95Vereinbarte Elternteilzeit: Dauer des Bestandschutzes nach Scheitern der Verhandlungen
Vereinbarte Elternteilzeit: Dauer des Bestandschutzes nach Scheitern der Verhandlungen
Der Kündigungs- und Entlassungsschutz nach § 8f VKG ist für den gesamten Zeitraum ab Meldung der Teilzeitbeschäftigung gegeben und während des außergerichtlichen und des gerichtlichen Verfahrens aufrecht. Das Ende kann spätestens vier Wochen nach dem Ergehen eines Urteils liegen, es kann aber auch schon vorher eintreten, wenn zB bei Nichteinigung über die Bedingungen der Teilzeitbeschäftigung keine Klage eingebracht wird. Wird vom DN kein gerichtliches Durchsetzungsverfahren nach § 8d VKG eingeleitet, so endet der Bestandschutz vier Wochen nach Beendigung des außergerichtlichen Verfahrens.
Der AN war beim AG als Verkaufsleiter beschäftigt. Im Betrieb des AG waren weniger als 21 Beschäftigte tätig. Der AN beantragte am 1.2.2010 aufgrund der Geburt seines Kindes eine vereinbarte Elternteilzeit (§ 8a VKG) ab 15.5.2010. Die Verhandlungen mit dem AG über den Teilzeitwunsch scheiterten allerdings am 16.2.2010. Eine Klage auf Einwilligung in die Elternteilzeit (§ 8d Abs 2 VKG) erhob der AN nicht. Am 22.3.2010 wurde er schließlich entlassen. Er erhob daraufhin eine Klage auf Feststellung der Rechtsunwirksamkeit der Entlassung. Dieser Rechtsstreit wurde bis zur Rechtskraft der E im hier vorliegenden Verfahren unterbrochen.
Im vorliegenden Verfahren erhob der AG Klage auf Feststellung, dass kein über den 22.3.2010 hinaus andauerndes Arbeitsverhältnis bestehe. Das Begehren auf Gewährung von Elternteilzeit sei abgelehnt worden. Zum Zeitpunkt der Entlassung habe weder ein Kündigungs- noch ein Entlassungsschutz nach dem VKG bestanden. Der AN vertrat dagegen ua die Rechtsansicht, dass seiner Entlassung ein besonderer Bestandschutz nach VKG entgegenstehe. Für die Einbringung einer Klage auf Einwilligung in die gewünschte Teilzeitbeschäftigung bei vereinbarter Elternteilzeit sei im Gesetz bewusst keine Frist vorgesehen. Das Ende des Bestandschutzes trete daher mit einer gerichtlichen Entscheidung, sonst aber vier Wochen nach Ende der Elternteilzeit, längstens vier Wochen nach Ablauf des vierten Lebensjahres des Kindes, ein.
Die Vorinstanzen gaben dem Feststellungsbegehren des AG statt. Der OGH wies die Revision man-146gels Aufzeigens einer entscheidungsrelevanten Frage zurück.
„4.1 Der Bestandschutz ‚bei einer Teilzeitbeschäftigung‘ ist in § 8f VKG geregelt. […] Die Bestimmungen über den Kündigungs- und Entlassungsschutz gelten auch während eines Verfahrens nach den §§ 8c und 8d VKG.
4.2 Im Wesentlichen idente Regelungen finden sich in § 15n MSchG. Sie gelten sowohl für einen gesetzlichen Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung als auch für eine vereinbarte Teilzeitbeschäftigung (Schrittwieser in
Nach der zweiten Alternative besteht der Bestandschutz auch während eines Verfahrens (hier) nach § 8d VKG (bzw § 15l MSchG). Es muss somit ein Verfahren zur Durchsetzung der Teilzeitbeschäftigung geführt werden. Das Verfahren (hier) gemäß § 8d VKG (§ 15l MSchG) umfasst das innerbetriebliche Durchsetzungsverfahren ebenso wie das gerichtliche Verfahren zur Durchsetzung der Teilzeitbeschäftigung. Der Kündigungs- und Entlassungsschutz ist für den gesamten Zeitraum ab Meldung der Teilzeitbeschäftigung gegeben und während des außergerichtlichen und des gerichtlichen Verfahrens aufrecht. Das Ende kann daher spätestens vier Wochen nach dem Ergehen eines Urteils liegen, es kann aber auch schon vorher eintreten, wenn zB bei Nichteinigung über die Bedingungen der Teilzeitbeschäftigung keine Klage eingebracht wird. Tritt ein Kündigungs- und Entlassungsschutz nicht aufgrund anderer Bestimmungen ein, wie zB durch einen Wechsel in die Karenz, so läuft der Kündigungs- und Entlassungsschutz vier Wochen (Nachfrist) nach dem Ende des Verfahrens ab […].“
