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Berechtigte Entlassung wegen mehrstündiger Autoreise im Krankenstand

SUSANNEGITTENBERGER

Die Kl wollte ihren Urlaub in Serbien verbringen und am 25.5.2012 abreisen, die Bekl stimmte aber ihrem Wunsch, schon am 25.5. Urlaub zu nehmen, nicht zu. Daraufhin erklärte sie am 23.5.2014, dass es ihr nicht gut gehe und suchte ihren behandelnden Arzt auf. Dieser diagnostizierte eine „eitrige Pharyngitis“ und schrieb sie bis 25.5. krank; dabei verordnete er ihr körperliche Schonung, genehmigte aber Ausgehzeiten von 9:00 Uhr bis 11:00 Uhr bzw von 14:00 Uhr bis 17:00 Uhr. Am 25.5.2012 trat die Kl als Beifahrerin mit ihrem Gatten die mehrstündige Autofahrt nach Serbien an. Als sie ein Anruf des Produktionsleiters erreichte, erklärte sie, dass sie sich beim Einkaufen befinde. Beim dritten Anruf teilte sie mit, dass sie sich bereits auf der Fahrt nach Serbien befinde. In der Folge wurde von der Bekl die Entlassung der Kl ausgesprochen. Bei einer „eitrigen Pharyngitis“ ist strikte körperliche Schonung und weitestgehende Bett- und Zimmerruhe erforderlich. Bei einer mehrstündigen Autoreise kann es zu ernsten Komplikationen kommen. Die Beeinträchtigung des Gesundheitszustands der Kl hat über den 25.5.2012 hinaus bestanden; sie fühlte sich auch erst am 28. oder 29.5. wieder gesund. Das Antreten der Autoreise war geeignet, den Krankheitsverlauf negativ zu beeinflussen bzw den Heilungsverlauf zu verzögern.

Die Entlassung war wegen beharrlicher Pflichtverletzung nach § 82 lit f GewO 1859 berechtigt. Aus dem Arbeitsvertrag besteht für den AN die Verpflichtung, sich im Fall einer Krankheit und einer dadurch ausgelösten Arbeitsunfähigkeit so zu verhalten, dass die Arbeitsfähigkeit möglichst bald wiederhergestellt wird. Schon die Eignung des Verhaltens, den Krankheitsverlauf negativ zu beeinflussen oder den Heilungsprozess zu verzögern, kann den Entlassungsgrund verwirklichen. Wesentlich bleibt aber, dass das objektiv sorgfaltswidrige Verhalten dem AN auch subjektiv vorwerfbar ist. Ein DN darf ärztlichen Anordnungen jedenfalls nicht schwerwiegend bzw betont und im erheblichen Maß zuwiderhandeln und die nach der allgemeinen Lebenserfahrung allgemein üblichen Verhaltensweisen im Krankenstand nicht betont und offenkundig verletzen. Im vorliegenden Fall besteht 17kein Zweifel daran, dass das Fehlverhalten der Kl im Anlassfall objektiv sorgfaltswidrig gewesen ist, das hat ihr auch klar sein müssen. Jeder AN muss wissen, dass man sich bei eitriger Pharyngitis nicht einer mehrstündigen Autofahrt aussetzen darf, ohne eine Verschlechterung des Gesundheitszustands zu riskieren und den Heilungsprozess negativ zu beeinflussen. Die Kl hat in eklatanter Weise sowohl gegen eine ausdrückliche ärztliche Anordnung verstoßen als auch die nach der allgemeinen Lebenserfahrung üblichen Verhaltensweisen bei der in Rede stehenden Krankheit verletzt.