100Geschäftsführer als freier Dienstnehmer
Geschäftsführer als freier Dienstnehmer
Strittig war im vorliegenden Fall die sozialversicherungsrechtliche Qualifikation der Beschäftigung des Fremdgeschäftsführers einer GmbH. Der VwGH bestätigte in seiner E den im Instanzenzug ergangenen Bescheid des BMASK, wonach das Beschäftigungsverhältnis als freies Dienstverhältnis anzusehen sei und der Geschäftsführer der Pflichtversicherung gem § 4 Abs 4 ASVG unterliege.
Gegen die Rechtsansicht der beschwerdeführenden GmbH, die von einem Werkvertrag ausgegangen war, spricht nach Ansicht des VwGH, dass im – wenngleich als „Werkvertrag“ betitelten – Vertrag nicht die Herstellung eines konkretisierten und individualisierten Werkes vereinbart war, sondern sich die vertragliche Verpflichtung des Fremdgeschäftsführers vielmehr auf die Zurverfügungstellung seiner Arbeitskraft gerichtet hat. Bei der im Vertrag vereinbarten Leistung, nämlich der Übernahme der Geschäftsagenden der GmbH mit dem Auftrag, „die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft wiederaufzunehmen und die Gesellschaft wiederum in ein operatives Unternehmen umzugestalten“, ist auch kein Maßstab ersichtlich, nach welchem die für den Werkvertrag typischen Erfüllungsansprüche bei Nichtherstellung oder Gewährleistungsansprüche bei mangelhafter Herstellung des Werkes beurteilt werden sollten, zumal dieser „Auftrag“ im vorliegenden Vertrag auch nicht näher konkretisiert wurde. Dass im Vertrag kein Stunden- oder Tagsatz, sondern ein Pauschalhonorar vereinbart wurde, ist für die Abgrenzung von Werk- oder Dienstleistung nicht entscheidend. Auch die im Vertrag vereinbarte Vertretungsbefugnis führt nicht zur Beurteilung als Werkvertrag. Nur ein generelles Vertretungsrecht schließt die persönliche Arbeitspflicht aus. Die Annahme eines generellen Vertretungsrechts scheitert im vorliegenden Fall aber zum einen schon an der grundsätzlich vertretungsfeindlichen Funktion als handelsrechtlicher und gewerberechtlicher Geschäftsführer, zum anderen an der vertraglich vereinbarten Verpflichtung zur Geheimhaltung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen.
Umgekehrt hat der VwGH aber auch die Beschwerde der Wiener Gebietskrankenkasse als unbegründet abgewiesen, die insb unter Hinweis auf die vereinbarten Berichtspflichten des Geschäftsführers an den Alleingesellschafter der GmbH von einer Beschäftigung in persönlicher Abhängigkeit iSd § 4 Abs 2 ASVG ausgegangen war. Diese Berichtspflicht ändert alleine nichts daran, dass im vorliegenden Fall die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit nicht gegenüber den Merkmalen einer selbstständigen Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. Der Geschäftsführer übte seine Tätigkeit von seinem privaten Wohnsitz aus. Es bestanden weder Arbeitszeitvorschriften noch Vorgaben über das arbeitsbezogene Verhalten. Ebenso wenig bestand in einer Weise eine Einbindung in die betriebliche Organisation der GmbH, dass ausdrückliche persönliche Weisungen und Kontrollen durch „stille Autorität“ substituiert worden wären. Dagegen spricht auch nicht die vorliegende Berichtspflicht, zumal daran keine Weisungsbefugnisse oder Sanktionen anknüpften. Die bloße sachliche Kontrolle von Arbeitsergebnissen steht mit dem Vorliegen eines freien Dienstvertrages nicht im Widerspruch und stellt keinen Nachweis für eine Weisungsgebundenheit in Bezug auf150 Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten dar. Die belangte Behörde ist deshalb im Rahmen der vorzunehmenden Beurteilung des Gesamtbildes der Beschäftigung zu Recht vom Vorliegen eines freien Dienstvertrages iSd § 4 Abs 4 ASVG ausgegangen.