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Mehrfache befristete Höhereinreihung im Rahmen des unbefristeten Dienstverhältnisses einer Vertragsbediensteten ist keine unzulässige Kettenbefristung

CHRISTOPHKLEIN

§ 4 Abs 4 VBG, der den Abschluss von Kettenverträgen verhindern soll, steht einer mehrfachen befristeten höherwertigen Verwendung und Entlohnung eines Vertragsbediensteten mit dessen Einverständnis im Rahmen eines unbefristeten Dienstverhältnisses nicht entgegen.

SACHVERHALT

Eine Vertragsbedienstete (VB) hat ein unbefristetes Dienstverhältnis zum Bund im Außenministerium. Sie ist in Entlohnungsgruppe v2 eingereiht. Seit 2000 wurde die VB auf der Grundlage mehrerer, jeweils befristeter Vertragsergänzungen höherwertig verwendet und dementsprechend nach der Entlohnungsgruppe v1 entlohnt. Im Jahr 2012 lief die letzte befristete Höherverwendung aus, seitdem ist die VB wieder in einer v2-wertigen Position tätig und entsprechend entlohnt. Die VB klagte daraufhin auf die Aufrechterhaltung der höherwertigen Verwendung und Entlohnung.

VERFAHREN UND ENTSCHEIDUNG

Beide Vorinstanzen wiesen die Klage ab; der OGH wies die Revision wegen hinreichend geklärter Rechtslage zurück.

ORIGINALZITATE AUS DER ENTSCHEIDUNG

„Nach § 4 Abs 4 VBG kann ein Dienstverhältnis, das auf bestimmte Zeit eingegangen wurde, auf bestimmte Zeit einmal verlängert werden. Wird das Dienstverhältnis darüber hinaus fortgesetzt, so wird es von da ab so angesehen, wie wenn es von Anfang an auf unbestimmte Zeit eingegangen worden wäre. Dazu hat der Oberste Gerichtshof erst jüngst in seiner Entscheidung vom 28.4.2014 (8 ObA 59/13d) ausgesprochen, dass diese Bestimmung, die den Abschluss von Kettenverträgen und die damit verbundene Umgehung von Schutzbestimmungen zugunsten des Vertragsbediensteten verhindern soll, nach ihrem klaren Wortlaut die Zulässigkeit wiederholter Befristungen bzw die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen das Dienstverhältnis als auf unbestimmte Zeit eingegangen zu gelten hat, betrifft. Mit dem Ausmaß der Beschäftigung des Vertragsbediensteten im befristeten oder unbefristeten Dienstverhältnis hat diese Norm hingegen nichts zu tun. Konsequenterweise ist für den Standpunkt der Klägerin aus § 4 Abs 4 VBG auch im Anlassfall nichts zu gewinnen. Nicht das – ohnehin unbefristete – Dienstverhältnis der Klägerin wurde mehrmals befristet, sondern mit Einverständnis der Klägerin nur deren vorübergehende Verwendung (samt entsprechender höheren Entlohnung) in einer bestimmten höherwertigen Tätigkeit. Damit wurde die Absicht des Gesetzgebers, die Umgehung der Bestimmungen, die den sozialen Schutz des Vertragsbediensteten bei Dienstverhältnissen auf unbestimmte Zeit gewährleisten, zu verhindern (RIS-Justiz RS0113896), nicht unterlaufen. […]

Zutreffend ist, dass der dem Vertragsbediensteten zustehende Entgeltanspruch zwingend, also auch nicht durch Einzeldienstvertrag abdingbar, festgelegt ist (RIS-Justiz RS0050823) und es für die Einstufung nicht auf die vereinbarten, sondern auf die tatsächlich geleisteten Dienste ankommt, damit die zwingenden Einstufungs- und Entlohnungsstufen auch nicht auf dem Umweg über ‚Sonderverträge‘ außer Wirksamkeit gesetzt werden können (RIS-Justiz RS0008975; RS0081680). Gegen diese Grundsätze verstößt die Beklagte aber nicht, wenn sie die von der Klägerin ab 1.5.2012 verrichtete und auch im Dienstvertrag vereinbarte v2-wertige Tätigkeit entsprechend der Entlohnungsgruppe v2 und nicht (mehr) nach der dafür gesetzlich nicht vorgesehenen höheren Entlohnungsgruppe v1 entlohnt. Der zwingende Charakter der Einstufungs- und Entlohnungsvorschriften des VBG besagt nicht, dass der Vertragsbedienstete nach Beendigung einer einvernehmlich befristeten, höherwertigen (als dienstvertraglich vereinbarten) Tätigkeit weiterhin einen Anspruch auf diese höherwertige Verwendung und/oder höhere Entlohnung hat (vgl Ziehensack, VBG § 8a Rz 7).“

