42Pflichtversicherungsmonate bei Prüfung des Berufsschutzes
Pflichtversicherungsmonate bei Prüfung des Berufsschutzes
Tritt zu einem bereits ab Monatsbeginn bestehenden geringfügigen Beschäftigungsverhältnis im Laufe des Monats ein vollversichertes Beschäftigungsverhältnis dazu, ist auch das geringfügige Dienstverhältnis nicht mehr von der Vollversicherung ausgenommen, und es liegt ab Monatsbeginn ein vollversichertes Beschäftigungsverhältnis vor.
Der Kl behauptete im Verfahren wegen Gewährung einer Invaliditätspension Berufsschutz als angelernter Maler und Anstreicher und brachte vor, in sämtlichen Beschäftigungsverhältnissen in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag, insb auch im Rahmen seiner geringfügigen Beschäftigungen, als Maler und Anstreicher tätig gewesen zu sein.
Der Kl hat im Beobachtungszeitraum 89 Beitragsmonate der Pflichtversicherung erworben. Weiters war der Kl im Juni 2003 sowie im November 2008 geringfügig beschäftigt. Im Juni 2003 kam jedoch ab dem 23. des Monats und im November 2008 ab dem 17. des Monats jeweils ein zweites, vollversichertes Beschäftigungsverhältnis dazu. Nach den Feststellungen kann der Kl sämtliche qualifizierte Tätigkeiten als Maler und Anstreicher nicht mehr verrichten.
Das Erstgericht entschied, dass die Monate Juni 2003 und November 2008 nicht Beitragsmonaten der Pflichtversicherung iSd § 255 Abs 1 und 2 ASVG bei Prüfung des Berufsschutzes gleichgehalten werden könnten. Die Vollversicherung habe am 23.6.2003 und am 17.11.2008 begonnen und es seien dementsprechend im Versicherungsdatenauszug für diese beiden Monate keine Beitragsmonate ausgewiesen. Dass im Rest dieser beiden Monate jeweils eine geringfügige Beschäftigung ausgeübt worden sei, mache diese Versicherungsmonate noch nicht zu Beitragsmonaten.
Der von der Arbeiterkammer vertretene Kl brachte dagegen vor, dass dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden könne, dass er zwischen Versicherten, die eine Erwerbstätigkeit über der Geringfügigkeitsgrenze in einem einzigen Beschäftigungsverhältnis ausüben und solchen, die eben diese Beschäftigung aufgrund zweier Dienstverhältnisse ausüben, unterscheiden wollte. Anders als in § 255 Abs 4 ASVG verwendet der Gesetzgeber in § 255 Abs 2 zweiter Satz ASVG den Terminus „Pflichtversicherungsmonat“ und eben nicht „Kalendermonat“.
Der Gesetzgeber stellt in § 255 Abs 2 ASVG auf eine bestimmte Anzahl von „Pflichtversicherungsmonaten“ ab, in denen eine qualifizierte Tätigkeit ausgeübt wurde.
Das Berufungsgericht teilt diese Rechtsauffassung und wies zur Prüfung des Vorliegens von Berufsschutz an die erste Instanz zurück, um festzustellen, ob der Kl in den relevanten mehr als 90 Monaten die von ihm behauptete angelernte Tätigkeit tatsächlich ausgeübt hat.
„Übersteigt die Summe der Einkünfte aus unselbständiger Erwerbstätigkeit die Geringfügigkeitsgrenze – sei es, dass mehrere (für sich betrachtet) geringfügige Beschäftigungen zusammentreffen, sei es, dass eine an sich geringfügige Beschäftigung mit einer ‚normalen‘ (die Vollversicherung begründenden) Tätigkeit zusammentrifft –, dann zieht jedes der Beschäftigungsverhältnisse die Vollversicherungspflicht nach sich. […] Durch die Überschreitung des monat33lichen Grenzbetrages waren die vormals geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse […] nicht mehr von der Vollversicherung ausgenommen und gelten sie ab Monatsbeginn als vollversicherte Beschäftigungsverhältnisse.“
Aus der Sicht des OLG bewirkt die Überschreitung des monatlichen Grenzbetrages dadurch, dass zu einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis später im Monat ein weiteres vollversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis hinzutrat, dass das ursprünglich nur geringfügige Verhältnis nicht mehr von der Vollversicherung ausgenommen ist und so rückwirkend bereits ab Monatsbeginn ein vollversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis besteht. Dafür spricht vor allem auch, dass ja auch Beiträge auf der Grundlage des gesamten Entgelts, einschließlich des geringfügigen Entgelts für den ganzen Monat entrichtet wurden. Insb kommen in der hier vorliegenden Konstellation die Sonderregelungen über den Beginn der Pflichtversicherung für fallweise (tageweise) beschäftigte Personen (§ 471a ff ASVG) und über den Beginn der Pflichtversicherung bei mehrfacher geringfügiger Beschäftigung (§ 471a ASVG) nicht zur Anwendung.
Es konnte somit für den Kl erreicht werden, dass zwei zusätzliche Pflichtversicherungsmonate anzuerkennen sind. Im Ergebnis liegen daher mehr als die im Beobachtungszeitraum für den Berufsschutz erforderlichen 90 Pflichtversicherungsmonate vor.