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50 %-Zuschlag für bei Beendigung offene Zeitguthaben aus Mehrarbeit

MANFREDTINHOF
§ 19e Abs 2 AZG; KollV für Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereiniger

Eine AN war vom 5.3.2012 bis 21.5.2014 als Raumpflegerin im Ausmaß von drei Stunden täglich, und zwar Montag bis Freitag von jeweils 15:00 Uhr bis 18:00 Uhr, bei einem Reinigungsunternehmen teilzeitbeschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis waren bis 31.12.2012 der KollV für Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereiniger für das Bundesland Salzburg (kurz: KollV alt) und ab 1.1.2013 der KollV für Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereiniger für Österreich (kurz: KollV neu) anwendbar. Die AN leistete insgesamt 110,5 Mehrstunden, welche nicht finanziell, sondern in Zeit abgegolten werden sollten. Während der KollV alt einen Zuschlag von lediglich 5 % für Mehrarbeitsstunden vorsah, gewährt der KollV neu nun 25 % Zuschlag.

Die AN begehrte mit ihrer Klage jedoch einen Zuschlag von 50 % für ihre bei Beendigung offenen Mehrarbeitsstunden und stützte sich dabei auf § 19e Abs 2 erster Satz AZG. Der OGH bestätigte die E des Berufungsgerichtes, welches dem Klagebegehren zur Gänze stattgegeben hatte und wies die Revision zurück.

Mit der Festsetzung der Zuschläge für Mehrarbeit durch den KollV alt bzw den KollV neu wurde nur eine Zuschlagsregelung für Mehrarbeitsstunden für den Fall eines noch aufrechten Arbeitsverhältnisses getroffen. Den Kollektivvertragsparteien kann sowohl nach dem Wortsinn als auch dem Systemzusammenhang dieser Regelungen nicht unterstellt werden, dass sie damit auch eine Regelung für den spezielleren Fall der Abgeltung von aufrechten Zeitguthaben bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses treffen wollten.

ERLÄUTERUNG

Seit dem Jahr 2008 enthält das Arbeitszeitgesetz den Anspruch auf einen Mehrarbeitszuschlag in Höhe von 25 %, außer die geleisteten Mehrstunden werden innerhalb des Kalendervierteljahres oder eines anderen vereinbarten Dreimonatszeitraumes 1:1 ausgeglichen (§ 19d Abs 3a). Der KollV kann aber Abweichendes regeln, wie es hier beim KollV alt der Fall ist, der nur einen 5 %-Zuschlag gewährte. § 19e Abs 2 AZG sieht vor, dass für ein Guthaben an Normalarbeitszeit, das bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch offen ist, ein Zuschlag von 50 % gebührt (zB Gleitstunden). Auch hier kann der KollV Abweichendes regeln, was im gegenständlichen Fall aber nicht zutrifft.

Der OGH hat nun klargestellt, dass

1. so wie der gesetzliche Mehrarbeitszuschlag – auch der im KollV geregelte Mehrarbeitszuschlag nur bei aufrechtem Dienstverhältnis zur Anwendung gelangt und daher

2. bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses offene Zeitguthaben aus Mehrarbeit mit einem Zuschlag von 50 % zu vergüten sind, außer der KollV sieht klar etwas Anderes vor. § 19e Abs 2 AZG gilt somit nicht nur für Guthaben an Normal-, sondern auch für Guthaben an Mehrarbeitszeit.309