169Möglichkeit der Änderung der gewählten Kinderbetreuungsgeldvariante
Möglichkeit der Änderung der gewählten Kinderbetreuungsgeldvariante
Nach § 26a KBGG idF BGBl I 2009/116 ist die Wahl der Leistungsart bei der erstmaligen Antragstellung zu treffen. Eine spätere Änderung der getroffenen Entscheidung ist nicht möglich. § 26a KBGG ist dahin zu verstehen, dass damit nur eine erstmalige Antragstellung, die auch zu einer entsprechenden Erledigung und der damit verbundenen Festlegung einer bestimmten Leistungsart führt, gemeint ist. Handelt es sich um einen Antrag, über welchen nicht bescheidmäßig abzusprechen ist, wird das Verfahren jedenfalls durch Erlassung der Leistungsmitteilung das über den Zuerkennungsantrag abzuführende Verfahren erledigt.208
Im vorliegenden Fall hat die Kl am 4.7.2013 erstmalig beim zuständigen Sozialversicherungsträger einen Antrag auf Kinderbetreuungsgeld (KBG) iSd Pauschalvariante „12+2“ gestellt. Sie hat daraufhin eine Mitteilung (§ 27 Abs 1 KBGG) über ihren Leistungsanspruch erhalten. Erst danach hat sie festgestellt, dass ihr bei der Wahl der KBG-Variante ein Irrtum unterlaufen war. Sie nahm eine Antragsänderung vor und stellte einen Antrag auf Zuerkennung von KBG als Ersatz des Erwerbseinkommens.
Die Vorinstanzen kamen zur Rechtsansicht, dass die Kl an die bereits im Antrag vom 4.7.2013 getroffene Wahl der Leistungsart des KBG iSd Pauschalvariante „12+2“ (§ 5c KBGG) gebunden ist. Die nachfolgende Antragsänderung ist daher unbeachtlich. Der Antrag der Kl auf Zuerkennung von KBG als Ersatz des Erwerbseinkommens (§ 24a KBGG) wurde abgelehnt.
Aus Sicht des OGH erfolgte die Ablehnung zu Recht.
Mit der Erlassung der Leistungsmitteilung war das über den Zuerkennungsantrag abzuführende Verfahren erledigt. Die geänderte Antragstellung auf einkommensabhängiges KBG kann nicht mehr als „erstmalige Antragstellung“ iSd § 26a KBGG angesehen werden. Eine Antragszurückziehung und Neuantragsstellung ist daher in diesem Fall nicht zulässig.
Mangels erheblicher Rechtsfrage wurde die außerordentliche Revision zurückgewiesen.
„Nach der hier noch maßgebenden Bestimmung des § 26a KBGG idF BGBl I 2009/116ist die Wahl der Leistungsart […] bei der erstmaligen Antragstellung zu treffen. Diese Entscheidung bindet neben dem antragstellenden Elternteil auch den anderen Elternteil. […] Der Zweck dieser Bestimmung liegt darin, aus administrativen Gründen ein Hin- und Herschwanken zwischen verschiedenen Varianten, je nachdem wie es momentan für den Betroffenen günstig sei (‚Rosinentheorie‘), hintanzuhalten. Dem bzw der Berechtigten soll nach der Gewährung einer Auszahlungsvariante ein nachträglicher Wechsel zu einer anderen Auszahlungsvariante nicht mehr offen stehen. […]
[…] Auch im vorliegenden Fall hat die Klägerin von der beklagten Partei die […] vorgesehene Mitteilung über ihren Leistungsanspruch erhalten und erst dann festgestellt, dass ihr bei der Wahl der KBG-Variante ein Irrtum unterlaufen war. Handelt es sich um einen Antrag, über welchen nicht bescheidmäßig abzusprechen ist, wird das Verfahren jedenfalls durch die Setzung jener behördlichen Handlung abgeschlossen, auf welche der Antrag abzielte. […] Dies war im vorliegenden Fall die Ausstellung der […] Mitteilung über den Leistungsanspruch. […]
[…] Im Hinblick auf die bereits in der Entscheidung 10 ObS 79/14m = RIS-Justiz RS0128677 [T1] dargelegten Grundsätze wird mit dem Revisionsvorbringen, es sei lediglich ein Fehler korrigiert worden und nicht ein Umschwenken auf ein aufgrund anderer Umstände vorteilhafteres Modell erfolgt, keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt. […]“
Der vorliegende Beschluss befasst sich mit den Änderungsmöglichkeiten der gewählten KBG-Variante durch Zurückziehung des Antrags vor Inkrafttreten der KBG-Novelle (BGBl I 2013/117).
