11Kündigungsanfechtung – lange Krankenstände, verspätete Dienstantritte
Kündigungsanfechtung – lange Krankenstände, verspätete Dienstantritte
Je stärker die Beeinträchtigung des AN durch die Kündigung ist, umso gewichtiger müssen die betrieblichen Interessen an der Auflösung des Arbeitsverhältnisses sein und umgekehrt.
Ein 30-jähriger AN ficht seine Kündigung an. Er hat keine Sorgepflichten, hatte während seiner dreieinhalbjährigen Dienstzeit nahezu regelmäßig überdurchschnittliche Krankenstände und ist mehrfach schuldhaft verspätet zum Dienst erschienen, wobei in drei Fällen die Zeitverzögerungen erheblich waren.
Der AN bekämpfte die gegen ihn ausgesprochene Kündigung mit der Anfechtungsklage gem § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG. Das Berufungsgericht hat – anders als das Erstgericht – die Beeinträchtigung wesentlicher Interessen des AN durch die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses zwar bejaht, jedoch ausgesprochen, dass sich der AG auf überwiegende personenbezogene Rechtfertigungsgründe berufen könne. Die dagegen erhobene Revision wies der OGH zurück.
Eine Kündigungsanfechtung wegen Sozialwidrigkeit ist dann erfolgreich, wenn das Interesse des AN am Behalten seines Arbeitsplatzes die – hier in persönlichen Gründen liegende – Rechtfertigung des AG für die Kündigung überwiegt.
Der OGH erachtete die Erheblichkeitsschwelle für die Beeinträchtigung wesentlicher Interessen des AN als gerade noch überschritten und hielt fest, dass die betrieblichen Interessen an der Auflösung des Dienstverhältnisses umso gewichtiger sein müssen, je stärker die Beeinträchtigung des AN ist. Dies bedeutet umgekehrt, dass, wenn die Beeinträchtigung des AN wie hier lediglich so stark ist, dass Sozialwidrigkeit gerade noch bejaht wird, schon nicht ganz so schwerwiegende in der Person des AN gelegene Gründe ausreichen, um die Interessenabwägung zu Gunsten des AG ausschlagen zu lassen.
Ob die häufigen Krankenstände für sich allein als Rechtfertigungsgrund gereicht hätten, blieb im konkreten Fall unbeantwortet, weil sich der OGH im Rahmen einer Gesamtbetrachtung auch auf die mehrfach verspäteten Dienstantritte des AN berief. Da die zweite Instanz mit ihrer Abwägung der beidseitigen Interessen jedenfalls nicht ihren Entscheidungsspielraum überschritten hatte, hatte der OGH den Sachverhalt nicht eingehend selbst zu beurteilen und konnte die Revision zurückweisen.