichtet werden. Der Zweck dieser Sonderregel für AN in Elternteilzeit ist, dass Mehrarbeit in der Elternteilzeit mit der Notwendigkeit der Kinderbetreuung nicht in Einklang steht.*
Diese Sonderregel zu Überstunden von AN in Elternzeit war mitausschlaggebend für die OGH-E zur Überstundenpauschale:
Im Zusammenhang mit einer Überstundenpauschale hatte der OGH* zu beurteilen, ob einem AN in Elternteilzeit das aliquote Grundentgelt einschließlich Überstundenpauschale zusteht oder die Überstundenpauschale während der Elternteilzeit ruht und die Aliquotierung nur auf Basis des Grundgehalts erfolgt. Der vereinbarte Widerrufsvorbehalt spielte insofern eine Rolle, als der OGH aus diesem Rückschlüsse für den Parteiwillen zog. Der OGH kam im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung zum Ergebnis, dass die pauschale Überstundenabgeltung zwischen AG und AN in der Erwartung vereinbart wurde, dass Überstunden zu leisten sind und der AN zur Überstundenleistung zumindest konkludent auch vertraglich verpflichtet ist.
Während einer Elternteilzeit darf der AG den AN aber gemäß der Sonderregel in § 19d Abs 3 AZG nicht mehr zu Überstundenleistungen verpflichten, da diese mit den Betreuungspflichten in Widerspruch stehen. Ist davon auszugehen, dass der AN während der Elternteilzeit längere Zeit hindurch keine Überstunden leisten wird, dann wäre das arbeitsvertragliche Synallagma gestört, wenn der AG dennoch weiter verpflichtet ist, die Überstundenpauschale zu bezahlen. Der OGH kam daher zum Ergebnis, dass der Anspruch des AN auf eine vereinbarte Überstundenpauschale in der Zeit ruht, in der er oder sie von der Möglichkeit der Elternteilzeit nach dem MSchG bzw dem VKG Gebrauch macht. Leistet ein AN während der Elternteilzeit jedoch Mehr- und Überstunden, hat er dafür freilich das entsprechende Entgelt (eben im Wege einer Einzelverrechnung) zu erhalten.
Bei einer Überstundenpauschale ist das Gehalt in der Elternteilzeit daher grundsätzlich nur auf Basis 51 des Grundgehalts ohne Pauschale aliquot im Ausmaß der Stundenkürzung zu zahlen.
Es liegt nahe, die von der Rsp für das Ruhen der Überstundenpauschale entwickelten Grundsätze auch für AN in Elternteilzeit heranzuziehen, die All-in-Vereinbarungen haben. Auch bei All-in-Gehältern soll vom AN geleistete Mehrarbeit pauschal durch das Gesamtgehalt abgegolten werden.
In der Literatur wird überwiegend die Ansicht vertreten, die Grundsätze der OGH-E zu 9 ObA 30/15z seien auf All-in-Vereinbarungen übertragbar.* Die meisten AutorInnen schränken diese Ansicht aber insofern ein, als der auf die Abgeltung von Mehrarbeit entfallende Gehaltsanteil bestimmbar sein muss,* allenfalls, in dem das Grundgehalt, falls es nicht ausgewiesen ist, ermittelt wird.*
Vertreten wird auch, dass mangelnde Transparenz bei All-in-Entlohnungen zu Lasten des AG geht; dies mit der Konsequenz, dass der AG bei intransparenten Lohnmodellen in der Elternteilzeit zur Weiterzahlung der Überstundenabgeltung ohne Gegenleistung verpflichtet ist.* Spielt die tatsächliche Leistung von Überstunden für die Vergütung keine Rolle, dann soll eine Anpassung in der Elternteilzeit nicht vertretbar sein.*
Ein All-in-Gehalt dient nicht unbedingt nur der Abgeltung von Mehr- und Überstunden. Was abgegolten sein soll, ergibt sich aus der konkreten Parteienvereinbarung. Denkbar ist, dass durch das Gesamtgehalt neben dem Grundentgelt für die Normalarbeitszeit auch das Grundentgelt samt Zuschlägen für Mehr- und Überstunden, Feiertags- und Wochenendarbeit, Zulagen, Aufwandsersatz, Entgelt für Reisezeiten, Ruf- oder Arbeitsbereitschaft abgegolten sein soll.* Vereinbar ist sogar, dass Sachbezüge, wie die private Nutzung eines Firmenwagens* oder Provisionen,* durch die All-in-Vereinbarung abgegolten werden.
Je nach individueller Ausgestaltung und All-inclusive-Widmung soll das die Abgeltung der Normalarbeitszeit übersteigende Entgelt (hier im Folgenden auch die „Überzahlung“) daher nur Überstunden oder auch andere Entgeltbestandteile abgelten. Dies ist bei einer reinen Überstundenpauschale nicht der Fall.
