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Bei unwesentlichen Entgeltbestandteilen ist im Falle der Kombination eines Unverbindlichkeitsvorbehalts mit einem Widerrufsvorbehalt die jederzeitige Einstellung der Zahlung im Zweifel zulässig

MANFREDTINHOF

Einem AN wurde von seinem AG ein Bonus in Aussicht gestellt, wobei der AG folgende Erklärung abgab: „Die Gewährung der Bonuszahlung stellt eine freiwillige Leistung dar und begründet weder der Höhe noch dem Grunde nach einen Rechtsanspruch für die Zukunft bzw ist die Leistung freiwillig und jederzeit widerrufbar“.

Da der AN im Gegensatz zu einigen Kollegen den Bonus nicht ausbezahlt bekam, forderte er klagsweise die Bonuszahlung und berief sich dabei auch auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Der AN machte geltend, dass die Einstellung der Zahlung gegen die getroffene Vereinbarung verstoße.

Die Vorinstanzen legten die oben genannte Erklärung des AG als Unverbindlichkeitsvorbehalt aus und verneinten deshalb einen Anspruch auf die Bonuszahlung. Der OGH sah dies nicht als unvertretbare Beurteilung an und wies die außerordentliche Revision des AN zurück.

Grundsätzlich wird zwischen einem „Unverbindlichkeitsvorbehalt“ einerseits und einem „Widerrufsbzw Änderungsvorbehalt“ andererseits unterschieden. Unverbindlichkeitsvorbehalte weisen darauf hin, dass eine Leistung freiwillig und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht bzw ohne Einräumung eines Anspruchs auf eine zukünftige Leistungserbringung gewährt wird. Auch durch die wiederholte Gewährung soll kein Rechtsanspruch für die Zukunft entstehen. Der AG kann die Leistung daher einfach einstellen. Der Widerrufsvorbehalt hingegen setzt einen Anspruch des AN voraus, der durch den Widerruf wieder vernichtet werden kann, wobei die Ausübung des Widerrufsvorbehalts einer gewissen Ausübungskontrolle unterliegt.

Wenn – wie im vorliegenden Fall – ein Unverbindlichkeitsvorbehalt mit einem Widerrufsvorbehalt kombiniert ist, bedarf es der Auslegung dahin, ob es für den AN klar sein musste, dass kein Rechtsanspruch eingeräumt oder mit dem Verweis auf den mangelnden Rechtsanspruch vielmehr nur die Widerruflichkeit bestärkt werden sollte.

Nach Ansicht des OGH besteht aber vor allem bei Entgeltbestandteilen, die nicht zum wesentlichen Teil des typischen Grundentgelts gehören und die nur unregelmäßig bzw aus besonderem Anlass gewährt werden, kein triftiger Grund, Unverbindlichkeitsvorbehalte generell als unzulässig zu betrachten. Der OGH hielt daher die Rechtsansicht der Vorinstanzen, die Erklärung des AG sei als Unverbindlichkeitsvorbehalt zu verstehen, für nicht unvertretbar und verneinte einen Rechtsanspruch auf Zahlung eines jährlichen Bonus.

Ein solcher Anspruch ließ sich nach Ansicht des OGH auch nicht auf eine Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungssatzes stützen. Denn der klagende AN sei verpflichtet, jene Tatsachen zu behaupten, aus denen sich die konkrete Höhe des von ihm begehrten Anspruchs ergibt. Eine solche konkrete Behauptung konnte der AN im konkreten Fall nicht aufstellen.