147Keine unionsrechtlichen Bedenken gegen unterschiedliche Höhe des Überweisungsbetrags für Frauen und Männer
Keine unionsrechtlichen Bedenken gegen unterschiedliche Höhe des Überweisungsbetrags für Frauen und Männer
Mit Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt wurde dem Antrag des Landes Tirol stattgegeben und der Überweisungsbetrag gem § 308 ASVG für eine Bedienstete, die mit Wirkung 1.10.2010 in ein pensionsversicherungsfreies Dienstverhältnis zum Land aufgenommen worden war, mit € 29.115,24 festgelegt. Der gegen die Höhe dieses Betrags vom Land erhobene Einspruch wurde vom Landeshauptmann von Tirol abgewiesen.
Der VwGH weist die dagegen erhobene Beschwerde des Landes wegen der unterschiedlichen Berechnung des Überweisungsbetrags von Frauen und Männern ebenfalls ab. Die Beschwerde bestreitet die Unionrechtskonformität des § 308 Abs 6 ASVG; das Land Tirol bringt vor, die Behörde hätte § 308 Abs 6 ASVG richtlinienkonform zu interpretieren gehabt, weshalb nicht der im Gesetz für Frauen vorgesehene Betrag von 40 % der am Stichtag geltenden monatlichen Höchstbeitragsgrundlage, sondern der (für Männer) normierte Wert von 55 % heranzuziehen gewesen wäre. Der Grundsatz der Gleichbehandlung der RL 2006/54/EG beinhalte insb auch das Verbot225 der unterschiedlichen sozialversicherungsrechtlichen Behandlung außerhalb der betrieblichen Systeme der sozialen Sicherheit. Der EuGH habe auch dem Diskriminierungsverbot des Art 4 Abs 1 der RL 79/7/EG unmittelbare Wirkung zugesprochen.
Der VwGH führt aus, dass die für männliche und weibliche Angestellte in unterschiedlicher Höhe festgelegte Bemessungsgrundlage nach der Rsp des VfGH einer zulässigen Durchschnittsbetrachtung entspreche. Nicht nur zum Zeitpunkt der Neufassung der Bestimmung durch die 29. ASVG-Novelle, sondern auch heute noch, liege das durchschnittliche Jahresbruttoeinkommen weiblicher Angestellter weit unter dem von männlichen Angestellten.
In Hinblick auf die vorgebrachten unionsrechtlichen Bedenken ist entscheidend, dass die Höhe des Überweisungsbetrages, der an den neuen DG geleistet wird, keine Auswirkungen auf die Höhe des Ruhegenusses der DN hat. § 308 ASVG regelt lediglich die Abrechnung zwischen dem Pensionsversicherungsträger und dem neuen DG. Ein geringerer Überweisungsbetrag für weibliche DN geht somit ausschließlich zu Lasten des neuen DG. Der nach § 308 Abs 6 ASVG für Frauen geltende niedrigere Hundertsatz kann daher schon aus diesem Grund zu keiner direkten Diskriminierung weiblicher DN führen.
Soweit die Beschwerde eine mittelbare Diskriminierung iSd Art 2 lit b) der RL 2006/54/EG darin sieht, dass es für den DG attraktiver wäre, lediglich bzw zum überwiegenden Anteil Männer in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis zu ernennen, weil sie für männliche Angestellte einen höheren Überweisungsbetrag erhalten als für weibliche Angestellte, unterstellt sie dem neuen DG (im vorliegenden Fall somit sich selbst) ein rechtswidriges Verhalten. Wie die belangte nämlich zutreffend ausführt, darf die beschwerdeführende Partei gem § 4 Abs 1 Tiroler Landes-Gleichbehandlungsgesetz bei der Auswahl, wer in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis aufgenommen wird, nicht diskriminierend vorgehen. Der nach § 308 Abs 6 ASVG für Frauen geltende niedrigere Hundertsatz könnte somit nur dann zu einer mittelbaren Diskriminierung weiblicher DN führen, wenn der neue DG gegen das Tiroler Landes-Gleichbehandlungsgesetz verstoßen würde.