Da es keinen Grund gibt, weshalb andere Entgeltbestandteile als solche für Mehrarbeit in der Elternteilzeit ruhen sollen, setzt ein Entfall der All-in-Überzahlung zunächst voraus, dass diese nicht der Abgeltung anderer Entgeltbestandteile dient oder, dass die abgegoltenen Entgeltbestandteile abgrenzbar ausgewiesen sind.
In der Praxis ist letzteres selten der Fall, sodass All-in-Gehälter, bei denen das Gesamtgehalt zB auch Zulagen, Reisezeiten, Rufbereitschaft oÄ abgelten soll, in der Elternteilzeit nur im Ausmaß der Stundenkürzung zu reduzieren ist.
In einem weiteren Punkt unterscheiden sich All-in-Gehälter in der Praxis oft von Überstundenpauschalen. Erst seit dem Arbeitsrechtsänderungsgesetz 2015* muss das Grundentgelt aufgrund von § 2 Abs 2 Z 9 AVRAG im Dienstzettel oder -vertrag betragsmäßig schriftlich ausgewiesen sein. Ist dies der Fall und ist der All-in-Zuschlag ausschließlich der Abgeltung von Mehrarbeit gewidmet, dann werden die Grundsätze der OGH-Rsp zum Ruhen der Überstundenpauschale idR übertragbar sein.
Ältere All-in-Vereinbarungen oder solche, die § 2 Abs 2 Z 9 AVRAG schlicht nicht beachten, weisen aber oft nur ein Gesamtentgelt aus, ohne ein betragsmäßiges Grundentgelt und die auf die Mehrarbeitsabgeltung entfallende Überzahlung zu nennen. Es ist dann unklar, welcher Teilbetrag vom All-in-Gehalt der pauschalen Abgeltung von Überstunden dienen soll und daher ruhen könnte.
Eine kollektivvertragliche Einordnung in ein Gehaltsschema im Arbeitsvertrag genügt mE nicht52 für die Annahme, das Kollektivvertragsmindestgehalt sei als Grundgehalt vereinbart.* Das Kollektivvertragsmindestgehalt ist nach dem Parteiwillen nämlich nicht unbedingt das übereinstimmend gewünschte Grundgehalt, da das Grundgehalt gerade bei höher qualifizierten Arbeitskräften oft auch Position, Erfahrung und Expertise abgelten soll.
Ist die auf die Überstundenabgeltung entfallende Überzahlung mangels Bezifferung des Grundgehalts nicht bestimmt, dann ist sie allenfalls bestimmbar, indem man auf § 2g AVRAG zurückgreift. Dieser normiert nämlich ähnlich § 6 Abs 1 AngG, dass ohne Ausweis des Grundgehalts bei pauschalen Entgeltvereinbarungen das orts- und branchenübliche Gehalt zwingend zusteht. Praktisch ist das aber schwer umzusetzen, da AG und AN ohne Sachverständigengutachten nicht beurteilen werden können, welches Grundgehalt in concreto orts- und branchenüblich ist. Eine einseitige Festlegung des AG aus Anlass einer Elternteilzeit, welches Grundgehalt orts- und branchenüblich ist, wäre unzulässig.
Wohl auch aus diesem Grund nehmen AG die Elternteilzeit in der Praxis manchmal zum Anlass, das Grundgehalt (nachträglich) anhand von in der Vergangenheit geleisteten Überstunden (zB Dreimonats- oder Zwölfmonatsdurchschnitt) zu berechnen und während der Elternteilzeit nur mehr das um diesen Durchschnitt reduzierte (und dann aliquotierte) Gehalt auszuzahlen.
Dies führt aber mitunter – gerade bei Arbeitsverhältnissen, die bereits lange andauern – (für AG oder AN) zu unbefriedigenden Ergebnissen, wenn die Überstundenleistung über die Jahre hinweg stark fluktuiert hat.
Gegen diese Methode spricht mE auch, dass sie nicht unbedingt dem Parteiwillen zum Zeitpunkt des Abschlusses der All-in-Vereinbarung entspricht. Zu diesem Zeitpunkt wollten die Parteien – mangels Ausweises des Grundgehalts – gar keinen bestimmten Anteil am Gesamtgehalt der Überstundenabgeltung widmen bzw jedenfalls nicht den nachträglich anhand eines Durchschnitts berechneten Anteil. Darin unterscheidet sich ein All-in-Gehalt, das pauschal der Abgeltung von Überstunden dienen soll, eben signifikant von der Überstundenpauschale.
Ist das Grundgehalt nicht von Anfang an ausgewiesen, dann kommt ein Ruhen eines Teils des All-In-Gehalts aus diesen Gründen nicht in Frage.
