Heidinger/KasperAntidiskriminierung – Rechtliche Gleichbehandlung in Österreich und in der EU

2. Auflage, LexisNexis Verlag, Wien 2014, 248 Seiten, kartoniert, € 45,-

NEDABEI

Der vorliegende handliche Broschurband ist ein praxisnahes, konzises Kompendium der Minimalstandards im österreichischen Antidiskriminierungsrecht auf seinen europäischen Grundlagen. Die Darstellung wird ergänzt durch die Texte von Gleichbehandlungsgesetz (GlBG) und Gleichbehandlungskommissions-/ Gleichbehandlungsanwaltschaftsgesetz auf dem Stand der Novelle BGBl I 2013/107 sowie durch einen Anhang mit einer Auswahlliste österreichischer und europäischer Gerichtsentscheidungen (Aktenzahl, Kürzestbeschreibung). Der Band schließt mit einem Stichwortverzeichnis. Wie auch der ersten Auflage ist der neu bearbeiteten zweiten Auflage ein Vorwort des Präsidenten der Wirtschaftskammer Österreich, Christoph Leitl, vorangestellt. Die Autoren, Franz J. Heidinger und Christoph Kasper, sind anwaltlich tätig.

Die noch in der ersten Auflage 2004 in Art eines Kommentars zum Gesetzestext eingefügten inhaltlichen Kurzdarstellungen und Auszüge aus den parlamentarischen Materialien sind in der zweiten Auflage entfallen. Nach einem Überblick über die legistische Entwicklung orientiert sich die systematische Darstellung an den in Art 19 AEUV genannten Diskriminierungsgründen, die einschließlich der Behinderung und der sexuellen Orientierung vollständig behandelt werden, einige knapper als andere (Alter). Das liegt offenbar einerseits an der rechtlichen Heterogenität, so der österreichischen Vorschriften zu „Rasse, Herkunft, Religion und Abstammung“ (Vereinsgesetz, Gewerbeordnung, GlBG uam), andererseits an der legistischen Entwicklung und der dadurch bedingten unterschiedlichen Dauer bzw Verfestigung der Rechtsanwendung und rechtswissenschaftlichen Bearbeitung, auf die die Autoren zurückgreifen konnten (35 Jahre GlBG, 20 Jahre Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, Diskriminierungsgrund „Geschlecht“). Heidinger/Kasper legten jedenfalls auch einen neu bearbeiteten Überblick über Rechtsschutz- bzw Beschwerdemöglichkeiten vor, der den Zugang zum Verfassungsgerichtshof und zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte einschließt.

Inhaltlich liegt ein Schwerpunkt der vorliegenden Neubearbeitung beim diskriminierungsfreien Zugang zu Gütern und Dienstleistungen, den das GlBG zwar schon 2004 für die ethnische Herkunft normiert hatte, jedoch erst 2008 für das Geschlecht, und der zivilgerichtlich durchzusetzen ist (späte Umsetzung der „erweiterten Gleichbehandlungsrichtlinie“ 2004/113/EG). Die komplexen gesetzlichen Umsetzungsmaßnahmen für private Versicherungen ua durch das Versicherungsrechts- Änderungsgesetz 2006 haben die Autoren eingangs vollständig erwähnt, in der Folge jedoch nicht weiter dargestellt (auch nicht das „Unisex“-Urteil des EuGH im Fall Test Achats). Näher gehen sie auf Fußballtickets, Ermäßigung bei öffentlichen Verkehrsmitteln, Zugang zu Dienstleistungen der Gastronomie sowie Friseurtarife ein. Verdienstvoll beziehen die Autoren, wie übrigens auch schon im arbeitsrechtlichen Teil, bei der aktuellen Darstellung dieser relativ neuen Schicht des Antidiskriminierungsrechts Entscheidungen der Gleichbehandlungskommission (GBK Senat III) heran und nehmen diese, mit bisher vorliegenden österreichischen Gerichtsentscheidungen, auch in den Judikaturanhang auf. Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der Darstellung von Grundzügen der europäischen Sozialpolitik sowie der Europäischen Grundrechtecharta unter besonderer Berücksichtigung sozialer Grundrechte. Die Darstellung schließt mit Überlegungen zur Weiterentwicklung des Antidiskriminierungsrechts auf europäischer Ebene sowie zu Privatautonomie und Kontrahierungszwang.

Naturgemäß ersetzt das vorliegende Kompendium weder einen ausführlichen Großkommentar noch etwa die inhaltlich etwas anders akzentuierte, jährlich upgedatete Broschüre des Sozialministeriums mit dem vollständig erfassten Stand von Gesetzgebung und Gleichbehandlungsinstitutionen in den Ländern. Wer ein handliches und zuverlässiges Vademecum des Antidiskriminierungsrechts „extra dry“ mit sich führen möchte, wird derzeit freilich kein anderes finden.