136Rückverrechnung der Jahresremuneration nach unberechtigtem Austritt zulässig
Rückverrechnung der Jahresremuneration nach unberechtigtem Austritt zulässig
Das Arbeitsverhältnis einer Küchenhilfskraft im Gastgewerbe endete am 25.7.2014 durch unberechtigten vorzeitigen Austritt des AN. Die im Juni 2014 bezahlte Jahresremuneration (diese entspricht im Hotel- und Gastgewerbe dem Urlaubs- und Weihnachtsgeld, Anm des Bearb) wurde mit der Endabrechnung zur Gänze rückverrechnet. Der AN klagte den abgezogenen Betrag ein.
Während die Vorinstanzen dem Klagebegehren des AN stattgaben, erachtete der OGH die Revision der Bekl für berechtigt und wies die Klage ab.
Art 14 lit g des KollV für Arbeiter im Hotel- und Gastgewerbe ist dahin auszulegen, dass der Anspruch auf Jahresremuneration entfällt, wenn ein AN berechtigt entlassen wird oder ohne wichtigen Grund vorzeitig austritt oder die vorgesehene Kündigungsfrist nicht einhält. Dies ist nicht davon abhängig, ob die Jahresremuneration bereits bezahlt wurde. In den genannten Beendigungsfällen wird dieser Anspruch gar nicht erworben, eine bereits erhaltene Jahresremuneration ist vom AN zurückzuzahlen.
Im Gegensatz zu Arbeitern können sich Angestellte auf den zwingenden § 16 Abs 1 AngG stützen, der – bei grundsätzlich bestehendem Anspruch auf periodisch wiederkehrende Remunerationen wie eben Sonderzahlungen – eine anteilige Bezahlung garantiert. Die meisten Arbeiter-Kollektivverträge knüpfen hingegen das Schicksal der Sonderzahlungen an die Art der Beendigung des Dienstverhältnisses und können – wie im vorliegenden Fall – auch deren gänzlichen Entfall bei gewissen Auflösungsformen vorsehen.
Die Vorinstanzen haben dem AN im gegenständlichen Fall unter Hinweis auf die Bestimmung des Art 14 lit g des KollV Recht gegeben,213 die zwar im ersten Satz den Entfall der Jahresremuneration bei berechtigter Entlassung bzw unberechtigtem Austritt vorsieht, aber im letzten Satz normiert: „Bisher gezahlte höhere Jahresremunerationen bleiben aufrecht.“ Daher sei eine Rückverrechnung unzulässig. Der OGH stellte jedoch klar, dass sich der letzte Satz des Art 14 lit g KollV nicht auf den grundsätzlich dem AN zustehenden Anspruch auf Jahresremuneration bezieht, dessen (rückwirkenden) Entfall Art 14 lit g erster Satz KollV unter bestimmten Voraussetzungen ausdrücklich festlegt, sondern lediglich auf die Höhe dieser Sonderzahlung. (Sollte daher zB der erste Teil der Jahresremuneration, also das Urlaubsgeld, in überkollektivvertraglicher Höhe gezahlt worden sein, so darf diese „Überzahlung“ nicht auf den zweiten Teil der Jahresremuneration, also das Weihnachtsgeld, angerechnet werden.) Ansonsten würden ja AN, die ihr Arbeitsverhältnis erst nach Auszahlung der Jahresremuneration auf eine der nach Art 14 lit g erster Satz KollV verpönten Arten beenden, gegenüber jenen AN unsachlich bevorzugt, die ihr Arbeitsverhältnis vor Auszahlung der Jahresremuneration auf diese Weise beendet haben.