ERLÄUTERUNG

Dienstverträge können unbefristet abgeschlossen werden, dann werden sie insb durch einen rechtsgeschäftlichen Akt wie zB die Kündigung beendet, oder aber befristet, dann enden sie automatisch mit dem Ablauf der vereinbarten Vertragsdauer. Durch den Abschluss eines befristeten Dienstvertrages nach dem anderen könnte ein AG eine Arbeitskraft fortgesetzt beschäftigen, ohne Kündigungsschutzbe-150stimmungen beachten zu müssen: Werden die Arbeitsverträge zB auf jeweils sechs Monate geschlossen, würde der Vertrag ja immer nach diesem Sechs-Monatszeitraum zu Ende gehen, und über ein Angebot zur Weiterbeschäftigung könnte der AG frei entscheiden. Damit nicht auf diese Weise der Kündigungsschutz und andere Schutzbestimmungen des Arbeitsrechts umgangen werden können, hat die Rsp den Grundsatz von der Unzulässigkeit von sogenannten „Kettendienstverträgen“ entwickelt. Danach gelten zwei knapp aufeinander folgende befristete Arbeitsverhältnisse als ein, und zwar unbefristetes, Arbeitsverhältnis, außer es gab einen sachlichen Grund für die wiederholte Befristung (eine befristet vereinbarte Karenzvertretung wird zB ein weiteres Mal befristet verlängert, weil die vertretene AN ein weiteres Kind zur Welt gebracht hat).

Dieser auf Arbeitsverhältnisse in der Privatwirtschaft angewandte Rechtsgrundsatz ist vom Gesetzgeber für VB des Bundes in § 4 Abs 4 VBG ausdrücklich in der Weise fixiert worden, dass ein befristetes Dienstverhältnis zwar einmal befristet verlängert werden darf, die zweite befristete Verlängerung das Dienstverhältnis jedoch in ein von Anfang an unbefristetes verwandelt. Im vorliegenden Verfahren meinte nun die Kl, dass der dargestellte und in § 4 Abs 4 VBG ausdrücklich normierte Gedanke sich nicht nur auf die Befristung des ganzen Dienstvertrages, sondern sinngemäß auch auf die Befristung einzelner Teile eines Dienstvertrages anwenden lasse. Sie wollte in der mehrfach hintereinander befristet erfolgten Höherverwendung und -einstufung eine unzulässige Kette analog dem verbotenen Kettendienstvertrag sehen. In den Augen des OGH hat die erwähnte Bestimmung jedoch nur die Funktion, die Umgehung von Schutzbestimmungen zu verhindern, die das Dienstverhältnis und dessen Bestand insgesamt schützen sollen. Die einvernehmliche Höherreihung für einen bestimmten Zeitraum ist damit also auch mehrmals hintereinander möglich, solange die zwingenden Entgelt- und sonstigen dienstrechtlichen Ansprüche entsprechend der jeweiligen Position (v2, dann mehrere Male v1, dann wieder v2) erfüllt werden. Gleiches gilt für Bundes-VB übrigens auch für die mehrfache vorübergehende einvernehmliche Anhebung des Arbeitszeitausmaßes (OGH 28.4.2014, 8 ObA 59/13d). In beiden Fällen bleibt dem DN der ursprünglich vereinbarte Dienstvertrag (mit seiner anfänglichen Einstufung bzw seinem anfänglich vereinbarten Arbeitszeitausmaß) ungeschmälert erhalten.

In einem Fall aus der Privatwirtschaft, für den keine ausdrückliche Gesetzesnorm über Kettenbefristungen wie hier anwendbar war, hat der OGH übrigens anders entschieden (OGH 10.12.1993, 9 ObA 234/93): Die immer wieder nur für ein Jahr vereinbarte Befristung einer – sich jedes Mal verschlechternden – Provisionsvereinbarung wurde als unwirksam erklärt, da der OGH darin „ähnliche Umgehungstendenzen“ wie bei Kettenverträgen ortete – namentlich mit dem Hinweis darauf, dass der AG sich auf diese Weise ersparte, die von ihm gewünschte Verschlechterung bei den Provisionen durch eine Änderungskündigung durchzusetzen. (Insoferne wird auch hier – wie beim Verbot von Kettenarbeitsverträgen – der Umgehung des Kündigungsschutzes, der sich ja auch auf Änderungskündigungen bezieht, ein Riegel vorgeschoben.) Freilich ging es in diesem Fall – anders als im vorliegenden Urteil – um den Löwenanteil des Entgelts, also eine Hauptpflicht des AG, die vor allem auch schon ab Beginn des Arbeitsverhältnisses dessen Bestandteil war. In einem anderen Fall hielt der OGH hingegen die mehrfach befristete Vereinbarung einer Überstundenpauschale für unbedenklich (OGH 27.7.2011, 9 ObA 61/11b), weil von Anfang an klargestellt war, dass die Pauschale auf das tatsächliche Vorkommen von Überstunden zugeschnitten werden sollte und die jährliche Befristung die Überprüfbarkeit des korrekten Verhältnisses zwischen Leistung und Abgeltung sichern sollte. Wie es der OGH in 9 ObA 234/93 vom 10.12.1993 treffend formulierte: „Die Gründe, die eine solche Befristung (von Vertragsteilen, Anm d Verf) sachlich rechtfertigen, können – so wie bei Kettenverträgen – nicht generalisiert und typisiert werden; sie müssen in jedem einzelnen Fall geprüft werden.