141Berechnung des Ergänzungsbetrags bei der Notstandshilfe
Berechnung des Ergänzungsbetrags bei der Notstandshilfe
Der Ergänzungsbetrag iSd § 21 Abs 4 AlVG besteht in der Differenz zwischen dem Richtsatz sowie dem Grundbetrag und nicht in der Differenz zwischen dem Richtsatz sowie dem Grundbetrag zuzüglich der Familienzuschläge. Allfällige Familienzuschläge sind erst nach Anhebung des Grundbetrages auf den Ausgleichszulagenrichtsatz hinzuzurechnen.
Ein Arbeitsloser beantragte am 14.1.2015 Notstandshilfe. Sein Antrag wurde vom AMS mangels Notlage abgewiesen, da das anrechenbare Einkommen seiner Ehefrau seinen Notstandshilfeanspruch übersteige. Der gegen diese E eingebrachten Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung des AMS stattgegeben und dem Beschwerdeführer ein Notstandshilfeanspruch in Höhe von € 4,07 täglich zuerkannt. Dieser beantragte die Vorlage seiner Beschwerde an das BVwG und brachte ua vor, dass das AMS den Ergänzungsbetrag seiner Notstandshilfe falsch berechnet habe. Es habe nämlich dem Grundbetrag des Arbeitslosengeldes zuerst die Familienzuschläge hinzugerechnet und erst daran anschließend den Ergänzungsbetrag ermittelt, was seinen Notstandshilfeanspruch deutlich verkürze.
Das BVwG gab der Beschwerde statt.
Es führte begründend aus, dass bei der vom AMS angewendeten Berechnungsmethode der Ergänzungsbetrag umso niedriger wäre, je mehr unterhaltsberechtigte Kinder vorhanden217 wären. Mit der Einführung des Ergänzungsbetrags habe der Gesetzgeber jedoch nicht die Absicht verfolgt, die betragsmäßige Differenzierung des Arbeitslosengeldes danach, für wie viele Kinder eine arbeitslose Person Unterhalt leiste, aufzugeben. Es sei daher in einem ersten Schritt der Grundbetrag auf den Ausgleichszulagenrichtsatz anzuheben und in einem zweiten Schritt allfällige Familienzuschläge hinzuzurechnen.
Das BVwG erkannte dem Arbeitslosen aufgrund dieser Berechnung des Ergänzungsbetrags Notstandshilfe in Höhe von € 11,50 täglich zu.
Das Erk des BVwG ließ die ordentliche Revision zu, da es ua an Rsp des VwGH zur Frage der Ermittlung des Ergänzungsbetrags fehle. Das AMS brachte gegen dieses Erk Revision ein. Der VwGH bestätigte das Erk des BVwG inhaltlich in Bezug auf die Berechnung des Ergänzungsbetrags bei der Notstandshilfe, hob das Erk aber aus anderen Gründen wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit auf.
„§ 36 Abs 1 AlVG unterscheidet zwei Gruppen von Notstandshilfebeziehern: Solche, bei denen der tägliche Grundbetrag ein Dreißigstel des Richtsatzes gemäß § 293 Abs 1 lit a sublit bb ASVG nicht überschreitet, und solche, bei denen dies der Fall ist. Die Zugehörigkeit zu einer dieser Gruppen ist ausschlaggebend dafür, ob an täglicher Notstandshilfe 95 % des Grundbetrags zuzüglich 95 % des Ergänzungsbetrages bzw nur 92 % des Grundbetrags gebühren. In dem ‚täglichen Grundbetrag‘ iSd § 36 Abs 1 AlVG sind keine Familienzuschläge enthalten. Dies kommt auch im letzten Satz des § 36 Abs 1 AlVG in der Wendung ‚zuzüglich gebühren Familienzuschläge‘ zum Ausdruck.
Bei der Gruppe von Notstandshilfebeziehern, bei denen der Grundbetrag den Richtsatz nicht überschreitet, gebührt gemäß § 36 Abs 1 AlVG an Notstandshilfe 95 % des Grundbetrags zuzüglich 95 % des Ergänzungsbetrages. Dies spricht dafür, dass der Ergänzungsbetrag iSd § 21 Abs 4 AlVG in der Differenz zwischen dem Richtsatz sowie dem Grundbetrag und nicht in der Differenz zwischen dem Richtsatz sowie dem Grundbetrag zuzüglich den Familienzuschlägen besteht. Denn wäre der Ergänzungsbetrag die zuletzt genannte Differenz, dann würde es Fallkonstellationen geben, in denen sich – obwohl iSd § 36 Abs 1 Z 1 AlVG der Grundbetrag den Richtsatz unterschreitet – gemäß § 21 Abs 4 AlVG kein Ergänzungsbetrag errechnet, sodass die Anordnung in § 36 Abs 1 Z 1 AlVG ‚zuzüglich 95 vH des Ergänzungsbetrages‘ ins Leere gehen würde. Dies ist dem Gesetzgeber im Zweifel nicht zu unterstellen (vgl Krapf/KeulArbeitslosenversicherungsgesetz, Rn 472 zu § 21 und Rn 670 zu § 36). Dazu kommt, dass sich der Richtsatz nach § 21 Abs 4 AlVG vom Ausgleichszulagenrichtsatz für Alleinstehende (§ 293 Abs 1 lit a lit bb ASVG) ableitet, in dem PartnerInnen und Kinder nicht berücksichtigt sind.“
Dieses überaus wichtige Erk bringt für sehr viele Notstandshilfebezieher, die eine niedrige Notstandshilfe beziehen und Unterhalt für minderjährige Kinder leisten, eine deutliche finanzielle Verbesserung. Im konkreten Fall bedeutete der nun höchstgerichtlich geklärte Berechnungsvorgang der Ermittlung des Ergänzungsbetrags bei der Notstandshilfe für den Arbeitslosen ein Steigerung von zunächst zuerkannter Notstandshilfe in Höhe von € 4,07 auf nunmehr € 11,50 täglich.