107Keine Waisenpension bei Vollzeitbeschäftigung neben dem Besuch einer Abendschule
Keine Waisenpension bei Vollzeitbeschäftigung neben dem Besuch einer Abendschule
Gegenstand des Verfahrens war der Anspruch auf Waisenpension gem § 252 Abs 2 Z 1 ASVG. Der Kl besucht als ordentlicher Studierender die Bundeshandelsakademie II – Abendakademie für Wirtschaftsberufe im zweiten Studienjahr. Der zeitliche Aufwand für den Schulbesuch samt Vorbereitungen und Übungen beläuft sich auf etwa 30 Wochenstunden. Nach der zusätzlichen Aufnahme einer Tätigkeit als Rezeptionist in einem Hotel mit einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden entzog ihm die bekl PVA die bislang gewährte Waisenpension, da die Arbeitskraft des Kl nicht mehr überwiegend für seine Schulausbildung beansprucht werde.
Die Vorinstanzen gaben der Klage auf Weitergewährung der Waisenpension statt. Der OGH gab der Revision der Bekl Folge.
Nach stRsp ist die Frage, ob die Arbeitskraft durch eine Schul- oder Berufsausbildung iSd § 252 Abs 2 Z 1 ASVG „überwiegend“ beansprucht wird, durch158 einen Vergleich der konkreten Auslastung der Arbeitskraft zu dem zB im AZG oder in Kollektivverträgen für vertretbar gehaltenen Gesamtbelastungsausmaß zu ermitteln. Wird neben der Schulausbildung keine Erwerbstätigkeit ausgeübt, so ist eine einschließlich der Fahrt zum und vom Schul- und Ausbildungsort unter Aufarbeitung des Lehrstoffes mindestens 20 Wochenstunden umfassende Schulausbildung als ausreichend anzusehen, um das Tatbestandsmerkmal der überwiegenden Beanspruchung der Arbeitskraft zu erfüllen. Geht die Waise allerdings neben ihrer Schulausbildung einer Erwerbstätigkeit nach, so ist das Verhältnis zwischen Beanspruchung der Arbeitskraft durch die Ausbildung und Beanspruchung durch die Erwerbstätigkeit maßgebend. Überwiegt die Erwerbstätigkeit, so fehlt die geforderte „überwiegende“ Beanspruchung der Arbeitskraft durch die Ausbildung. Die in mehreren Entscheidungen des OGH zum Ausdruck kommende Wertung, dass eine trotz des Vorliegens einer überwiegend beanspruchenden Schul- oder Berufsausbildung dennoch ausgeübte Erwerbstätigkeit den Anspruch auf Waisenpension nicht vernichten kann, bezieht sich nur auf den Fall, dass eine Erwerbstätigkeit neben einer Ausbildung ausgeübt wird. Bei einer Vollzeitbeschäftigung ist jedoch anzunehmen, dass die Inanspruchnahme durch die Erwerbstätigkeit überwiegt. Auch der Zweck der Waisenpension, der auf die bloß subsidiäre Sicherung des Lebensunterhaltes der Waise abzielt, solange diese ihren Lebensunterhalt nicht selbst abdecken kann, spricht in Fällen wie diesem für den Wegfall der Waisenpension.