32Arbeitslosengeldberechnung, wenn im Bemessungszeitraum EU-Beschäftigungszeiten vorliegen
Arbeitslosengeldberechnung, wenn im Bemessungszeitraum EU-Beschäftigungszeiten vorliegen
Fallen in den nach den nationalen Rechtsvorschriften geltenden Bezugszeitraum auch oder nur Beschäftigungszeiten in einem anderen Mitgliedstaat, so ist nicht dieser Bezugszeitraum maßgeblich, sondern allein die – sei es auch kurzfristige – letzte Beschäftigung nach den Rechtsvorschriften des leistungszuständigen Mitgliedstaats, die nach Art 61 Abs 2 VO (EG) 883/2004 dessen Zuständigkeit erst begründet.
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Die Arbeitslose beantragt am 25.5.2012 Arbeitslosengeld, das ihr in Höhe von lediglich € 1,72 täglich zuerkannt wurde. Sie wies im Jahr 2010 eine österreichische Beschäftigungszeit vom 1.2. bis 28.2. – im Rahmen eines Praktikums – mit einer Entlohnung von € 70,- plus Urlaubszuschuss und Weihnachtsremuneration von jeweils € 5,36 auf. Weiters lagen 2010 zwei deutsche Beschäftigungszeiten vom 1.4. bis 20.7. sowie vom 1.8. bis 31.12. und darüber hinaus bis 30.6.2011 vor. Zeitlich daran anschließend hatte sie wieder in Österreich vom 17.8.2011 bis 31.5.2012 arbeitslosenversicherungspflichtig gearbeitet. Ihr Arbeitslosengeld wurde unter Heranziehung der Bemessungsgrundlage des Jahres 2010 auf Basis ihres Praktikumseinkommens berechnet. Das AMS begründete es damit, dass die letzte österreichische Beschäftigung unmittelbar vor ihrer Antragstellung für den Erwerb der („kleinen“) Anwartschaft ausreiche und daher die Berechnung gem § 21 AlVG – und damit ohne Berücksichtigung des Auslandszusammenhangs – zu erfolgen habe.
Die Arbeitslose brachte in ihrer Berufung und in ihrer VwGH-Beschwerde gegen die negative Berufungsentscheidung vor, dass auf Grund des Vorliegens deutscher Versicherungszeiten im Jahr 2010 die VO (EG) Nr 883/2004 zur Anwendung komme. Die Nichtanwendung dieser Verordnung widerspreche der AN-Freizügigkeit, da bei Anwendung des § 21 AlVG – wie in ihrem Fall – die Mobilität von AN beschränkt würde, da sie nach einer Rückkehr aus einem anderen EU-Mitgliedsland mit Nachteilen beim Bezug von Arbeitslosengeld zu rechnen hätten. Der VwGH gab der Beschwerde Recht und hob den Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit auf. Es stehe außer Streit, dass die Anwartschaft aufgrund inländischer Beschäftigungszeiten erworben wurde. Strittig war lediglich die Höhe des Anspruchs. Gem Art 62 Abs 2 iVm Abs 1 VO (EG) 883/2004 ist bei der Berechnung ausschließlich jenes Entgelt zu berücksichtigen, das die Beschwerdeführerin während ihrer letzten Beschäftigung in Österreich vom 17.8.2011 bis zum 31.5.2012 erhalten hat.
„Das Ausmaß des Arbeitslosengeldes bestimmt sich grundsätzlich nach den §§ 20 und 21 AlVG. […] Maßgeblicher Bezugszeitraum war […] demnach das Jahr 2010. In diesem Jahr lagen aber […] neben in Österreich erworbenen Beitragsgrundlagen auch in Deutschland zurückgelegte Beschäftigungszeiten […] vor. Für die Frage, ob und inwieweit auch dieses Zeiten für die Berechnung der Leistung heranzuziehen sind, ist die VO (EG) 883/2004 maßgeblich. […]
Für die Berechnung der Leistungen bei Arbeitslosigkeit im Anwendungsbereich der VO (EG) 883/2004 gilt deren Art 62. Nach Abs 1 dieser Bestimmung berücksichtigt der zuständige Träger eines Mitgliedstaats, nach dessen Rechtsvorschriften bei der Berechnung der Leistungen die Höhe des früheren Entgelts oder Erwerbseinkommens zugrunde zu legen ist, ausschließlich das Entgelt oder Erwerbseinkommen, das die betreffende Person während ihrer letzten Beschäftigung oder selbständigen Erwerbstätigkeit nach diesen Rechtsvorschriften erhalten hat. Nach Abs 2 findet Abs 1 auch Anwendung, wenn nach den für den zuständigen Träger geltenden Rechtsvorschriften ein bestimmter Bezugszeitraum für die Ermittlung des als Berechnungsgrundlage heranzuziehenden Entgeltes vorgesehen ist und die betreffende Person während dieses Zeitraums oder eines Teils davon den Rechtsvorschriften eines andern Mitgliedstaates unterlag.“
Das AMS hatte die Leistungshöhe hier rein nach der nationalen österreichischen Gesetzeslage bestimmt: Die österreichische Beschäftigung direkt vor Antragstellung betrug mehr als 28 Wochen – das reichte für die „kleine Anwartschaft“. Gem § 21 AlVG bemisst sich bei Antragstellung im ersten Kalenderhalbjahr die Leistungshöhe nach der (inländischen) Bemessungsgrundlage des vorletzten Jahres, die in diesem Fall wegen des Berufseinstiegs über ein Praktikum extrem niedrig war. Demgegenüber hat das Erk klargestellt, dass dann, wenn in den „Bezugszeitraum“ – hier also das Jahr 2010 – auch europäische Beschäftigungszeiten fallen, vielmehr die Sonderregelung gilt, die sich aus der VO (EG) 883/2004 für grenzüberschreitende Sachverhalte ergibt. Es ist dann gem Art 62 Abs 2 VO (EG) 883/2004 ausschließlich jenes Entgelt zu berücksichtigen, das die Beschwerdeführerin während ihrer letzten Beschäftigung nach den österreichischen Rechtsvorschriften erhalten hat.27