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Der Versicherungsfall des Alters gilt zwar mit Erreichung des Anfallsalters als eingetreten, für die Feststellung von Leistungsansprüchen in der PV gilt jedoch das Antragsprinzip

ANDREATUMBERGER

Der am 4.3.1941 geborene Kl stellte einen mit 28.12.2009 datierten Antrag auf Gewährung der Alterspension. Dieser Antrag langte erst am 17.7.2013 bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft ein.

Das Erstgericht sprach dem Kl, wie im Bescheid der Bekl, die Alterspension ab 1.8.2013 zu und wies das Mehrbegehren des Kl auf Gewährung der Alterspension für die Zeit vom 1.1.2010 bis 31.7.2013 ab. Eine rückwirkende Zuerkennung der Pensionsleistung komme nach dem Gesetz nicht in Betracht. Auch das Berufungsgericht gab der Berufung des Kl keine Folge.

In der außerordentlichen Revision macht der Kl im Wesentlichen geltend, der Anspruch auf Alterspension entstehe bereits ohne Antragstellung, und bei verfassungs- und europarechtskonformer Auslegung des § 194 GSVG iVm § 361 Abs 1 Z 1 ASVG könne die bisherige Rsp, wonach eine Pensionszuerkennung einen tatsächlich vorher eingebrachten (Anmerkung der Bearbeiterin: und nicht etwa rückdatierten) Antrag voraussetze, nicht aufrechterhalten werden. Weiters hätte die Bekl durch entsprechende Belehrungen auf eine Antragstellung hinwirken müssen, welche den rechtlichen Interessen des Kl Rechnung trage.

Der OGH führte dazu im Wesentlichen Folgendes aus: Inwiefern eine europarechtskonforme Auslegung des § 194 GSVG iVm § 361 Abs 1 Z 1 ASVG dem Antragsprinzip entgegenstehen sollte, ist für den OGH nicht nachvollziehbar.

Der Pensionsantrag bildet eine notwendige Voraussetzung für die Einleitung eines Verfahrens zur328 Feststellung eines Leistungsanspruchs. In der PV ist der Leistungsantrag nicht nur eine formelle Leistungsvoraussetzung, sondern auch Voraussetzung für die Bestimmung des Stichtags und damit für die Prüfung sämtlicher materieller Leistungsvoraussetzungen und bejahendenfalls für das Entstehen des Leistungsanspruchs. Der Anspruch auf eine konkrete Pensionsleistung wird daher erst durch den Antrag ausgelöst; wird ein solcher Antrag nicht gestellt, kommt es nicht zum Leistungsanfall.

In stRsp erachtet der OGH die Möglichkeit der Stichtagswahl (Anmerkung der Bearbeiterin: bewusste Steuerung des Stichtags für den Pensionsantritt durch den Antrag) für verfassungsrechtlich unbedenklich (RIS-Justiz RS0084543 zuletzt 10 ObS 175/13b). Die Stichtagswahl ermöglicht es beispielsweise einem Versicherten, der beim Eintritt eines Versicherungsfalls des Alters die Wartezeit noch nicht erfüllt hat oder eine höhere Alterspension beziehen möchte, durch den Erwerb weiterer Versicherungsmonate die allgemeine Leistungsvoraussetzung der Wartezeit oder die Voraussetzungen für eine höhere Leistung bis zum hinausgeschobenen Stichtag zu erfüllen.

In Lehre und Rsp sind allgemeine Verhaltenspflichten des Versicherungsträgers gegenüber dem Versicherten anerkannt, darunter die Auskunfts-, Aufklärungs-, Informations- und Beratungspflichten. Aber es darf daraus nicht abgeleitet werden, dass eine allfällige Verletzung solcher Nebenpflichten durch den Träger zu einem sozialversicherungsrechtlichen Leistungsanspruch des Versicherten führen kann (vgl RIS-Justiz RS0111538).