137Zustandekommen einer Elternteilzeitvereinbarung nach § 15i MSchG
Zustandekommen einer Elternteilzeitvereinbarung nach § 15i MSchG
Bringt die DN zum Ausdruck, dass der Zweck der begehrten Teilzeitbeschäftigung darin liegt, einerseits die Kinderbetreuung sicherzustellen und andererseits der DN die gleichzeitige Erwerbstätigkeit zu ermöglichen, und sind die relevanten Umstände dem DG daher bekannt, so ist bei der gebotenen objektiven Betrachtung grundsätzlich vom Zustandekommen einer Vereinbarung über „Elternteilzeit“ iSd MSchG auszugehen. Diese Grundsätze gelten sowohl für die Vereinbarung einer Elternteilzeit nach § 15h MSchG als auch nach § 15i MSchG.
Die kl AN trat an den bekl AG schriftlich mit dem Wunsch nach einer Reduktion der wöchentlichen Arbeitszeit auf 20 Stunden im Zusammenhang mit der Beendigung der Karenz heran und gab als Grund für die gewünschte Verringerung der Arbeitszeit ausdrücklich die notwendige Betreuung ihres Kindes an. Ein Rechtsanspruch auf Elternteilzeit gem § 15h MSchG bestand nicht, da im Betrieb des Bekl weniger als 20 AN beschäftigt sind. In weiterer Folge einigten sich AN und AG, ohne den Begriff „Elternteilzeit“ oder das MSchG zu erwähnen, auf eine Herabsetzung der Arbeitszeit auf 20 Wochenstunden. Der Bekl hielt anschließend in einem Schreiben ua fest, dass es sich hierbei nicht um die Vereinbarung einer Elternteilzeit handle, und ließ sich den Erhalt dieses Schreibens von der Kl durch Unterschrift bestätigen. In weiterer Folge kam es zur Kündigung des Dienstverhältnisses durch den bekl AG.
Die Vorinstanzen kamen übereinstimmend zum Ergebnis, dass die Vereinbarung als Elternteilzeitvereinbarung iSd MSchG zu qualifizieren sei und dass das Teilzeitarbeitsverhältnis der Kl daher dem Kündigungsschutz des § 15n MSchG unterliege. Der OGH konnte darin keine unvertretbare Beurteilung erblicken und wies die außerordentliche Revision des Bekl mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung zurück.
„Nicht automatisch jede vertraglich vereinbarte Herabsetzung der Arbeitszeit (bzw Änderung der Lage der Arbeitszeit) wird allein deshalb zur ‚Elternteilzeit‘ (bzw geschützten Änderung der Lage der Arbeitszeit), nur weil die Arbeitnehmerin ein unter 7-jähriges Kind hat. Erforderlich ist vielmehr, dass gegenüber dem Arbeitgeber auch zum Ausdruck kommt, dass ‚Elternteilzeit‘ im Sinne des Mutterschutzgesetzes Gegenstand der Vereinbarung werden soll (9 ObA 80/10w). Da auch im Arbeitsrecht der objektive Erklärungswert einer Willensäußerung maßgeblich ist (RIS-Justiz RS0028642), ist es, wie schon vom Berufungsgericht zutreffend dargestellt, ohne rechtlichen Belang, ob die Klägerin subjektiv von einer Unterscheidung zwischen Teilzeit iSd § 19d AZG oder einer ‚Elternteilzeit‘ im Sinne der Bestimmungen des Mutterschutzgesetzes ausging (9 ObA 80/10b).
