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Kein berechtigter vorzeitiger Austritt einer Arbeitnehmerin wegen Vorenthalten des Entgelts,...

MARTINACHLESTIL

... wenn die neue Geschäftsführung in vertretbarer Weise Zweifel an der Gültigkeit eines neuen, von der scheidenden Geschäftsführung abgeschlossenen und die Arbeitnehmerin begünstigenden Arbeitsvertrags hat

Im vorliegenden Fall vereinbarten die AN und die Geschäftsführerin der bekl AG in Kenntnis der prekären finanziellen Lage der AG und in Kenntnis der geplanten Abberufung der Geschäftsführerin eine Änderung des bisherigen Arbeitsverhältnisses. Es wurde ein neuer Arbeitsvertrag abgeschlossen, durch den die AN im Vergleich zu ihren bisherigen Konditionen überaus begünstigt wurde (so wurde ein Jahresbruttobezug von € 100.000,- jährlich statt 14 x € 4.377,- brutto monatlich, eine einseitige Ver-189tragsbindung der AG für fünf Jahre ua vereinbart). Die neue Geschäftsführung verweigerte die Auszahlung der Differenzbeträge in der Annahme einer nichtigen Vertragsänderung. Die AN erklärte daraufhin ihren vorzeitigen Austritt. Dieser wurde vom Berufungsgericht als nicht berechtigt qualifiziert; mangels erheblicher Rechtsfrage wurde die außerordentliche Revision vom OGH zurückgewiesen.

Laut stRsp des OGH kann von einer ungebührlichen Schmälerung oder einem Vorenthalten des Entgelts nur dann ausgegangen werden, wenn der AG gewusst hat oder infolge der ihm obliegenden Sorgfaltspflicht hätte wissen müssen, dass seine Vorgangsweise unrechtmäßig ist (RIS-Justiz RS0028896). Bei bloß objektiver Rechtswidrigkeit, insb wenn über das Bestehen eines Anspruchs verschiedene Rechtsmeinungen vertreten werden können und daher der Ausgang eines diesbezüglichen Rechtsstreits nicht abzusehen ist, ist der Austrittsgrund nicht verwirklicht (OGH 24.4.1997, 8 ObA 74/97h; RIS-Justiz RS0029257). Nach Ansicht der Gerichte konnte die neue Geschäftsführung in vertretbarer Weise Zweifel an der Wirksamkeit des neuen Vertrags haben und es lag in der Nichtleistung des höheren Gehalts daher noch kein ungebührliches Vorenthalten von Entgelt, zumal der AN die laufenden Bezüge ohnehin nach Maßgabe der bisherigen Vereinbarung weiter bezahlt wurden.