116Unzuständigkeit des EuGH zur Überprüfung nationaler Probezeitregelungen
Unzuständigkeit des EuGH zur Überprüfung nationaler Probezeitregelungen
Eine bolivianische Köchin war bei einem Hotelunternehmen mit einem unbefristeten Vollzeit-Arbeitsvertrag ab 16.1.2013 beschäftigt. Dieser Vertrag fiel in die Kategorie der „unbefristeten Arbeitsverträge zur Unterstützung der Unternehmer“ und enthielt eine Klausel, dass die Probezeit in jedem Fall ein Jahr betrage. Mit Schreiben vom 31.5.2013 wurde ihr Arbeitsverhältnis beendet, da sie die Probezeit nicht bestanden habe. Dagegen erhob die Köchin Klage. Im Rahmen des Verfahrens kamen dem zuständigen Gericht Zweifel an der Unionsrechtskonformität der Probezeitregelung. Es stellte daher dem EuGH zusammengefasst die Frage, ob eine Probezeit von einem Jahr mit dem Unionsrecht – konkret mit der RL 1999/70/EG über befristete Arbeitsverträge und der EGRC – vereinbar sei.
Der EuGH erklärte sich allerdings für unzuständig. Die fragliche Probezeitregelung falle nämlich weder in den Anwendungsbereich der RL 1999/70/EG noch der EGRC.
Zur RL 1999/70/EG führte der EuGH aus, dass sich sowohl nach der in § 3 der Rahmenvereinbarung zur RL 1999/70/EG getroffenen Definition als auch aus der im Ausgangsverfahren anwendbaren nationalen Regelung ergebe, dass ein Arbeitsvertrag wie der vorliegende nicht als befristeter Vertrag qualifiziert werden könne.
Die Probezeit diene nämlich im Wesentlichen der Überprüfung der Eignung und der Fähigkeiten des AN, während der befristete Arbeitsvertrag verwendet wird, wenn das Ende des Arbeitsvertrags oder -verhältnisses durch objektive Bedingungen bestimmt wird. Folglich werde die Dauer einer Probezeit nicht durch die RL 1999/70/EG geregelt.
Aber auch sonst falle die fragliche Probezeitregelung nicht in den Anwendungsbereich des Unionsrechts. Weder Art 151 noch Art 148 AEUV sehen eine besondere Verpflichtung in Bezug auf Probezeiten in Arbeitsverträgen vor. Auch die EGRC komme nicht zur Anwendung. Dass die „unbefristeten Arbeitsverträge zur Unterstützung der Unternehmer“ durch den europäischen Strukturfonds finanziert werden, führe nicht dazu, dass der vorliegende Sachverhalt als „Durchführung des Unionsrechts“ iS von Art 51 Abs 1 der Charta anzusehen sei. Und schließlich sei der EuGH auch nicht zur Auslegung völkerrechtlicher Bestimmungen befugt, weshalb eine Überprüfung der Verletzung der Vorschriften des IAO-Übereinkommens Nr 158 über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den AG und die Europäische Sozialcharta nach Art 267 AEUV ebenfalls nicht in Frage komme.