Die ‚Elternteilzeit‘ soll einerseits die Kinderbetreuung sicherstellen und andererseits der Dienstnehmerin die gleichzeitige Erwerbstätigkeit ermöglichen […]. Kommt diese Zweckbestimmung der begehrten Teilzeitarbeit zum Ausdruck und sind die relevanten Umstände dem Dienstgeber daher bekannt, so ist bei der gebotenen objektiven Betrachtung grundsätzlich der Schluss zu ziehen, dass eine Vereinbarung über ‚Elternteilzeit‘ im Sinne des Mutterschutzgesetzes zustande gekommen ist (8 ObA 15/12g). Diese Grundsätze gelten sowohl für die Vereinbarung einer ‚Elternteilzeit‘ nach § 15h MSchG (mit Rechtsanspruch) als auch nach § 15i MSchG (8 ObA 15/12g). […]214
Das vorliegende Schreiben des Beklagten, in dem er ua festhält, dass es sich dabei nicht um die Vereinbarung einer ‚Elternteilzeit‘ handle, ist bedeutungslos und vermag keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts zu begründen. Abgesehen davon, dass die Klägerin mit ihrer Unterschrift auf diesem Schreiben rechts oben unter dem Vermerk ‚erhalten am 13.3.2013‘ nur den Erhalt bestätigt, damit nicht aber auch den Inhalt des Schreibens zu ihrer Erklärung gemacht hat, ist der einmal erworbene Kündigungsschutz des § 15n MSchG zwingend (8 ObA 15/12g), kann also nicht vertraglich ausgeschlossen werden.“
Zentrale Frage war in der vorliegenden E das Bestehen eines Kündigungsschutzes gem § 15n MSchG im Zusammenhang mit der (vom AG bestrittenen) Vereinbarung von Elternteilzeit gem § 15i MSchG. Diese letztgenannte Bestimmung ermöglicht auch in Betrieben mit weniger als 20 AN bzw für noch keine drei Jahre im Betrieb beschäftigte Mitarbeiterinnen die Vereinbarung von Elternteilzeit mit dem AG, freilich ohne Rechtsanspruch und nur bis zum vierten Lebensjahr des Kindes. Im gegebenen Fall war der AG zwar dem Ersuchen der AN nach einer Reduzierung der Arbeitszeit im Anschluss an die Karenz nachgekommen, er war jedoch offensichtlich nur zu einer regulären Teilzeitvereinbarung bereit, nicht aber zur Vereinbarung von Elternteilzeit iSd MSchG. Der auch im vorliegenden Fall maßgebliche Unterschied liegt darin, dass nur mit der Vereinbarung von Elternteilzeit, nicht aber mit sonstigen Teilzeitvereinbarungen, ein gesetzlicher Kündigungsschutz verbunden ist, der auch bei vereinbarter Elternteilzeit iSd § 15i MSchG bis vier Wochen nach Ende der Teilzeitbeschäftigung andauert.
Der OGH hat nun bereits in mehreren Judikaten (auf die er sich in der vorliegenden E auch explizit beruft) festgehalten, dass es für die Qualifikation einer Teilzeitvereinbarung als Elternteilzeit nicht auf die ausdrückliche Bezeichnung als solche ankommt, und zwar weder im Fall eines Rechtsanspruchs auf Elternteilzeit gem § 15h MSchG noch bei vereinbarter Elternteilzeit nach § 15i MSchG. In diesem Sinne hat er es in der Vergangenheit etwa auch nicht als relevant angesehen, dass der AN bei ihrem Ersuchen um Reduktion der Arbeitszeit (kurz nach Inkrafttreten der Bestimmungen zur Elternteilzeit im Jahr 2004) nicht einmal bekannt war, dass ein Anspruch auf Elternteilzeit überhaupt existiert (OGH 26.5.2011, 9 ObA 80/10w). Ausschlaggebend ist vielmehr, dass für den DG erkennbar ist, dass das Motiv für den Teilzeitwunsch der DN in der Kinderbetreuung bzw deren Vereinbarkeit mit ihrer weiteren Erwerbstätigkeit liegt. Sind diese Umstände dem DG bekannt, so ist die Teilzeitvereinbarung mit allen Konsequenzen als Elternteilzeitvereinbarung zu qualifizieren.
Die vorliegende E fügt sich nahtlos in diese Rsp-Linie ein. Ergänzt wird sie um die Klarstellung des OGH, dass bei Vorliegen der skizzierten Voraussetzungen auch ein vertraglicher Ausschluss des Kündigungsschutzes nicht in Betracht kommt. Der Abschluss einer „Elternteilzeitvereinbarung-light“, bei der der DG zwar dem Wunsch der DN nach (vorübergehender) Arbeitszeitreduktion wegen der Erfordernisse der Kinderbetreuung nachkommt, dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die DN auf den Kündigungsschutz des § 15n MSchG verzichtet, kommt damit nicht in Frage.