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Dienstnehmereigenschaft einer Arbeitsmedizinerin

MONIKAWEISSENSTEINER
VwGH 18.8.2015, 2013/08/0121

Frau Dr S war von 2003 bis 2007 als Arbeitsmedizinerin für die AUVA tätig; Grundlage der Tätigkeit waren zwei Einzelverträge (jeweils für die arbeitsmedizinische Betreuung eines bestimmten Gebiets) sowie eine Vereinbarung zur Durchführung des § 78a ASchG, die zwischen der AUVA und der österreichischen Ärztekammer abgeschlossen wurde. Strittig war, ob ein Dienstvertrag oder ein freier Dienstvertrag vorlag.

Der VwGH hielt in seiner Begründung fest, dass es nicht zweifelhaft ist, dass auch ärztliche Tätigkeiten im Rahmen eines Dienstvertrags erfolgen können (vgl VwGH 17.10.2012, 2009/08/0188). Zu prüfen ist, ob persönliche Arbeitspflicht vorliegt. Diese fehlt, wenn ein generelles Vertretungsrecht oder ein sanktionsloses Ablehnungsrecht besteht. Damit wird vor allem die Situation eines selbstständig Erwerbstätigen in den Blick genommen, der – anders als ein letztlich nur über seine eigene Arbeitskraft disponierender (abhängig) Beschäftigter – im Rahmen seiner unternehmerischen Organisation (oft werkvertraglich) Leistungen zu erbringen hat und dabei Hilfspersonal zum Einsatz bringt oder sich eines Vertreters (Subunternehmers) bedient. Dass im vorliegenden Fall kein generelles Vertretungsrecht bestand, ergibt sich schon aus dem Gesamtvertrag. Dass die Ärztin ihre Tätigkeit nicht im Betrieb der AUVA zu erbringen hatte, ergibt sich aus der Art der Tätigkeit; dh aber nicht, dass die Tätigkeit in persönlicher Unabhängigkeit erbracht wurde. Es bestand eine Weisungsbindung und eine Berichterstattungs- sowie Dokumentationspflicht; die Betreuungsgrundsätze waren in der Anlage zum Gesamtvertrag detailliert geregelt. Auch die Berufung auf § 78a ASchG führt zu keinem anderen Ergebnis: Nach den Gesetzesmaterialien soll durch diese Bestimmung die konkrete Vertragsgestaltung nicht berührt werden. Ein Teil der Betriebsmittel wurde von der AUVA zur Verfügung gestellt; zum anderen steht fest, dass der Einsatz der eigenen Kenntnisse und Fähigkeiten deutlich im Vordergrund standen – und die eingesetzten eigenen Betriebsmittel (zB Arztkoffer und Notfallkoffer) nur eine untergeordnete Rolle spielten.

Der VwGH kam daher zu dem Ergebnis, dass ein Dienstvertrag vorliegt und somit Pflichtversicherung gem § 4 Abs 2 ASVG besteht.