Nach MSchG/VKG haben erwerbstätige Mütter und Väter dann einen Rechtsanspruch auf Teilzeitbeschäftigung (Elternteilzeit) gem § 15h MSchG bzw § 8 VKG, wenn sie in einem Betrieb mit mehr als 20 AN beschäftigt sind und ihr Arbeitsverhältnis mindestens drei Jahre gedauert hat. Beide Anspruchsvoraussetzungen müssen zum Antrittszeitpunkt vorliegen. (Für Geburten ab 1.1.2016 gilt zudem eine Bandbreite bei der Arbeitszeitverkürzung. Die individuelle wöchentliche Arbeitszeit muss um mindestens 20 % reduziert werden, wobei eine Mindeststundenanzahl von zwölf Stunden nicht unterschritten werden darf.) Erfüllt ein/e AN die Anspruchsvoraussetzungen nicht, so kommt nur vereinbarte Elternteilzeit gem § 15i MSchG bzw § 8a VKG in Frage. Um diese Variante ging es im vorliegenden Fall, da der AN in einem Betrieb mit weniger als 21 Beschäftigten tätig war. Eine Einigung zwischen AG und AN über die Bedingungen der Teilzeitbeschäftigung kam allerdings nicht zustande. Das Gesetz sieht für diesen Fall ein Klagerecht des AN vor: Kommt binnen zwei Wochen (Wartefrist) ab Bekanntgabe (des Wunsches) der Elternteilzeit keine Einigung zustande, so kann der/die AN den AG auf Einwilligung in eine Teilzeitbeschäftigung einschließlich deren Beginn, Dauer, Lage und Ausmaß klagen. Von diesem Recht machte der AN allerdings nicht Gebrauch. Schließlich wurde er ca sechs Wochen nach Scheitern der Verhandlungen über die Elternteilzeit entlassen.
Fraglich war in diesem Fall, ob bei Ausspruch der Entlassung des AN noch ein Bestandschutz wegen der beantragten Elternteilzeit bestand. Der besondere Kündigungs- und Entlassungsschutz ist bei einer vereinbarten Elternteilzeit in § 8f VKG geregelt. Er beginnt grundsätzlich mit der Bekanntgabe des Wunsches der Elternteilzeit (frühestens jedoch vier Monate vor dem beabsichtigten Antritt), nicht jedoch vor der Geburt des Kindes und dauert bis vier Wochen nach dem Ende der Elternteilzeit, längstens jedoch bis vier Wochen nach Ablauf des vierten Lebensjahres des Kindes. Weiters gilt er auch während des inner- und außerbetrieblichen Verfahrens (§§ 8c und 8d VKG). Der OGH führt dazu aus, dass in diesem Fall das Ende des Bestandschutzes spätestens vier Wochen nach dem Ergehen eines Urteils liegen kann, es kann aber auch schon vorher eintreten, wenn zB bei Nichteinigung über die Bedingungen der Teilzeitbeschäftigung keine Klage eingebracht wird. Tritt ein Kündigungs- und Entlassungsschutz nicht aufgrund anderer Bestimmungen ein, wie zB durch einen Wechsel in die Karenz, so läuft der Kündigungs- und Entlassungsschutz vier Wochen (Nachfrist) nach dem Ende des Verfahrens ab.
Für den konkreten Fall heißt das daher: Der Kündigungs- und Entlassungsschutz des AN begann mit Bekanntgabe der Elternteilzeit am 1.2.2010. Da der AN keine Klage auf Zustimmung zur Einwilligung in die Elternteilzeit eingebracht hat, endete er vier Wochen nach Beendigung des außergerichtlichen Verfahrens, also vier Wochen nach dem 16.2.2010. Bei Ausspruch der Entlassung am 22.3.2010 war der Bestandschutz somit nicht mehr aufrecht und die Entlassung damit wirksam.147
Offen ließ der OGH die Frage, wann ein/e AN nach Scheitern der außergerichtlichen Verhandlungen eine Klage auf Einwilligung in die vereinbarte Elternteilzeit spätestens einbringen muss. Das Gesetz sieht diesbezüglich keine Frist vor, sondern normiert lediglich eine Wartefrist von zwei Wochen ab Bekanntgabe der beabsichtigten Inanspruchnahme von Elternteilzeit. Die Vorinstanzen gingen analog zu den §§ 8d Abs 3 und 8e Abs 1 VKG (Karenzverlängerung) von einer Frist von einer Woche nach erfolglosem Ablauf der zweiwöchigen Einigungsfrist bzw nach einem früheren Scheitern der Verhandlungen aus.