Weisen All-in-Vereinbarungen das Grundgehalt nicht aus und war von den Parteien nicht definiert, welcher Anteil am Gesamtgehalt der Überstundenabgeltung dienen soll, dann ergibt sich mE auch aus der Unklarheitenregel gem § 915 Satz 2 ABGB, dass ein Ruhen eines Teils des Gesamtgehalts nicht in Frage kommt. Gem § 915 Satz 2 ABGB geht eine unklare Formulierung zu Lasten desjenigen, der sie formuliert hat. Bei Arbeitsverträgen wird Verfasser der All-in-Vereinbarung in aller Regel der AG sein, sodass sich die Intransparenz der gewählten Formulierung dahingehend auswirkt, dass mangels Bezifferung des der Abgeltung von Überstunden dienenden Gehaltsbestandteiles auch in der Elternteilzeit das Gesamtgehalt (gekürzt um die Stundenreduktion) zu zahlen ist.
AG sei daher empfohlen, bereits bei Abschluss des Arbeitsvertrages oder der All-in-Vereinbarung auf Transparenz zu achten und den Anteil am Gesamtgehalt, der Überstunden abgelten soll, klar auszuweisen.
Selbst wenn das Grundgehalt bzw die der Überstundenabgeltung gewidmete Überzahlung ausgewiesen ist, kann sich im Einzelfall aus dem Parteiwillen ergeben, dass die Überzahlung in der Elternteilzeit dennoch nicht ruhen soll.
Hauptargument des OGH zum Ruhen der Überstundenpauschale in der Elternteilzeit ist die ergänzende Vertragsauslegung durch Ermittlung des Parteiwillens.
All-in-Verträge kommen besonders oft bei höher qualifizierten Arbeitskräften vor. Bei solchen Arbeitsverhältnissen ist der AN oft auch in der Elternteilzeit zur Leistung von Überstunden bereit und der AG will diese auch annehmen, sodass erwartbar ist, dass weiterhin Überstunden geleistet werden. Dem Parteiwillen entspricht es in solchen Fällen mehr, dass die Abgeltung von Überstunden weiterhin pauschal erfolgen soll und nicht im Wege einer Einzelverrechnung.
Häufig sind All-in-Verträge auch in Kombination mit Gleitzeitvereinbarungen anzutreffen. Bei Gleitzeitvereinbarungen werden Zeitguthaben und Fehlzeiten während der Gleitzeitperiode ausgeglichen, weshalb Überstunden idR erst gar nicht – oder zumindest nur in geringem Ausmaß – entstehen und abgegolten werden müssen. Daraus ergibt sich bei All-in-Gehältern mit Gleitzeitvereinbarung oft, dass die Überstundenabgeltung für das Gesamtgehalt nur eine untergeordnete Rolle spielt. Der Parteiwille spricht in 53 zuminsolchen Konstellationen dafür, dass das Gesamtgehalt weiterhin – nur gekürzt um die Stundenreduktion – zustehen soll.
Manchmal ergibt sich aus dem Parteiwillen auch, dass die All-in-Überzahlung schlicht eine Gehaltserhöhung darstellen soll. Die Bezeichnung als „All-in“ wird in der Praxis oft gewählt, um die Gehaltserhöhung nach außen hin weniger transparent zu machen, zB, wenn es beim AG sehr starre Gehaltssysteme gibt und eine Gehaltserhöhung für einzelne AN nicht ohne Weiteres möglich wäre.
Ein Ruhen der All-in-Überzahlung ist nur denkbar, wenn eindeutig bestimmt ist, welcher Anteil am Gesamtgehalt der Überstundenabgeltung dienen soll. Ist das Grundgehalt gem § 2 Abs 2 Z 9 AVRAG beziffert und der Rest des Gesamtgehalts der Überstundenabgeltung gewidmet, dann ist die All-in-Überzahlung der Überstundenpauschale vergleichbar. Die Überzahlung ruht dann während der Elternteilzeit, so sich nicht aus dem Parteiwillen eindeutig anderes ergibt.
Wenn das All-in-Gehalt auch andere Entgeltbestandteile als Überstunden abgelten soll und der der Überstundenabgeltung gewidmete Anteil nicht definiert ist, ruht die Überzahlung nicht.
Eine nachträgliche Bestimmung des Betrages, der der Überstundenabgeltung gewidmet sein soll, ist mE nicht zulässig, weil auf den Parteiwillen zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung abzustellen ist.
Ist der Anteil, der der Überstundenabgeltung dienen soll, nicht ausgewiesen, dann geht diese Intransparenz zu Lasten des Verfassers der Vereinbarung, idR des AG. Das Gesamtgehalt ist dann gekürzt um die Stundenreduktion zu bezahlen.