238Keine Sperre nach § 10 AlVG, wenn zwingende Nachsichtsgründe unberücksichtigt geblieben sind
Keine Sperre nach § 10 AlVG, wenn zwingende Nachsichtsgründe unberücksichtigt geblieben sind
Eine Arbeitslose aus Wien hat – über Zuweisung des Arbeitsmarktservice (AMS) – einen Vorstellungstermin als Kassiererin in Klosterneuburg am 5.3.2015 wahrgenommen. Bei diesem musste die Arbeitslose feststellen, dass der Arbeitsweg länger ist als angenommen. Sie bat daher bei der Firma um Bedenkzeit.
Beim Vorstellungstermin wurde ihr auch mitgeteilt, dass sie sich noch in einer Filiale in Wien bewerben könne. Dies tat die Arbeitslose und gab in der Filiale in Wien ihre Bewerbungsunterlagen ab. Sie hat von beiden Filialen keine Antwort auf ihre Bewerbung erhalten. Die Arbeitslose hat weder die zugewiesene Beschäftigung in der Filiale in Klosterneuburg noch in Wien aufgenommen. Aus diesem Grund hat das AMS mit der Begründung, die Arbeitslose hätte das Zustandekommen einer vom AMS zugewiesenen zumutbaren Beschäftigung mit ihrem Verhalten vereitelt, eine Sperre gem § 10 AlVG verhängt und keine Nachsicht erteilt. Allerdings konnte die Arbeitslose am 5.5.2014 bei einem anderen DG eine Beschäftigung aufnehmen.
Das BVwG hat der dagegen erhobenen Beschwerde stattgegeben und den angefochtenen Bescheid auf Grund der Gewährung von Nachsicht gem § 10 Abs 3 AlVG ersatzlos aufgehoben. In der E führt das BVwG aus, dass es dahingestellt bleiben könne, ob die Arbeitslose das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses vorsätzlich vereitelt habe, da eine Sanktion nach § 10 Abs 1 AlVG jedenfalls auch voraussetzt, dass keine – nach dem Wortlaut des § 10 Abs 3 AlVG zwingend – zu berücksichtigenden Nachsichtsgründe vorliegen. In einer Gesamtschau der Umstände des vorliegenden Einzelfalls entschied das BVwG auf gänzliche Nachsichtsgewährung, weil die Beschwerdeführerin eine neue Beschäftigung in nur geringfügig längerer Zeit als acht Wochen nach dem angelasteten Sanktionssachverhalt definitiv angetreten hat und sich bereits davor durch eine teilweise geringfügige Beschäftigung und durch eine Bewerbung bei einer weiteren Filiale evident arbeitswillig gezeigt hat (vgl mit gleichlautender Begründung auch das Erk BVwG vom 18.8.2015, W131 2006201-1).