In der Sozialakademie, der umfassendsten Ausbildung für AN-VertreterInnen in Österreich, sind die sogenannten Europapraktika mittlerweile ein fester Bestandteil des Lehrplans. In einem vierwöchigen Praktikum bekommen die TeilnehmerInnen einen Einblick in die Arbeit von anderen europäischen Gewerkschaften, AN-Vertretungen sowie von internationalen gewerkschaftlichen und gewerkschaftsnahen Organisationen. Im Jahr 2015 absolvierten 23 TeilnehmerInnen ihre Praktika in acht europäischen Ländern (Belgien, Dänemark, Deutschland, Großbritannien, Norwegen, Schweden, Schweiz und Türkei). Ihre Erfahrungen im Bereich der transnationalen gewerkschaftlichen Zusammenarbeit schildern sie in kurzen, zwischen drei und sieben Seiten umfassenden Beiträgen, die in diesem Lesebuch der Bundesarbeitskammer zusammengetragen wurden.

Dabei hat sich jede/r PraktikantIn auf ein Thema konzentriert, das seine/ihre Arbeit im Ausland geprägt hat. So beschäftigt sich etwa ein Teilnehmer mit der Frage, ob der in Deutschland eingeführte Mindestlohn aus Sicht der AN nur Vorteile bringt. Ein anderer zeigt die Nachteile der Beendigung der Koppelung des Franken an den Euro für AN in der Schweiz auf. Andere sehr interessante Themen sind zB die Bemühungen der dänischen Gewerkschaft, Lohn- und Sozialdumping hintanzuhalten, die Auswirkungen von Klimawandel und Energiewende auf AN oder das Problem der „zero-hours contracts“. PraktikantInnen, die in Deutschland waren, berichten von in Österreich unbekannten Instituten wie Bildungsurlaub und Demografiebeträgen. Umgekehrt spielen Kollektivverträge in anderen europäischen Ländern keine so große Rolle wie hierzulande. Die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Gewerkschaftsarbeit werden an einigen Stellen thematisiert.

Mein Resümee: Durch die Kürze der einzelnen Beiträge und die vielen gesellschaftlich und politisch183 interessanten Themen ist das vorliegende Buch durchaus auch für Personen lesenswert, die sich für die Arbeit von AN-Vertretungen nicht oder nur am Rande interessieren.