Mit dieser Frage beschäftigte sich der OGH erstmals im Verfahren 10 ObS 13/13d vom 26.2.2013. Die damalige Kl erkannte ihren Irrtum bei der Wahl der Leistungsart noch vor der Entscheidung des Sozialversicherungsträgers und vor der Auszahlung des KBG. Nach Ansicht des OGH zog die Kl den Antrag auf KBG rechtzeitig vor der Entscheidung des Sozialversicherungsträgers zurück und stellte anschließend den geänderten Antrag. Für diesen Fall führte der erkennende Senat aus, dass solange über den Antrag auf KBG noch nicht entschieden worden ist, die Kl ihren Antrag jederzeit – jedenfalls bis zur Erlassung eines Bescheids – zurückziehen darf. § 26a KBGG ist nach dem dargestellten Regelungszweck dahin zu verstehen, dass damit nur eine erstmalige Antragstellung, die auch zu einer entsprechenden Bescheiderlassung und der damit verbundenen Festlegung einer bestimmten Leistungsart führt, gemeint ist. Der OGH hält weiters fest, dass die Wahl der KBG-Variante bei der erstmaligen Antragstellung zu treffen ist, und dass eine spätere Änderung der getroffenen Entscheidung nicht möglich ist. Der Zweck des § 26a KBGG liegt darin, ein Hin- und Herschwanken zwischen verschiedenen Varianten, je nachdem wie es momentan für den Betroffenen günstig sei („Rosinentheorie“) schon aus administrativen Gründen hintanzuhalten (OGH 1.6.2010, 10 ObS 38/10a). Dem bzw der Berechtigten soll nach der Gewährung einer Auszahlungsvariante ein nachträglicher Wechsel zu einer anderen Auszahlungsvariante nicht mehr offen stehen. Davon zu unterscheiden ist allerdings die Konstellation, dass Eltern die Auszahlungsvariante nicht im Hinblick auf nachträglich eingetretene, geänderte Umstände wechseln wollten. Vielmehr unterlief ihnen in diesem Fall bei der Antragstellung ein Irrtum beim An-209kreuzen der im Antragsformular enthalten Auszahlungsvarianten. Der Fehler fiel ihnen noch vor dessen weiterer Bearbeitung auf und sie stellten den Fehler umgehend richtig.
Anders entschied der OGH in der E vom 15.7.2014, 10 ObS 79/14m. In diesem Fall erkannte die Kl ihren Irrtum bei der Wahl der Leistungsart erst nach der Mitteilung des Sozialversicherungsträgers und nach der Auszahlung des KBG. Bei dieser Konstellation ist eine Änderung des Antrags nach erstmaliger Auszahlung des KBG und Mitteilung an die Kl über ihren Leistungsanspruch nicht mehr möglich. Die Mitteilung über den Leistungsanspruch ist als Entscheidung des Sozialversicherungsträgers über den ursprünglichen Antrag der Kl zu qualifizieren, weil § 27 KBGG bei der Leistungsgewährung für den Fall der vollinhaltlichen Zuerkennung der beantragten Leistung lediglich die Ausstellung einer formlosen Mitteilung und nur im Fall einer (gänzlichen oder teilweisen) Ablehnung der beantragten Leistung die Ausstellung eines Bescheids vorsieht.
Die hier zu behandelnde E fügt sich in die bestehende Judikatur des OGH. Die Kl erkannte den Irrtum erst nach Zustellung der Mitteilung über den Leistungsanspruch, weshalb eine Antragsrückziehung und Neuantragstellung nicht mehr zulässig war.
Seit 1.1.2014 (BGBl I 2013/117) besteht allerdings für Eltern ausdrücklich die Möglichkeit, die Wahl der Variante binnen 14 Kalendertagen ab dem Tag des tatsächlichen Einlangens des ersten Antragsformulars beim Sozialversicherungsträger zu ändern (§ 26a KBGG). Damit soll die Problematik mit fehlerhaften Anträgen entschärft werden. Allerdings werden viele Eltern erst mit Erhalt der Mitteilung über den Leistungsbezug den Irrtum erkennen, und daher in vielen Fällen keine Möglichkeit haben, den Irrtum zu beheben.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass für Anträge auf KBG, die ab 1.1.2014 beim zuständigen Sozialversicherungsträger gestellt werden, die einmalige Möglichkeit der Korrektur eines Irrtums innerhalb von 14 Kalendertagen ab dem Tag des tatsächlichen Einlangens des ersten Antragsformulars besteht. Für alle anderen Fälle wird es davon abhängen, ob in der gegenständlichen Sachlage der Antrag bereits einer Erledigung zugeführt wurde. Spätestens mit Zustellung der Mitteilung über den Leistungsanspruch besteht jedenfalls keine Möglichkeit mehr, eine Änderung der Variante zu begehren.210