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Beschäftigung als Reinigungskraft für Arbeitslosen mit 70 %-iger Behinderung zumutbar

BIRGITSDOUTZ

Unterlässt ein Arbeitsloser eine Bewerbung auf eine zumutbare Beschäftigung und entfaltet somit kein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln, hat er eine Vereitelungshandlung iSd § 10 AlVG gesetzt.

SACHVERHALT

Ein Arbeitsloser, der eine 70 %-ige Behinderung hat, wurde vom Arbeitsmarktservice (AMS) zu einem Vorauswahlverfahren für eine Beschäftigung als Reinigungskraft zugewiesen. Zu diesem ist der Arbeitslose nicht erschienen, woraufhin das AMS eine Sperre gem § 10 AlVG verhängte. Den Bescheid begründete das AMS damit, dass es sich um eine zumutbare Beschäftigung gehandelt hat. Gegen den Bescheid legte der Arbeitslose Beschwerde ein, in der er vorbrachte, dass er eine 70 %-ige Behinderung aufweise und das AMS dies bei den Vermittlungsvorschlägen nicht berücksichtigt habe.

VERFAHREN UND ENTSCHEIDUNG

Das AMS und das BVwG haben die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

ORIGINALZITATE AUS DER ENTSCHEIDUNG

„Wie in den beweiswürdigenden Ausführungen […] näher festgehalten, war die dem Beschwerdeführer – ordnungsgemäß – zugewiesene Beschäftigung nicht evident unzumutbar. Die Stellenbeschreibung entsprach seiner, in der Betreuungsvereinbarung vom 05.05.2014 festgehaltenen, Ausbildung zum Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereinigungsmeister sowie seiner Berufserfahrung als Gebäudereiniger, Regalbetreuer bzw. Reinigungskraft und richtete sich an Personen mit einer Behinderung von mindestens 50 %. Der Beschwerdeführer hat eine gegebenenfalls vorliegende Unzumutbarkeit der regionalen Geschäftsstelle auch nicht bereits bei Zuweisung der Stelle mitgeteilt. Er hat eine solche auch nicht im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme beim AMS zur Nichtannahme bzw. Nicht-zustande-Kommen einer zugewiesenen Beschäftigung vorgebracht.

Der Beschwerdeführer wäre daher verpflichtet gewesen, sich auf die ihm angebotene Beschäftigung zu bewerben. Es wäre dann am Beschwerdeführer gelegen gewesen, die näheren Bedingungen der bekannt gegebenen Beschäftigungsmöglichkeit in einem Vorstellungsgespräch zu erörtern (vgl. VwGH 4.7.2007, 2006/08/0097; 15.5.2013, 2010/08/0257). Es kommt im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 19.09.2007, 2006/08/0269) nicht mehr darauf an, was im Beschwerdefall dem Beschwerdeführer mehr als vier Monate nach der Zuweisung der Beschäftigung seitens des potentiellen Dienstgebers mitgeteilt wurde. Die Verhängung der Sperrfrist erfolgt schon aus dem Grund, weil der Beschwerdeführer kein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln entfaltet hat. Da der Beschwerdeführer eine Bewerbung unterlassen und somit ein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet hat, hat er eine Vereitelungshandlung iSd § 10 AlVG gesetzt.“

ERLÄUTERUNG

Das Erk des BVwG bestätigt, dass eine körperliche Einschränkung bereits bei Zuweisung einer Stelle vorgebracht werden muss. Auch wird in diesem Erk wieder deutlich, dass eine Stelle, in der bereits mit einer körperlichen Beeinträchtigung gearbeitet wurde und in der der Arbeitslose bereits über Berufserfahrung verfügt, gem § 9 Abs 2 AlVG als zumutbar gilt.

Eine Grundvoraussetzung für die Zuweisungstauglichkeit einer Beschäftigung ist, dass die Kenntnisse und Fähigkeiten des Arbeitslosen jenen entsprechen, die an der zugewiesenen Arbeitsstelle verlangt werden. Der Arbeitslose muss für die konkrete Beschäftigung geeignet sein. Werden Kenntnisse verlangt, die der Arbeitslose zum Zeitpunkt der Zuweisung nicht vorweisen kann, ist das Tatbestandsmerkmal der Zumutbarkeit nicht erfüllt.317

In diesem Fall wurden auch die vom Arbeitslosen vorgebrachten gesundheitlichen Einschränkungen überprüft und festgestellt, dass die Beschäftigung die Zumutbarkeitskriterien erfüllt. Dazu wurde sogar ein Gutachten durch einen Arzt eingeholt, der bestätigte, dass der Arbeitslose als Reinigungskraft quasi als „Einarmiger“ beschränkt eingesetzt werden könne. Hinzu kam, dass der Arbeitslose sogar eine Ausbildung zum Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereiniger gemacht hat und bereits Berufserfahrung vorweisen konnte und in der Betreuungsvereinbarung mit dem AMS angegeben hat, dass eine Vollzeittätigkeit als Gebäudereiniger, Regalbetreuer bzw Reinigungskraft möglich sei. Ein weiteres Kriterium, das für die Zumutbarkeit der gegenständlichen Beschäftigung als Reinigungskraft sprach, war, dass die Stellenbeschreibung im Anforderungsprofil ausdrücklich darauf hinwies, dass Personen mit einer mindestens 50 %-igen Behinderung gesucht werden.